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# taz.de -- Deutsche horten immer mehr Gold: Eine glänzende Illusion
> In den vergangenen Jahren haben die Deutschen nochmals 246 Tonnen
> angeschafft – aus Angst vor einer Krise. Klingt schlau, ist es aber
> nicht.
Bild: Nur die Italiener haben noch mehr in Gold investiert als die Deutschen
BERLIN taz | Erstaunlich viele Deutsche glauben noch immer, dass Gold nicht
nur glänzt, sondern auch reich machen würde. Die Bundesbürger haben
inzwischen die Rekordmenge von 8.918 Tonnen gehortet, wie eine Umfrage der
Steinbeis-Hochschule ergab. Davon wurden 4.000 Tonnen zu Schmuck
verarbeitet; der Rest sind Barren und Münzen. Damit belegen die Deutschen
Platz zwei im Europa-Ranking; nur die Italiener haben pro Kopf noch mehr
Geld in Gold investiert.
Allein in den letzten drei Jahren haben die Deutschen nochmals 246 Tonnen
Gold angeschafft, weil sie fürchten, es könnte eine Inflation oder eine
neue Finanzkrise ausbrechen. Dieses Kalkül klingt vielleicht schlau, ist
aber irrational.
[1][Gold wirft bekanntlich keine Zinsen oder Dividenden ab], sondern
verstaubt nur im Tresor. Der stolze Besitzer muss also hoffen, dass das
Gold seinen Wert behält – und am besten gar steigert. Doch ein Blick in die
jüngste Geschichte zeigt, dass der Wert des Goldes keineswegs stabil ist.
Im Jahr 2011 lag die Feinunze bei 1.921 Dollar; jetzt sind diese 31 Gramm
Gold nur noch 1.283 Dollar wert. Da hätte jede Aktie mehr gebracht.
Zudem hat Gold nur Wert, weil es künstlich knapp gehalten wird. Ein
relevanter Teil lagert nämlich gar nicht bei Privatleuten, sondern bei den
staatlichen Notenbanken. Allein die Bundesbank besitzt derzeit 3.370
Tonnen; die USA verfügen über 8.133 Tonnen.
## Verschwörungstheorien
Offiziell ist das Bundesbank-Gold 121,45 Milliarden Euro wert, was nach
einem reichen Schatz aussieht. Doch ist der Bilanzwert geschönt: Auf dem
Papier würden die Reserven zwar Milliarden bringen, doch faktisch ist das
Gold unverkäuflich. Sobald die Bundesbank anfinge, ihre Bestände
aufzulösen, würde der Markt kollabieren und der Goldpreis in die Tiefe
rauschen. Daher haben sich zwanzig europäische Notenbanken in einem
„Goldabkommen“ verpflichtet, gemeinsam höchstens 400 Tonnen Gold pro Jahr
zu veräußern.
Tatsächlich verkauft die Bundesbank sogar noch viel weniger Edelmetall:
Jährlich reicht sie nur etwa vier Tonnen Gold an die Bundesregierung
weiter, die dann Gedenkmünzen prägt und veräußert. 2018 spülte dies einen
Gewinn von 127 Millionen Euro in die staatlichen Kassen, was umgerechnet
rund 1,50 Euro für jeden Deutschen waren. Also nichts.
Obwohl das Bundesbank-Gold fast nutzlos ist, erregt es die Gemüter. Durchs
Internet geistern Verschwörungstheorien, dass das staatliche Gold in
Wahrheit längst verschwunden sei oder für windige Finanzmarktgeschäfte
genutzt würde. Deswegen hat die Bundesbank kürzlich eine
„Transparenzinitiative“ gestartet. Goldfetischisten können jetzt online
eine Liste einsehen, in der jeder einzelne Goldbarren mit Nummer
verzeichnet ist: Es sind monotone 2.394 Seiten.
Aber am Grundwiderspruch ändert auch diese Liste nichts: Gold hat nur Wert,
solange es nicht verkauft wird. Denn einen echten Nutzen gibt es nicht.
Früher wurde wenigstens Zahngold benötigt, doch inzwischen ist die
Dentaltechnik längst auf andere Füllungen umgestiegen. Auch die
Elektroindustrie behilft sich meist mit Ersatzstoffen, und selbst Eheringe
werden jetzt oft aus anderen Metallen hergestellt.
Gold neigt zur perfekten Blase. Sein Preis steigt genau so lange, wie
panische Anleger glauben, dass sein Preis steigt. Leider ist dieser Unsinn
nicht folgenlos, denn noch immer wird neues Gold gefördert. [2][Fast alle
Minen hinterlassen Giftmüll] wie Zyanid, Quecksilber und Schwermetalle;
viele zerstören Naturreservate oder vertreiben Ureinwohner. Gold glänzt
nicht, es sieht nur so aus.
16 Apr 2019
## LINKS
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## AUTOREN
Ulrike Herrmann
## TAGS
Gold
Geldanlage
Investitionen
Familie
Goldmine
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