# taz.de -- Datenschützer über Kinderpornos: „Eine Frage der Verantwortung�… | |
> Provider sollen Kinderpornografie melden, lautet eine Forderung. Das ist | |
> schwierig, sagt der Vorsitzende der Datenschutzkonferenz. | |
Bild: Nicht für alle Gefahren gibt es simple Schutzmaßnahmen | |
taz: Herr Kugelmann, eine Meldepflicht, wie der Unabhängige Beauftragte für | |
Fragen des sexuellen Kindesmissbrauchs sie nach dem [1][Missbrauch auf dem | |
Campingplatz in NRW] fordert, gibt es in den USA bereits. Warum gibt es | |
diese Meldepflicht bisher nicht in Deutschland? | |
Dieter Kugelmann: Bei dieser geforderten Meldepflicht müssten | |
Internetprovider unterschiedlicher Art selbst bewerten, ob strafwürdige | |
Kinderpornografie vorliegt und dann proaktiv der Polizei, gegebenenfalls | |
dem Landes- oder Bundeskriminalamt melden. Das gibt es deshalb nicht, weil | |
es eine zusätzliche Pflicht für die Provider wäre, die aber schwer zu | |
konkretisieren ist. Da liegt der Kern des Problems. | |
Inwiefern ist das schwer? | |
Es ist ein ähnliches Problem wie [2][beim Netzwerkdurchsetzungsgesetz]. Das | |
ist ja sehr umstritten, mache halten es sogar für verfassungswidrig. In dem | |
Gesetz geht es darum, dass die Provider, also zum Beispiel Youtube, in ihr | |
Netzwerk gucken und entscheiden, ob etwas ein strafbarer Inhalt ist, also | |
Volksverhetzung oder rechte oder linke Extremparolen. Das müssen die | |
Provider löschen. Dabei sagen die, dass sie für die hochgeladenen Inhalte | |
ja gar nicht verantwortlich seien. Bei Youtube etwa steht in den | |
Richtlinien, dass keine pornografischen Inhalte hochgeladen werden dürfen. | |
Das läuft konkret dann so, dass der Inhalt durch Algorithmen geprüft wird | |
und nur in Zweifelsfällen Menschen darauf gucken und entscheiden, ob etwas | |
noch Meinungsfreiheit ist oder nicht. | |
Und bei Bildmaterial, worum es bei den Pornos geht? | |
Da ist es ähnlich schwierig. Der Straftatbestand zu Kinderpornografie wurde | |
2012 um Posing erweitert. Also um Fotos, auf denen das Kind nackt posiert. | |
Das ist für den Algorithmus zum Beispiel schwer von Urlaubsfotos aus | |
Mallorca zu unterscheiden, auf denen die Kinder auch nackt sind. Für | |
Betreiber ist es also ein riesiger Aufwand. Und der Gesetzesgeber muss sich | |
eben überlegen, ob man ihnen den Aufwand zumuten kann. Es ist ja eine | |
schlimme Straftat, die man verfolgen will, kein Zweifel. Aber inwieweit | |
müssen die Provider dabei mithelfen und kann ein Gesetz so genau | |
beschreiben, was ich von ihnen will, dass es noch halbwegs im Rahmen | |
bleibt? | |
Zum Verständnis: Wenn Sie Provider sagen – dann meinen Sie nicht nur | |
Internetdienstanbieter? | |
Das ist das nächste Problem: Es gibt unterschiedliche Arten von Providern. | |
Es sind letztlich Vermittler. Es gibt unterschiedliche Vermittler, die | |
technischen und die inhaltlichen. Da ist eben die Frage: Welche Provider | |
sollen denn melden? Das können ja eigentlich nur die sein, die sich auch | |
mit Inhalten beschäftigen, und eben nicht die technischen, die nur | |
durchleiten. Sonst haben wir in der Tat die Gefahr, dass jeder, der uns | |
ermöglicht, zu kommunizieren, uns überprüfen muss. Und das wollen wir | |
gerade nicht, denn dann sind wir in Richtung Überwachung unterwegs. | |
Was würde das bedeuten? Kein anonymes Surfen mehr, weil der Provider sich | |
jedes verschickte Datenpaket genau angucken muss? | |
