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# taz.de -- Autoindustrie in Großbritannien: Brexit bremst britische Autos
> Produktion und Investitionen in der britischen Autoindustrie gingen 2018
> zurück. Nur Exporte außerhalb der EU wachsen.
Bild: Im Fokus: das Nissan-Werk in der Brexit-Hochburg Sunderland
London taz | Der Geschäftsführer des Verbands der britischen
Automobilindustrie (SMMT), Mike Hawes, gab sich gelassen: „Meiner Meinung
hat sich nichts seit der Abstimmung geändert“, sagte er im hauseigenen
Londoner Konferenzsaal. „Es gibt weder ein Abkommen noch ein Indiz darüber,
was die zukünftige Handelsbeziehung sein wird.“
Hawes präsentierte vergangene Woche den Jahresbericht eines der größten
Industrieverbände des Landes, mit 856.000 Beschäftigten, als Warnung für
die bevorstehenden Verhandlungen mit der EU. Kurz zuvor hatte das britische
Parlament den zwischen der Regierung und der EU ausgehandelten Brexit-Deal
lediglich unter der Bedingung von Neuverhandlungen mit der EU über [1][den
Nordirland-Backstop] gebilligt – was die EU ablehnt.
Damit steigt das Risiko [2][eines No-Deal-Brexits], obwohl das Parlament
diesen nicht will.
Dass Automobilhersteller in Großbritannien Probleme erfahren, war schon
vorher bekannt. Massenentlassungen bei JLR (Jaguar – Land Rover) machten
Schlagzeilen. Viele Hersteller beklagten sich wiederholt über fehlende
Entscheidungen zum Brexit und die Aussicht eines ungeregelten britischen
Austritts.
BMW, JLR und Honda wollen in der ersten Aprilwoche ihre Werkstore eine
Woche lang schließen. Bei einem ungeregelten Brexit wäre das die erste
Woche komplett außerhalb der EU. Mit täglich 1.100 Lkw-Lieferungen von
europäischen Zulieferern könnten bei Grenzkontrollen riesige Lkw-Schlangen
entstehen.
## Mehr Autos nach Asien
Solche Verzögerungen würden Kosten in Millionenhöhe schaffen. Ein
Neufahrzeug könnte in Großbritannien dann 1.500 Pfund (1.713 Euro) mehr
kosten, sagte Hawes. „Es würde auch unsere globale Wettbewerbsfähigkeit
drosseln.“
Von den Vorzügen der Abschwächung des Pfunds in den letzten Jahren konnten
britische Fahrzeughersteller, anders als andere Industriebranchen, nicht
profitieren – obwohl 81,5 Prozent aller 1.519.440 im vergangenen Jahr in
Großbritannien hergestellten Fahrzeuge in den Export gingen, 52,6 Prozent
davon in andere EU-Staaten. „Viele der importierten Teile müssen in anderen
Währungen bezahlt werden“, erklärt Hawes.
Insgesamt schrumpfte die britische Fahrzeugproduktion im Vergleich zum
Vorjahr um 9,1 Prozent.
Erst auf taz-Nachfrage kommentiert Hawes, dass die Exporte außerhalb der EU
steigen: Nach Japan um 26, nach Südkorea um 23.5, nach Russland um 10.3 und
in die USA um 5,3 Prozent. Solches Wachstum außerhalb der EU wird gerne als
Argument von Befürworter*innen eines harten EU-Austritts benutzt.
„Diese Exporte sind Teil des Gesamtbilds“, bestätige Hawes, fügte jedoch
an, dass 15,3 Prozent davon in Länder gingen, mit denen die EU
Handelsabkommen hat. Großbritannien profitiere also auch hier von der
EU-Mitgliedschaft, genauso wie die Stellung der Insel als europäischer
Stützpunkt globaler Marken.
Investitionen sind im Jahr 2018 wegen der Brexit-Unsicherheit um fast die
Hälfte eingebrochen, so Hawes. „Wir machten nie einen Hehl daraus, dass wir
den Verbleib in der EU bevorzugten. Das Fehlen eines Deals wäre für uns
katastrophal.“
## Nissan lagert Produktion aus
Vielleicht war es Absicht, dass hinter Hawes ein roter Nissan Leaf stand,
neben einem mit einem Union Jack lackierten Mini. Am Wochenende verbreitete
sich die Nachricht, dass Nissan ihre SUV-Serie nicht mehr im britischen
Werk herstellen wolle. Dies wurde am Sonntag bestätigt – eine Niederlage
für die May-Regierung, denn Nissan gehört zu den Herstellern, welche die
Regierung immer wieder umworben hat.
Brexit-Gladiatoren halten Hiobsbotschaften für überzogen. Zu den
Massenentlassungen von JLR sagte Ex-Außenminister Boris Johnson, dass nicht
der Brexit schuld, sei, sondern die Abwendung der Verbraucher von
Dieselfahrzeugen.
Mit diesem Argument konfrontiert, erkannte Hawes es als Faktor an, doch es
erkläre nicht, insistierte er, weswegen die Krise in der britischen
Fahrzeugindustrie ausgeprägter sei als anderswo.
4 Feb 2019
## LINKS
[1] /Die-EU-und-die-Nordirlandfrage/!5569636
[2] /Brexit-und-seine-wirtschaftlichen-Folgen/!5570088
## AUTOREN
Daniel Zylbersztajn
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