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# taz.de -- Whatsapp schränkt Weiterleitungen ein: Don't kill the messenger
> WhatsApp verschärft die Regeln zur Weiterleitung von Nachrichten. Vorbild
> ist Indien, wo Fake-News für Panik und Selbstjustiz sorgen.
Bild: Für viele Menschen in Indien ist WhatsApp oft die einzige Nachrichtenque…
Die Facebook-Tochter [1][WhatsApp verschärft ihre Regeln] fürs Weiterleiten
von Nachrichten: In der neuesten Version können Nutzer Nachrichten nur noch
an fünf Empfänger gleichzeitig versenden. Und zwar weltweit. Zuvor war die
Zahl der Empfänger auf 20 begrenzt. Hintergrund ist der Versuch, gegen die
Verbreitung von Falschmeldungen vorzugehen.
In Indien hat der Messengerdienst diese Maßnahme schon im vergangenen
Sommer ergriffen. Der Dienst hat dort nicht nur mehr als 250 Millionen
Kunden, sondern vor allem ein massives Problem mit Falschmeldungen. Dass
zwischen April und Juli 2018 mehr als 20 Menschen gelyncht wurden, weil
sich Gerüchte über WhatsApp und Facebook in Windeseile verbreiteten, ist
nur die Spitze des Eisbergs. Ganze Dörfer geraten in Panik, weil angeblich
Kindesentführer unterwegs sind, und formieren Bürgerwehren. Mobs bilden
sich, weil irgendjemand behauptet, Kühe würden geschlachtet. Sehr gern
werden diese Falschinformationen illustriert mit drastischen Fotos oder
Videos, die sich bei einer Überprüfung als Ausschnitte aus Spielfilmen
entpuppen.
Verbreiten können sich derartige Falschmeldungen in Indien auch deshalb so
ungebremst, weil das Billig-Smartphone für einen großen Teil der ländlichen
Bevölkerung die erste und einzige Verbindung ins Internet ist – und
WhatsApp oft die einzige Nachrichtenquelle. Entsprechend unterentwickelt
ist die digitale Kompetenz in den Dörfern.
„Sehr viele wissen nicht einmal, dass es eine Website google.com gibt“,
sagt Pratik Sinha, Gründer der wichtigsten indischen Faktchecker-Website
altnews.in. „Wir brauchen mehr Schulung des Bürgers im Umgang mit
Informationen, und das muss in der Schule anfangen. Da beginnt die
Verantwortung der Regierung, die sie bislang nicht wahrnimmt.“
## Regierung größter Fake-News-Produzent
Eher im Gegenteil: Die Regierungspartei BJP ist einer der größten
Verbreiter von Falschmeldungen. Die Hindu-Nationalisten leisten sich eine
dem Vernehmen nach mehrere Hundert Mann starke Taskforce, die das Netz mit
hindu-nationalistischer Propaganda flutet und gegen religiöse Minderheiten
Front macht. Doch auch der Kongress, andere Parteien und Lobby-Verbände
Indiens missbrauchen Messengerdienste und soziale Medien für Propaganda.
Für Sinha und seine Alt-News-Mitstreiter ist es meist unmöglich, den
Urheber von Falschnachrichten zu recherchieren. Es sei aber sehr auffällig,
dass ein Großteil der Missinformationen offensichtlich aus der
hindu-nationalistischen Ecke kommt, sagt Sinha. Statt Geld in Aufklärung
und digitale Erziehung zu stecken, habe die BJP-Administration, „die ganze
Schuld WhatsApp in die Schuhe geschoben“. Der Messengerdienst geriet in
Indien so unter Druck, dass er im Sommer die Weiterleitung limitierte und
den „Quick Forward Button“ zu schnellen Verbreitung von Fortos und Videos
abschaffte. Außerdem kann man seit Sommer erkennen, ob eine Meldung
original ist oder nur weitergeleitet wurde.
Verändert hat sich in Indien trotzdem nichts. Das Verbreiten mag ein wenig
umständlicher geworden sein, aber immer noch grassieren Falschmeldungen in
den sozialen Medien. Angesichts der im Frühjahr stattfindenden Wahlen
dürften die Konflikte auf Kosten der Wahrheit noch vehementer auf WhatsApp
und Co ausgetragen werden.
22 Jan 2019
## LINKS
[1] https://blog.whatsapp.com/10000647/More-changes-to-forwarding
## AUTOREN
Thomas Winkler
## TAGS
WhatsApp
Indien
Fake News
Wahlmanipulation
Indien
Netzpolitik
Indien
Enthauptung
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