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# taz.de -- Sexuelle Gewalt in der Ukraine: Zum Sex braucht es ein klares Ja
> In der Ukraine tritt ein verschärftes Gesetz gegen sexuelle Gewalt in
> Kraft. Kritiker sehen dadurch die Institution der Familie massiv
> gefährdet.
Bild: Marsch von FeministInnen gegen sexuelle Gewalt am 8. März vergangenen Ja…
Kiew taz | In der Ukraine gilt seit dem 11. Januar ein neues Strafgesetz zu
sexueller Gewalt. Nun ist nicht nur Sex trotz eines Nein strafbare sexuelle
Gewalt. Das neue Gesetz verlangt klar zum Ausdruck gebrachte
Einvernehmlichkeit.
Damit gehört die Ukraine zu einem Kreis von elf europäischen Ländern, in
denen per Gesetz eine Einvernehmlichkeit bei Sex vorausgesetzt wird. Bisher
galt in der Ukraine als Kriterium für eine Vergewaltigung Gewaltanwendung,
die Drohung von Gewaltanwendung oder das Ausnutzen von Hilflosigkeit.
Sexuelle Gewalt in der Ehe oder gegenüber einem Ex-Partner wird nach dem
neuen Gesetz als verschärfender Umstand gewertet.
Mit dem neuen Gesetz, so der ukrainische TV-Kanal TSN, können sogar
Ehegatten für nicht einvernehmlichen Sex in der Ehe hinter Gittern landen.
Häusliche Gewalt kann nach dem neuen Gesetz mit bis zu fünf Jahren Haft
bestraft werden.
Das Internetportal strana.ua bezeichnet die Normen des neuen Gesetzes als
„skandalös“. Ein Ehemann könne für Sex mit seiner Frau bis zu zehn Jahre
eingesperrt werden. Das Gesetz sei ein Schlag gegen die Einrichtung der
Familie, so das Internetportal weiter. Natürlich komme es vor, so
strana.ua, dass ein Mann immer wieder von seiner Frau die Erfüllung der
„ehelichen Pflichten“ einfordere.
## Infoblatt veröffentlicht
Doch üblicherweise verlasse eine Frau ihren Mann, wenn sie sein Verlangen
für nicht akzeptabel halte. Letztendlich halte das neue Gesetz Männer von
einer Eheschließung ab, wären doch bei einer unverbindlichen Beziehung die
Strafen bei einem Vergewaltigungsvorwurf weniger streng, so strana.ua.
Inzwischen veröffentlichte das ukrainische Justizministerium ein Infoblatt,
auf dem es die Inhalte des Gesetzes einer breiten Öffentlichkeit erklärt.
Darin räumt es mit der Vorstellung auf, eine Vergewaltigung liege nur dann
vor, wenn der Geschlechtsakt vollzogen worden sei. Und es macht deutlich,
dass Vergewaltigung auch in der Ehe ein schweres Verbrechen ist.
Die Kriminologin Ganna Maljar kritisiert die Kritiker des Gesetzes. Bisher
habe sie nur von Männern Kritik an der Gesetzesverschärfung gehört. Es sei
eine Tatsache, dass in der ukrainischen Gesellschaft immer noch die
stereotype Vorstellung von der Erfüllung der sogenannten ehelichen
Pflichten der Frauen vorherrsche.
Besonders in kleineren Ortschaften sei auch unter Frauen die Vorstellung
verbreitet, eine verheiratete Frau müsse immer bereit sein, die sexuellen
Wünsche ihres Mannes zu befriedigen.
## Viel höhere Dunkelziffer
Die jüngsten Änderungen im Strafrecht zu sexuellen Verbrechen machten
Schluss mit derartigen stereotypen Vorstellungen, zitiert die ukrainische
Nachrichtenagentur Unian die Kriminologin. 2018 wurden nach Angaben der
Zeitung Kyiv Post in der Ukraine bei einer Bevölkerung von 42 Millionen
2.000 Vergewaltigungen angezeigt.
Doch die Dunkelziffer dürfte ein Vielfaches über dieser Zahl liegen. Der
Menschenrechtler Vladislav Vlasjuk geht in der Ukrainska Pravda davon aus,
dass jede vierte Ukrainerin bereits einmal sexuelle Gewalt erlitten hat.
14 Jan 2019
## AUTOREN
Bernhard Clasen
## TAGS
Ukraine
Sexuelle Gewalt
Gesetz
Ukraine
Sexismus
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