| # taz.de -- Klimawandel zur Kolonialzeit: Kolumbus und die Kleine Eiszeit | |
| > Der Mensch griff lange vor der Industrialisierung in das Klima ein, | |
| > beweisen Forscher aus London. Im Grunde ist Christoph Kolumbus schuld. | |
| Bild: Europäische Entdeckungsreisen waren wohl der Beginn des Klimawandels | |
| Der menschengemachte Klimawandel begann schon viel früher als bislang | |
| gedacht. Laut einer [1][Studie des University College in London] gibt es | |
| gravierende Klimaschwankungen schon lange vor der industriellen Revolution, | |
| die auf menschliche Aktivitäten zurückzuführen sind. Bereits das | |
| Massensterben der indigenen amerikanischen Bevölkerung vor etwa 500 Jahren | |
| habe das Weltklima demnach beträchtlich beeinflusst. | |
| Bisher galt die Kleine Eiszeit, eine Kälteperiode vom 14. bis zum 19. | |
| Jahrhundert, als natürliches Phänomen. Unter anderem seien vermehrte | |
| Vulkanausbrüche verantwortlich, deren Emissionen die Erde vor aufwärmenden | |
| Sonnenstrahlen schützten. Zudem kühlte eine verringerte Sonnenaktivität die | |
| Atmosphäre ab. In einer Studie zu den klimatischen Auswirkungen der | |
| Kolonialisierung Amerikas bringen die britische Forscher nun begründete | |
| Zweifel am natürlichen Ursprung der Eiszeit vor. | |
| Als die Europäer über den amerikanischen Kontinent herfielen, wurde die | |
| indigene Bevölkerung rasant dezimiert: Versklavung, Krieg, Hungersnöte und | |
| vor allem eingeschleppte Epidemien entvölkerten die Region regelrecht. Wie | |
| das vierköpfige Londoner Forscherteam schätzt, ist die einheimische | |
| Bevölkerung im 16. Jahrhundert, der Epoche nach der Ankunft von Christoph | |
| Kolumbus, um 90 Prozent auf sechs Millionen zurückgegangen. | |
| Für die Klimaforscher ist dies deshalb interessant, weil die Ackerflächen | |
| der Ureinwohner folglich brach lagen. Dort konnten sich deshalb die | |
| Pflanzen ungehindert verbreiten. So konnte eine Fläche von der Größe | |
| Frankreichs renaturalisiert werden. Wie die Forscher anhand von Proben im | |
| antarktischen Eis nachweisen konnten, sei die Kohlendioxidkonzentration in | |
| der Atmosphäre anschließend deutlich gesunken. | |
| Die Zusammensetzung der Gase im Eis sowie untersuchte Pollenablagerungen | |
| wiesen dabei auf einen direkten Zusammenhang zwischen der Aufforstung und | |
| der geringen CO²-Konzentration hin. | |
| ## Chancen und Grenzen der Wiederaufforstung | |
| Ackerflächen im großen Stil wieder zu bewalden, kann also ein Mittel gegen | |
| die globale Erderwärmung sein, sagte Co-Autor Chris Brierley zur taz. | |
| Gleichwohl zeigten die Untersuchungen auch die Grenzen der Methode auf. Die | |
| Forscher nehmen an, dass die Kohlenstoffkonzentration durch die | |
| Wiederaufforstung um sieben bis zehn ppm (parts per million) fiel, dass | |
| also aus einer Million Teilchen Luft sieben bis zehn Teilchen | |
| Kohlenstoffdioxid gezogen wurden. | |
| Derzeit würde das genügen, um die weltweiten CO²-Emissionen aus zwei bis | |
| drei Jahren zu absorbieren. Dass es sich um eine renaturierte Fläche der | |
| Größe Frankreichs handelt, offenbart damit auch die Grenzen des Ansatzes, | |
| meint Brierley. Die Lehre für die aktuelle Klimapolitik sei also klar: | |
| Wiederaufforstung kann ein wichtiger Faktor sein, man kommt jedoch nicht | |
| umhin, die CO²-Emissionen parallel deutlich zu senken. | |
| Die Studie zeigt damit auf, wie drastisch menschliches Handeln bereits vor | |
| über 500 Jahren auf das Klima wirkte. Das sogenannte Anthropozän, also die | |
| Epoche, in der der Mensch nachweislich die atmosphärische Entwicklungen | |
| beeinflusst hat, ist also älter als gedacht. Bisher galt die Mitte des 19. | |
| Jahrhundert als Beginn der Epoche; Brierley sieht den anthropogenen | |
| Klimawandel bereits um 1600 in Kraft. | |
| 9 Feb 2019 | |
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| [1] https://reader.elsevier.com/reader/sd/pii/S0277379118307261?token=F5B1B40D6… | |
| ## AUTOREN | |
| Jan Christoph Freybott | |
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