# taz.de -- Deutsche Bank nach der Finanzkrise: Aus Strafen ein Geschäft machen | |
> Die Deutsche Bank sollte den Opfern der Finanzkrise in den USA mit | |
> Milliarden Dollar helfen. Doch statt zu zahlen, schlägt sie Profit | |
> daraus. | |
Bild: Zentrale der Deutschen Bank: trickreiche Geschäfte mit den Kreditopfern | |
BERLIN taz | Die Deutsche Bank hat einen Weg gefunden, einen Teil der | |
größten Strafzahlung ihrer Geschichte in ein wahrscheinlich | |
gewinnträchtiges Geschäft zu verwandeln. Es geht dabei um die | |
[1][Immobilienblase, die ab 2008 in den USA platzte]. In der Folge sind | |
über sechs Millionen Häuser zwangsversteigert worden, rund 20 Millionen | |
Menschen verloren ihr Zuhause. | |
Eine der Schuldigen an dieser epochalen Finanzkrise war die Deutsche Bank. | |
Sie sollte Opfern von Zwangsvollstreckungen eigentlich finanziell helfen – | |
so sieht es ein Vergleich mit dem US-Justizministerium von Dezember 2016 | |
vor. Doch davon hat sich die Deutsche Bank, vermutlich ganz legal, | |
verabschiedet. Das geht aus einem am Mittwochabend veröffentlichten Bericht | |
des Washingtoner Juristen Michael J. Bresnick hervor, der damit beauftragt | |
ist, die Einhaltung des Vergleichs von 2016 zu überwachen. | |
Zum Verständnis zunächst ein kurzer Rückblick: Im Januar 2017 [2][schrieb | |
das US-Justizministerium], die Deutsche Bank habe sich vor der Finanzkrise | |
in den Jahren 2005 bis 2007 illegal verhalten, Kredite unverantwortlich | |
vergeben und so nachhaltigen Schaden bei Investoren und der amerikanischen | |
Öffentlichkeit angerichtet. „Sie hat direkt zur Finanzkrise beigetragen“, | |
sagte die Generalstaatsanwältin Loretta E. Lynch damals. | |
In einem Vergleich verpflichtete sich die Bank, 3,1 Milliarden Dollar | |
Strafe sofort zu zahlen sowie bis März 2022 4,1 Milliarden Dollar für das | |
„Consumer Relief Program“, also ein „Verbraucherhilfsprogramm“, zur | |
Verfügung zu stellen. Letzteres sollte „Hausbesitzer, Kreditnehmern und | |
Kommunen helfen, die von ihren [d. h. der Deutschen Bank, Anm. d. Red.] | |
Geschäften geschädigt wurden“, hieß es. | |
## Keine Hilfe für überschuldete Hausbesitzer | |
Davon kann nun kaum die Rede sein. Ausgerechnet denen, die am bedürftigsten | |
sind, hilft die Bank nicht. „Sie wird letzten Endes keinem einzigen | |
überschuldeten Hausbesitzer helfen, indem sie einen Teil seiner Hypothek | |
übernimmt“, [3][schreibt Bresnick]. Entgegen ursprünglicher Pläne habe die | |
Bank sich entschieden, diese Art von Hilfe nicht anzubieten, heißt es in | |
dem neuen Report weiter. | |
Auch andere Erleichterungen wie die Stundung von Immobilienkrediten für | |
Menschen, die warum auch immer gerade nicht zahlen können, lehnt die Bank | |
ab. Sie sind in der Vereinbarung mit der US-Justiz allerdings vorgesehen, | |
nur eben nicht explizit vorgeschrieben. Deshalb ist das Verhalten der Bank | |
wahrscheinlich nicht illegal. Und der Grund, warum sie diese Hilfen nicht | |
anbietet, ist simpel: All das würde echtes Geld kosten. Stattdessen stürzt | |
sich die Bank auf den einzigen Teil der Vereinbarung, bei dem sie nicht nur | |
