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# taz.de -- Die Wahrheit: Aprilscherze für Trottel
> Die schnarchigen Späßchen am 1. April sind eine irische Erfindung und
> beruhen auf einer Erzählung über einen exzentrischen Mönch.
Die Iren sind schuld. Falls Sie heute von jemandem zum Narren gehalten
werden, können Sie den irischen Mönch Saint Amadán dafür verantwortlich
machen. Sein Ehrentag ist der 1. April. Er lebte im 8. Jahrhundert und war
berüchtigt für sein exzentrisches Benehmen, mit dem er die anderen Mönche
zur Verzweiflung trieb. Verewigt wurde Amadán von Geoffrey Chaucer in den
„Canterbury Tales“ von 1392, und zwar in der Fabel über den Nonnenpriester,
die mit der Warnung vor Leichtfertigkeit und falschen Schmeicheleien endet.
Manche behaupten allerdings, die Sache mit dem Mönch beruhe auf einem
Irrtum bei der Abschrift des Manuskripts.
Wie dem auch sei – der Mönch ist in den irischen Sprachgebrauch
eingegangen, allerdings nicht als Erfinder des Aprilscherzes, sondern als
Schimpfwort. Ein Amadán ist ein ungeschickter Trottel.
Der langweiligste Aprilscherz ist die Nachricht, Irland stelle demnächst
auf Rechtsverkehr um. Jedes Jahr verbreitet mindestens eine Zeitung diese
verschnarchte Meldung. Lediglich in den achtziger Jahren gab es eine
amüsante Variante: Ein Blatt behauptete, der britische Sektor in Westberlin
stelle auf Linksverkehr um.
Einmal hat ein Aprilscherz einen Tumult ausgelöst. In ganz Dublin wurde
1844 auf Reklametafeln verkündet, dass man am 1. April kostenlos mit der
Eisenbahn ins nahe gelegene Drogheda fahren könne. Weil eine Bahnfahrt
damals ein Abenteuer war, versammelten sich Tausende am Bahnhof. Als der
recht kurze Zug einfuhr, begann eine Keilerei um die Plätze, während die
Bahnangestellten vergeblich versuchten, das Fahrgeld einzutreiben.
Die Irish Times führte 1965 eine prärevolutuionäre Situation herbei, als
sie auf der Titelseite behauptete, die Regierung wolle die Prohibition in
Irland einführen. Der konservative Premierminister Seán Lemass bekam einen
Wutanfall und hielt eine Fernsehansprache, in der er erklärte, seine Partei
habe die Alkoholgesetze liberalisiert.
Sogar Irlands Meteorologen, die wegen der Besessenheit der Nation vom
Wetter eine besondere Stellung einnehmen, ließen sich 1997 zu einem
Aprilscherz hinreißen. Sie wiesen im Wetterbericht auf ein seltenen
Schauspiel hin: Das Ozonloch würde in der Nacht über die Insel hinwegziehen
und sei auf Anhöhen mit bloßem Auge zu erkennen. Hunderte wanderten in der
Nacht auf die Berge.
Manchmal fallen Zeitungen aber selbst auf Aprilscherze herein. Der Irish
Independent empörte sich im Juli 2003 auf der Titelseite, der damalige
italienische Premierminister Silvio Berlusconi verlange die Rückgabe von
Caravaggios Gemälde „Die Gefangennahme Christi“, dem Prunkstück der
Dubliner Nationalgalerie. Vier Wochen später entschuldigte sich das Blatt.
Man habe die Nachricht von einer Webseite übernommen. Dort war sie am 1.
April erschienen. Meine Güte, was für Amadáns!
1 Apr 2019
## AUTOREN
Ralf Sotscheck
## TAGS
Aprilscherze
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