# taz.de -- Arbeitsuche auf der Straße: Regierung will Tagelöhner abschaffen | |
> Ein Gesetzentwurf soll das Anbieten eigener Arbeitskraft im öffentlichen | |
> Raum verbieten. AktivistInnen und der DGB lehnen die Pläne ab. | |
Bild: Warten auf einen Tagesjob in Berlin | |
Berlin taz | Die Bundesregierung will das Anbieten der eigenen Arbeitskraft | |
auf der Straße erschweren. Einen entsprechenden Gesetzentwurf hat das | |
Finanzministeriums vorgelegt. Demnach soll es künftig verboten sein, die | |
„Arbeitskraft als Tagelöhner im öffentlichen Raum aus einer Gruppe heraus | |
anzubieten“, wenn Schwarzarbeit oder illegale Beschäftigung so erleichtert | |
werden können. | |
Die Finanzkontrolle Schwarzarbeit (FKS) – eine Einheit des Zolls – soll | |
Verstöße künftig mit Platzverweis und Bußgeld bis zu 5.000 Euro ahnden | |
können. Die FKS soll so die sogenannten Tagelöhnerbörsen auflösen und „die | |
Arbeitsuchenden in eine legale Beschäftigung […] bringen“, heißt es in der | |
Gesetzesbegründung. Das Ausbeutungsrisiko für Arbeitsuchende sei bei dieser | |
Form der Tagelöhnerei besonders hoch. | |
Der Koordinierungskreis gegen Menschenhandel (KOK) bezweifelt, dass die | |
neue Bestimmung für die Betroffenen hilfreich ist, und lehnt die | |
Gesetzesänderung ab. Zwar gebe es auf den Tagelöhnerbörsen in vielen | |
Großstädten Ausbeutung und auch Zwangsarbeit. Doch Personen, die sich so | |
Arbeitsmöglichkeiten suchen müssen, hätten „häufig keine anderen | |
Möglichkeiten, ihren Unterhalt zu sichern“, heißt es in einer Stellungnahme | |
des KOK: „Ohne den dort Arbeitsuchenden andere Erwerbsmöglichkeiten oder | |
anderweitige Unterstützung anzubieten, ist eine schlichte Verlagerung des | |
Problems zu befürchten.“ | |
Auch der DGB sieht den Vorstoß kritisch. „Mit dem Verbot wird die | |
Verantwortung für eine illegale Beschäftigung den betroffenen | |
Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern zugeschoben, statt durch Kontrollen | |
diejenigen zu belangen, die Menschen illegal beschäftigen oder sogar | |
ausbeuten“, sagt Vorstandsmitglied Annelie Buntenbach der taz. Die | |
Abhängigkeit beim Zustandekommen illegaler Beschäftigung werde „verdreht“. | |
Die Reformpläne richten sich faktisch vor allem gegen arme | |
EU-AusländerInnen aus Osteuropa. Denn auch der Anspruch von | |
EU-AusländerInnen auf Kindergeld soll nach dem Willen des | |
Finanzministeriums künftig stark eingeschränkt werden, wenn diese keiner | |
Erwerbstätigkeit nachgehen. „Im Bereich des Kindergeldes hat seit mehreren | |
Jahren die missbräuchliche Beantragung in organisierter Form zugenommen“, | |
heißt es in der Gesetzesbegründung. | |
Dieser Anspruch war erst Ende 2016 nach einem Urteil des | |
Bundessozialgerichts eingeführt worden. Die Pläne des Finanzministeriums | |
seien gleichbedeutend mit einer „Kriminalisierung von Armut“, sagt Claudius | |
Voigt von der Gesellschaft zur Unterstützung Asylsuchender in Münster. | |
8 Jan 2019 | |
## AUTOREN | |
Christian Jakob | |
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