# taz.de -- WLAN in Flüchtlingsunterkünften: Hannover bremst Freifunk aus | |
> Die Initiative Freifunk möchte Flüchtlingsunterkünfte in Hannover | |
> ehrenamtlich mit WLAN ausstatten. Die Stadt beharrt auf kommerzielle | |
> Anbieter. | |
Bild: Geht doch: Ein WLAN-Router der Initiative Freifunk am Kröpcke in Hannover | |
HANNOVER taz | Fünf, sechs, sieben Sprachen schallen gleichzeitig durch den | |
Gemeinschaftsraum in der Flüchtlingsunterkunft Siloah in Hannover. „Wenn | |
man Hausaufgaben für den Sprachunterricht machen muss, kann man sich da | |
nicht konzentrieren“, sagt Hassan Abdulmaula, der früher selbst in der | |
Unterkunft gelebt hat und sich heute für die hier lebenden Geflüchteten | |
engagiert. | |
Das Problem: In vielen der Zimmer an den langen Fluren des ehemaligen | |
Krankenhauses reicht das WLAN nicht. Wer lernen will und dafür das Internet | |
braucht, der muss mit dem Alltagslärm in den Gemeinschaftsräumen | |
zurechtkommen. | |
Die Stadt arbeitet mit kommerziellen Telekommunikationsanbietern zusammen, | |
damit es in den Flüchtlingsunterkünften in Hannover WLAN gibt – auf den | |
Gemeinschaftsflächen, nicht in den Zimmern. „Diese Entscheidung wurde | |
umgesetzt“, sagt eine Sprecherin der Stadtverwaltung. Die Initiative | |
Freifunk in Hannover (siehe Kasten) kritisiert jedoch, dass das Internet in | |
den Unterkünften zu schlecht sei. „Ein Hotspot reicht nicht für ein | |
Gebäude, in dem über hundert Leute leben“, sagt Bernd Schittenhelm, der | |
sich bei Freifunk engagiert. | |
Teilnehmer*innen von Freifunk seien schon in Flüchtlingsunterkünfte | |
gekommen, in denen die WLAN-Router im Keller oder sogar in Metallschränken | |
standen. Dann könne trotz Hotspot niemand ins Internet, sagt Schittenhelm. | |
„Wenn wir nicht zum Teil selber aktiv werden würden, würde die Stadt | |
Internet bezahlen, ohne dass die Flüchtlinge Internet bekommen“, ergänzt | |
Carsten Wiemann, der ebenfalls bei Freifunk aktiv ist. Die Stadt sei jedoch | |
„absolut unwillig, mit uns zusammenzuarbeiten“. | |
Die Freifunker haben mittlerweile in acht Unterkünften selbst Router | |
aufgestellt. „Wir versuchen, das Signal bis in die Zimmer zu bringen“, sagt | |
Schittenhelm. Doch oftmals kämen sie nicht an den bestehenden | |
Internetanschluss heran, um die Freifunkrouter anzuschließen. Die Stadt sei | |
da keine Hilfe. Teilweise teilen Nachbar*innen ihren Internetanschluss mit | |
den Geflüchteten. „Das ist für uns aber enorm zeitraubend und das können | |
wir nicht leisten“, sagt der Informatiker. | |
Die Stadt Hannover „begrüßt ausdrücklich freiwillige Initiativen“, die d… | |
flächendeckenden, offenen WLAN-Ausbau in Eigenleistung betrieben, lobt | |
Stadtsprecherin Michaela Steigerwald. Es sei dennoch „nicht erforderlich“, | |
dass die Stadt in den Unterkünften mit Freifunk zusammenarbeite. Wenn die | |
niedersächsische Landeshauptstadt einen solchen Hotspot anbiete, „benötigt | |
sie solvente Partner mit Serviceversprechen und einer entsprechenden | |
Supportinfrastruktur“. Die Stadt arbeitet also lieber mit einem Unternehmen | |
zusammen als mit Ehrenamtlichen. | |
## Freifunk-Förderung durch das Land | |
„Das ist ein echtes Dilemma für uns“, sagt Wiemann von Freifunk. Denn das | |
Land Niedersachsen unterstützt die Initiative. Erst im November hat | |
Wirtschaftsminister Bernd Althusmann (CDU) bekannt gegeben, dass er die | |
„wichtigen und geschätzten Partner“ erneut mit 100.000 Euro unterstützt. | |
„Wesentlicher Bestandteil der Strategie zur WLAN-Erschließung des Landes | |
ist die Förderung der Freifunkinitiativen“, sagte Althusmann. | |
Die Freifunker aus Hannover, die auch schon für WLAN in einem Frauenhaus | |
gesorgt haben, bekamen durch die Förderung neue Router. Die können sie aber | |
in den Unterkünften nicht aufbauen, weil die Stadt ihnen keinen | |
Internetanschluss zur Verfügung stellt. „Wir sind darauf angewiesen, dass | |
wir irgendwo einen Stecker haben, wo Internet rauskommt“, sagt | |
Schittenhelm. Eine einfache DSL-Leitung für 35 Euro im Monat reiche. „Am | |
Geld kann es nicht liegen. Das ist der reine Wille.“ | |
## Andere Gemeinden lassen Freifunk machen | |
Kai Weber vom niedersächsischen Flüchtlingsrat findet es für Geflüchtete in | |
Deutschland von „kaum zu überschätzender Wichtigkeit“, dass sie Zugang zu | |
schnellem Internet haben. „Sie können sich in ihrer neuen Heimat mit | |
Online-Zugang besser orientieren“, sagt er. Zudem könnten sie via Skype | |
ihre Familien sehen. Aber auch dafür sind Gemeinschaftsräume nicht | |
unbedingt der geeignete Ort. | |
In anderen niedersächsischen Gemeinden läuft die Zusammenarbeit: Die | |
Kleinstadt Pattensen im Speckgürtel von Hannover hat gemeinsam mit der | |
Initiative in einer Flüchtlingsunterkunft WLAN eingerichtet und setzt auch | |
in den öffentlichen Gebäuden der Stadt auf das freie Internet für die | |
Bürger*innen. Man habe „durchweg gute“ Erfahrungen damit gemacht, sagt | |
Andrea Steding von der Stadtverwaltung. Die Stadt wirbt auch [1][auf ihrer | |
Internetseite] für die Nutzung von Freifunk in Pattensen. | |
Zumindest das wünscht sich Schittenhelm auch von der Stadt Hannover. „Viele | |
Leute kennen Freifunk noch gar nicht“, sagt er. Eine Information auf der | |
offiziellen Seite der Stadt wäre eine große Unterstützung. | |
21 Jan 2019 | |
## LINKS | |
[1] https://www.pattensen.de/Kultur-Freizeit/freies-WLAN-mit-Freifunk | |
## AUTOREN | |
Andrea Maestro | |
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