nichts zahlen muss, sondern am Ende sogar sehr wahrscheinlich mit der | |
eigenen Sühne Geld verdienen wird. | |
Die Vereinbarung mit den US-Behörden sieht vier Möglichkeiten vor, wie die | |
Deutsche Bank auf 4,1 Milliarden Dollar an Verbraucherhilfen kommen kann. | |
Eine davon sind einfache Kreditgeschäfte – und auf sie allein wird die Bank | |
zurückgreifen. Damit hat die Deutsche Bank die beiden Unternehmen | |
Nationstar und Caliber Home Loans beauftragt. | |
Sie schließen für die Bank Immobilienkredite mit Kund*innen ab, die Häuser | |
in Gebieten kaufen, die von der Finanzkrise besonders hart getroffen worden | |
sind – vor allem Teile von Florida und Kalifornien. Außerdem bekommen | |
Kunden günstige Immobilienkredite, die zum ersten Mal einen solchen | |
beantragen – was sonst zu höheren Zinsen führen würde. Für jeden Kredit, | |
den die Deutsche Bank so finanziert, erhält sie selbst bis zu 11.500 Dollar | |
an „Verbraucherhilfe“ gutgeschrieben. | |
## Auch andere Banken müssen zahlen | |
Bis jetzt hat sie rund 190.000 derartiger Kredite vergeben und damit knapp | |
1,5 Milliarden Dollar ihrer Schuld abgetragen – ohne ihre Bilanz mit nur | |
einem Cent zu belasten. Die Deutsche Bank hat der taz gegenüber bestätigt, | |
dass die gesamten 4,1 Milliarden Dollar vermeintliche Strafe am Ende nicht | |
budgetwirksam sind. Das heißt, die Summer wird nicht bezahlt. | |
Die Kredite, die dahinter stecken, scheinen sogar ein gutes Geschäft zu | |
sein. Sämtliche Kreditnehmer*innen haben laut des Bresnick-Berichtes eine | |
gute Bonität, werden ihre Schulden bei der Deutschen Bank also tilgen, | |
zudem kassiert die Bank 2,5 bis 6 Prozent Zinsen. Das entspricht fast dem | |
derzeit in den USA marktüblichen Wert von 2,6 bis 8,5 Prozent. | |
Ein minimaler Zinsvorteil für die Kreditnehmer*innen also, trotzdem | |
schreibt die Deutsche Bank auf Anfrage: „Dies ist angesichts der aktuellen | |
Marktbedingungen und unserer Finanzierungsexpertise die effizienteste und | |
effektivste Art, Erleichterungen für Verbraucher zur Verfügung zu stellen.“ | |
Wie viel Geld sie mit diesen „Erleichterungen“ verdient? „Bitte haben Sie | |
Verständnis, dass wir uns zu Zahlen bezüglich einzelner Produktkategorien | |
nicht äußern“, schreibt ein Sprecher. | |
Auch andere Banken sind zur Zahlung infolge der Finanzkrise verurteilt | |
worden. Vor der Deutschen Bank auf Platz eins ist dabei die Bank of America | |
mit 12 Milliarden Dollar. Auch andere Banken müssen für die Hilfsprogramme | |
für Verbraucher deutlich weniger aufwenden, als die Milliardensummen | |
suggerieren. Die Deutsche Bank scheint jedoch die einzige zu sein, die | |
daraus komplett ein Kreditgeschäft mit Gewinnaussicht macht. | |
15 Feb 2019 | |
## LINKS | |
[1] /Archiv-Suche/!5533479&s=deutsche+bank+immobilien/ | |
[2] https://www.justice.gov/opa/pr/deutsche-bank-agrees-pay-72-billion-misleadi… | |
[3] https://deutschebankmortgagemonitor.com/wp-content/uploads/2019/02/22213260… | |
## AUTOREN | |
Ingo Arzt | |
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