# taz.de -- Spaniens staatliche Nachrichtenagentur: Hi Zukunft, hi Google | |
> Die Nachrichtenagentur EFE steckt in der Krise. Sie will digitaler | |
> werden. Dafür holt sie sich Hilfe bei dem US-amerikanischen | |
> Internetkonzern. | |
Bild: Wechselt Ende April die spanische Regierung, verliert auch EFE-Chef Ferna… | |
MADRID taz | Fernando Garea, Direktor der spanischen Nachrichtenagentur | |
EFE, kennt nur ein Thema: „die digitale Transformation“. „Wir wollen das | |
Angebot an Inhalten und Produkten für unsere Kunden modernisieren“, erklärt | |
der 56-jährige Journalist, der bei Spaniens größten Tageszeitung El País | |
und der konservativen Onlinezeitung [1][elconfidencial.com] gearbeitet hat. | |
Garea wurde vergangenen Juni unter dem per Misstrauensvotum an die Macht | |
gekommen Sozialisten Pedro Sánchez Direktor der Nachrichtenagentur. Die ist | |
die Nummer 1 auf dem spanischen Markt: 180 Büros in 120 Ländern, über 2.000 | |
Kunden weltweit. Doch EFE steckt, wie ihre Konkurrenten, in der Krise. | |
Allein zwischen 2012 und 2018 ging der Umsatz um 7,4 Millionen Euro zurück. | |
Bis 2023 werden es weitere 4,5 Millionen Euro sein, sollte der Plan Gareas | |
nicht funktionieren. | |
Die Agentur gehört zu 100 Prozent der Staatsholding SEPI, rund die Hälfte | |
der Betriebskosten schießt der Staatshaushalt zu. Dennoch verschuldet sich | |
die Agentur ständig. In den Jahren der Wirtschaftskrise ging die Zahl der | |
Kunden zurück und die, die blieben, drückten die Preise. „Unsere Kunden | |
setzten immer mehr auf online und weniger auf print, daran müssen wir uns | |
anpassen“, sagt Garea. Er will neue Märkte erschließen, im Blick hat er | |
eine „neue Art von Abnehmern wie Unternehmen und Institutionen“. | |
## Zauberwort: Multimedia | |
Künftig sollen Multimedia-Pakete bestehend aus Video, Fotos, Text, | |
Infografiken und Podcasts im Mittelpunkt stehen. Das soll zum Herzstück | |
jeder Abteilung werden. Der Kronjuwel wird „EFE 360“: ein Dienst, der | |
Kultur, Freizeit, Unterhaltung, Videospiele, Wissenschaft, Technologie, | |
Gesundheit, Umwelt und Feminismus umfasst. Nur Inland, Ausland, Wirtschaft | |
und Sport bleiben eigenständig. „Aber auch hier werden wir den Sprung von | |
traditionellen Produkten, bestehend aus Text und Foto, hin zu einer anderen | |
Art von Journalismus vollziehen“, sagt Garea. Korrespondenten im Ausland | |
sollen mit ihrem Smartphone die ganze Multimediapalette zugleich bedienen. | |
„Sie haben uns keinen Wirtschaftsplan vorgelegt“, beschwert sich die | |
Vorsitzende des Gesamtbetriebsrats, Sandra Fernández. Ohne | |
Neueinstellungen sei ein „interessantes Produkt wie EFE 360“ kaum | |
umzusetzen, „ohne dass dies zulasten des Kerngeschäfts geht“. Vor allem im | |
Inland würden Personal und Ressourcen abgezogen. | |
„Nach einem Jahrzehnt der Krisenwirtschaft fehle es an allen Ecken und | |
Enden an Ausrüstung und an Personal“, mahnt die 49-jährige Journalistin aus | |
dem Regionalbüro im nordwestspanischen Baskenland. Über 200 Stellen wurden | |
in den vergangenen Jahren bei EFE abgebaut. Das Durchschnittsalter der | |
verbleibenden 3.000 Angestellten weltweit liegt bei 52 Jahren. | |
Auch wenn die Situation nicht optimal sei, müsse der Umbau angegangen | |
werden, antwortet Garea. Er verspricht einen Plan für digitale | |
Weiterbildung. Google soll dies übernehmen, so sieht es ein weitläufiges | |
Abkommen vor. Außerdem wird der Internetgigant das kostbare Fotoarchiv der | |
EFE – das beste in Spanien und der spanischsprachigen Welt – | |
digitalisieren. Inwiefern Google das Ergebnis für eigene Zwecke nutzen | |
kann, darüber schweigt sich die EFE-Direktion aus. | |
## Gareas Zukunft ist ungewiss | |
Dabei weiß Garea selbst nicht zu sagen, ob er seinen Plan tatsächlich | |
umsetzten kann. Denn Spanien befindet sich in einer Phase der politische | |
Unsicherheit. Die Regierung Sánchez bekam keine Parlamentsmehrheit für den | |
Haushalt 2019 und reagierte mit vorgezogenen Neuwahlen für den 28. April. | |
Ein Regierungswechsel würde auch ein Ende von Garea bei EFE bedeuten. „Die | |
politische Instabilität beeinflusst uns ganz entscheidend“, sagt Garea, der | |
für den Fall, dass die Agentur nicht reformiert wird, für spätestens 2023 | |
Massenentlassungen prophezeit. | |
Ein Weg, den andere Agenturen bereits eingeschlagen haben: Die kanadische | |
Nachrichtenagentur Reuters baut in ihrem deutschen Dienst in Berlin Stellen | |
ab und will sich künftig verstärkt auf Wirtschaft statt auf Politik | |
konzentrieren. Außerdem will Reuters auf neue, schnell wachsende Märkte | |
vordringen – unter anderem nach Asien. Dort könnten die Kanadier dann Garea | |
ins Gehege kommen. Denn der sieht für EFE mit ihrem englischsprachigen | |
Dienst dort ebenfalls einen Markt. | |
4 Apr 2019 | |
## LINKS | |
[1] https://www.elconfidencial.com/ | |
## AUTOREN | |
Reiner Wandler | |
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