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# taz.de -- Die Wahrheit: Der irdische Heiland
> Schurken, die die Welt beherrschen wollen. In unserer beliebten Reihe
> wird diesmal Jens „Holz“ Spahn tief ins splintende Astloch geschaut.
Bild: Die Schmach des unwürdigen Amtes ist Spahn fest ins Gesicht gedübelt
Gentechnisch erzeugte Viren, die Krebs in streichfähigen Brotbelag
verwandeln; ein im 3-D-Drucker hergestellter Hintern, der denken kann, sich
aber noch nicht so gut zum Sitzen eignet; aus Stammzellen gewonnene Eier,
die sich zu jedem Säugetier entwickeln können: Ob außer Rand und Band
geratene Organe, verlorene Gliedmaßen oder fehlender Nachwuchs in Stall
oder Kinderzimmer, die medizinische Forschung schreitet voran – und
entwickelt zusammen mit der Pharmaindustrie auch immer gepfeffertere
Therapien, sogar gegen fehlende Krankheitssymptome. Der Fortschritt ist
nicht kostenlos zu haben!
Auf der anderen Seite der Barrikade steht der Mensch. Übermüdete Chirurgen,
die ihre Schuhe in der Bauchhöhle des Patienten liegen lassen; Kassenärzte,
die statt Polypen die rechte Gehirnhälfte herausschneiden; Dentisten, die
Zahnersatz aus Gummi einsetzen, weil der von den brasilianischen
Zahntechnikern, die tagsüber auf den Kautschukplantagen arbeiten, billig
geliefert wird – Zeit- und Kostendruck lastet bis zum Biegen und Brechen
auf dem deutschen Gesundheitswesen.
## Ohne Knochenbruch
Doch die Rettung ist da. Jens Spahn aus Ottenstein bei Borken – er ist der
Erlöser. Er, hier ist das Wort mal am rechten Fleck, ist der Heiland!
Gesund war er gleichwohl immer. Nichtsdestoweniger musste er lange warten,
bis ihn Dr. Merkel endlich aufrief und nach eingehender Anamnese zum
Bundesminister für Gesundheit ernannte, März 2018. Schon 2002 war er,
obwohl erst 22 Jahre alt, zur Beobachtung in den Bundestag überwiesen
worden, nachdem er den JU-Kreisvorsitz in Borken, den CDU-Kreisvorsitz in
Borken (Erwachsene) und den Stadtrat Ahaus (ebenfalls Erwachsene) ohne
Knochenbruch absolviert hatte. In Berlin war er dann, obwohl ein
kerngesunder junger Mann, zu lauter Fitnessprogrammen verpflichtet worden,
insbesondere in der Arbeitsgruppe Gesundheit der CDU/CSU-Fraktion, als
gesundheitspolitischer Sprecher der Union und als Obmann seiner Fraktion im
Gesundheitsausschuss.
Einem jungen Specht, der nie einen Arzt von innen gesehen hat, sollten
solche Ämter und Aufgaben fremdartig schmecken, doch Spahn schickte sich
drein und fand überhaupt Gefallen an Dingen, die weit außerhalb lagen. Als
knackfrischer Gerechtigkeitspolitiker schüttete er sich gegen höhere Renten
aus, weil die Jüngeren davon nichts haben, als gut gebetteter
Sozialpolitiker wandte er sich gegen eine Reform von Hartz IV, weil Armut
für die Armen grunznormal ist; als europäisch gewickelter Politiker
forderte er von Europa viel mehr Europa in Sachen Migration, Sicherheit,
Verteidigung und Digitales, aber keinesfalls bei Finanzen und öffentlicher
Wohlfahrt; und als seit der Knabenzeit im katholischen Glauben
festgezurrter Christ, abgefüllt mit Nächstenliebe, warnte er vor krummen
arabischen Flüchtlingen, die Böses im Gepäck haben.
## Eingespurt und eingelocht
Kurz, Spahn weiß über alles bis hinter die Wand Bescheid und ward zum
Universalpolitiker, dem ersten seit Goethe. Zu einem noch universaleren
sogar: Anders als der Minister und doch bloß Verseonkel versteht Jens Spahn
abgrundtief was von Politik. Und von Geld. Er ist nämlich, anders als sein
Vorgänger, ein 1a eingespurter Politikwissenschaftler und systemisch voll
eingelochter Bankkaufmann.
Anders als der trotzdem berühmte Goethe durfte er sich deshalb auch eine
Zwischenlandung als Staatssekretär im Bundesfinanzministerium erlauben,
zumal er Teilhaber der Firma Pareton war, die gerade eine prima Software
für gelungene Steuererklärungen ausheckte. Warum auch nicht? Ein
Allroundmann wie Spahn konnte sich, wie oben bewiesen, unmöglich bloß um
Gesundheitspolitik kümmern, wo er für den Notfall an der PR-Firma Politas
beteiligt war, die garantiert desinfizierte Lobbyarbeit für die
Pharmabranche trieb.
## Himmelstürmende Träume
So allseitig begabt er ist, eine Pille musste Jens Spahn allerdings
herunterwürgen: Im Dezember 2018 landete er beim Wettrennen um den
CDU-Vorsitz abgerupft auf dem dritten Platz. Doch auch, wenn er einstweilen
als bloßer Minister weiterleben muss, er kann an seiner Karriere stricken
und fachfremde Felder eingemeinden:
So kann sich Jens Spahn etwa für die gesunde deutsche Leitkultur einsetzen,
zu der nun mal freie Arztwahl und eine private Krankenversicherung zahlen,
das heißt: zählen.
Ebenso gibt er über diesen seltsamen Islam Bescheid. Von Kopf bis Fuß
eingebunkerte Muslimas bringen nicht nur das gewohnte Straßenbild ins
Wanken – sondern, hier meldet sich der wirklich gut beschlagene
Gesundheitspolitiker zu Wort: Wie soll ein Arzt bei einer in die Burka
eingewickelten Frau denn was untersuchen können?!
Noch wachsen nicht alle Träume in den Himmel, die Jens Spahn in seinem Kopf
hat. Doch sein Motto lautet: Hauptsache, gesund! Und wenn er das bleibt,
kann noch viel aus ihm werden. Dies zur Warnung!
6 Feb 2019
## AUTOREN
Peter Köhler
## TAGS
Bundesministerium für Gesundheit
CDU
Jens Spahn
Franziska Giffey
Schwerpunkt AfD
Sprachkritik
Schach
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Neujahrsansprache
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