Das ist genau die Zensurproblematik. Dass der Provider – und wir reden hier | |
ja nicht nur von T-Online, sondern auch von Facebook – dann guckt, wer was | |
wie macht und prüft, ob das in Ordnung ist. Das ist eben der Streit, | |
weshalb manche auch das Netzwerkdurchsetzungsgesetz für verfassungswidrig | |
halten. Eine Meldepflicht für derartige Inhalte müsste man aus meiner Sicht | |
begrenzen. Dass man zum Beispiel nur die besonders schweren Strafbestände | |
aus dem Bereich Kinderpornografie einbezieht. Das Posing also herauslässt, | |
um die Abgrenzung zu ermöglichen zwischen Urlaubsfotos und pornografischen | |
Inhalten. Dann wäre das gesetzlich möglich und es spräche auch | |
datenschutzrechtlich nichts dagegen. | |
Steht im Moment der Schutz von Daten über dem Schutz der Kinder, wie Nadine | |
Schön von der CDU/CSU [3][es sagt]? | |
Das ist falsch. Es ist ohnehin jetzt schon so, dass auf Anfrage der | |
Staatsanwaltschaft der Provider etwas herausgeben muss, wenn er es noch | |
hat. Im Netzwerkdurchsetzungsgesetz steht auch drin, dass das, was aufgrund | |
dieses Gesetzes gelöscht wird, zehn Wochen gespeichert werden muss. Warum | |
da der Datenschutz ein Problem sein soll, verstehe ich überhaupt nicht, | |
denn um den angeblichen Datenschutz der Täter geht es nicht, sondern um die | |
Frage der Verantwortlichkeit der Provider. | |
Ist die Forderung nach einer Meldepflicht für Kinderpornografie also | |
sinnvoll? | |
Da liegt nicht der Kern des Problems. Ich halte sie generell für möglich. | |
Wir haben insgesamt ja die Frage, wie stark wir die Provider an die Kandare | |
nehmen. Es geht immer wieder um die Kernfrage von Freiheit im Netz. Also | |
inwieweit können und wollen wir gesetzliche Regelungen treffen. Da bin ich | |
durchaus wohlwollend in dem Sinne, dass ich gesetzliche Regelungen für | |
sinnvoll halte. Ich befürchte nur, wenn man da zu weit geht, wird es | |
kontraproduktiv und auch nicht mehr durchsetzbar. | |
Ein Großteil der Pornos wird über das Darknet gehandelt. Über Browser wie | |
Tor ist die Identität der Nutzer*innen stark versteckt – inwiefern kann | |
dort überhaupt die IP-Adresse festgestellt werden? | |
Was macht die Polizei mit der Meldung? Mit der Meldepflicht habe ich mehr | |
Erfolg, wenn ich auch Vorratsdaten habe, also genau weiß, wer wann dieses | |
Package von welcher IP-Adresse losgeschickt hat. Deshalb ist immer das | |
Hauptargument der Polizei: Wir brauchen Vorratsdatenspeicherung zur | |
Verfolgung von Kinderpornografie. Wir Datenschützer sind aber der | |
Auffassung, dass die Vorratsdatenspeicherung die gesamte Bevölkerung | |
betrifft und unverhältnismäßig ist. Und bei Tor sowie beim Darknet: Wenn | |
alles verschlüsselt ist, dann ist es für die Polizei ein | |
Durchsetzungsproblem. Böse gesagt: schön, dass es gemeldet wurde, aber man | |
kann nichts damit anfangen. Klar, da lernt die Polizei dazu, gut so, damit | |
sie ihre Aufgaben erfüllen kann. Aber auch deswegen ist die Meldepflicht | |
nur in engeren Feldern sinnvoll. Weil man sich dann mehr Mühe geben und | |
alle Register ziehen kann, um die verantwortliche Person zu ermitteln. | |
1 Feb 2019 | |
## LINKS | |
[1] /Missbrauch-auf-Campingplatz-in-NRW/!5569738 | |
[2] /Diskussion-um-NetzDG/!5563748 | |
[3] https://www.cducsu.de/presse/pressemitteilungen/gegen-sexuellen-kindesmissb… | |
## AUTOREN | |
Maike Brülls | |
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