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# taz.de -- Fachkräftemangel in Bremen: Kampf um Hebammen
> Bremer Kliniken werben Hebammen aus Italien ab und setzen
> Zeitarbeitskräfte ein, um die Lücken zu stopfen. Aber das hilft nur
> kurzfristig.
Bild: In Bremen oft nicht leicht zu kriegen: Die Dienste einer Hebamme
Bremen taz | Eine Hebammenvermittlung will der Senat einrichten. Deren
Konzept konnte am Donnerstag im Landtag nicht mehr erörtert werden. Ab März
sollen Schwangere im Internet nachsehen können, welche Hebamme Kapazitäten
hat. Geplant ist zudem eine Hebammensprechstunde für diejenigen, die
erfolglos nach Vor- oder Nachsorge gesucht haben.
Damit müssten Frauen nicht mehr wie derzeit 20 bis 30 Hebammen
abtelefonieren, sagt die Vorsitzende des Bremer Hebammenverbands, Heike
Schiffling. „Die Suche ist ziemlich frustrierend.“ Viele würden schnell
aufgeben, wenn sie nur Absagen erhalten. Für Frauen, die sich sehr früh in
der Schwangerschaft um eine Hebamme bemühen, würde das Internetportal daher
eine Verbesserung darstellen. „Aber es hilft auch nicht weiter, wenn es
viel zu wenig Hebammen gibt.“
Deshalb sei es gut, wenn im Land Bremen zukünftig mehr Hebammen ausgebildet
werden sollen als bisher. Mit dem Bachelor-Studiengang, der ab dem
Wintersemester 2020/2021 an der Hochschule startet, werden künftig jährlich
20 Absolvent*innen fertig. Bisher bildete die Hebammenschule Bremerhaven
alle drei Jahre 16 Entbindungspfleger*innen aus.
Einen Fachkräftemangel gibt es nicht nur in der Vor- und Nachsorge, sondern
auch im originären Hebammengeschäft, der Geburtshilfe. In den beiden
städtischen Kliniken der Geno in Nord und Links der Weser sind derzeit je
sechs Stellen unbesetzt. Die Lage könnte sich entspannen, weil sieben
Hebammen am Klinikum Delmenhorst gekündigt haben. Weitere könnten noch
folgen (taz berichtete). Zwei von ihnen wurden bereits von der Geno
eingestellt.
Am Sankt-Joseph-Stift in Bremen werden im März drei offene Stellen mit
Hebammen aus Italien besetzt. Dort werden mehr Hebammen ausgebildet als
gebraucht werden. Andere Städte machen dies bereits. „Das ist gut, um
kurzfristig Engpässe zu beheben“, sagt dazu Heike Schiffling vom
Hebammenverband. Sie gibt zu bedenken, dass in Italien die Hebammen
theoretisch sehr gut ausgebildet seien, aber wenig Praxiserfahrung hätten.
„In Italien ist die Geburtshilfe in ärztlicher Hand.“ In Deutschland
hingegen dürfen Geburten ohne Arzt, nicht aber ohne Hebamme geschehen.
„Diese neuen Kolleg*innen müssen erst einmal mindestens drei Monate
mitlaufen, bevor sie alleine Geburten begleiten können.“
Für Konflikte sorgt Schiffling zufolge der Einsatz von Leiharbeiterinnen.
Die Zeitarbeitsfirma Avanti etwa hat nach eigenen Angaben zehn Hebammen im
Portfolio, die an Kliniken in Bremen arbeiten können. Demgegenüber stünden
80 Nachfragen nach Hebammen im ganzen Zuständigkeitsgebiet der
Niederlassung, also dem ganzen nördlichen und nordwestlichen Niedersachsen.
Die Firma wirbt mit luxuriösen Arbeitsbedingungen: übertarifliches Gehalt,
Dienstwagen zur Privatnutzung und freie Zeiteinteilung. „Das ist natürlich
total attraktiv“, sagt Schiffling. Wenn die Zeitarbeiterinnen aber
beispielsweise keine Nacht- und Wochenendschichten übernehmen würden,
bliebe dies an den angestellten Kolleginnen hängen.
## Unzufriedenheit und Überforderung
Letztendlich seien die Arbeitsbedingungen genau die Stellschraube, an der
die Kliniken drehen müssten, findet Schiffling. „Der Senat hat in kurzer
Zeit viel geschafft, zum Beispiel die Ausbildungsplätze erhöht“, sagt sie.
Wenn die Kliniken wollten, dass die frisch ausgebildeten Hebammen in die
klinische Geburtshilfe gehen, dann müssten sie ihnen etwas bieten.
„Hebammen müssen in Bremen mehrere Geburten gleichzeitig betreuen, das
führt zu Unzufriedenheit und Überforderung“, sagt Schiffling.
Sowohl das Joseph-Stift als auch die städtischen Kliniken haben
medizinisches Hilfspersonal eingestellt, die sich etwa um Organisatorisches
und Reinigung der Kreißsäle kümmern.
25 Jan 2019
## AUTOREN
Eiken Bruhn
## TAGS
Hebammen
Bremen
Geburtshilfe
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