| # taz.de -- Die Wahrheit: Affen- und Eisdiebe | |
| > Neues aus Neuseeland: Es gibt Missetetaten und Verbrechen, die womöglich | |
| > so nur in Aotearoa begangen werden. | |
| Die Erde ist rund, daher ist es bei uns Südhalbkugelsommer. Alle sind noch | |
| in den großen Ferien. Bevor die Hitze und das Campingplatzbier auf der | |
| Luftmatratze endgültig die Sinne vernebeln, ein schneller Rückblick auf die | |
| herausragenden Verbrechen und Fehltritte aus dem letzten Jahr. In dieser | |
| Fülle beschwören sie die Frage herauf: Führt ein eingeschränkter Genpool | |
| aufgrund geografischer Isolation unweigerlich zu solchen Taten? | |
| Es begann animalisch. Im Mai hatte der Kleinkriminelle John Casford einen | |
| romantischen Anflug: Er wollte seiner Freundin ein Totenkopfäffchen als | |
| Haustier schenken. Deshalb brach er nachts in den Zoo in Wellington ein. | |
| Casford schaffte es durch die Sicherheitsschleuse und knackte zwei | |
| Vorhängeschlösser. Dann war er endlich im Primatengehege. Welches Drama | |
| sich dort abspielte, ist jedoch nach wie vor unklar. | |
| Als der Morgen anbrach und die Wärter eintrafen, waren alle Affen außer | |
| sich und zwei verletzt – aber Casford war das größte Opfer. Er hatte ein | |
| gebrochenes Bein, herausgebrochene Zähne und Prellungen auf dem Rücken. Da | |
| er bereits seit Monaten wegen weniger spektakulärer Straftaten gesucht | |
| wurde, verknackte man ihn zu zwei Jahren und sieben Monaten Gefängnis. „Ich | |
| weiß nicht, was im Gehege passiert ist“, sagte der Richter. „Das wissen nur | |
| Sie und die Affen.“ Die Tiere, so viel weiß man, waren wochenlang | |
| traumatisiert. | |
| Weniger dramatisch, aber umso mysteriöser war dagegen der Eisraub im | |
| August. Ein Mann betrat eine Z-Energy-Tankstelle und füllte seine Tasche | |
| aus der Kühltruhe mit 96 Eissorten: 41 Frujus, 12 Jelly Tips, 25 Choc Bars | |
| und 18 weitere Eis am Stiel. Mitten im tiefsten Winter – und ebenfalls in | |
| Wellington. Ein 66-jähriger Mann wurde später verhaftet und kam vor | |
| Gericht. Doch als dort die Videoaufzeichnungen vorgespielt wurden, kam er | |
| frei: Der war’s nicht. Ende offen. | |
| Offen ist auch noch das Gerichtsurteil für Hunter MacDonald, der das | |
| spektakulärste Verbrechen des letzten Jahres in der Kunstszene Neuseelands | |
| zu verantworten hat. Und wieder war der Tatort in der Hauptstadt. Nicht | |
| Tanke, nicht Zoo, sondern am Wasser. Dem 29-Jährigen war langweilig | |
| gewesen. Er wollte angeben – oder sich fit halten. Daher kletterte er an | |
| einer wasserspritzenden Skulptur hoch, die nur aus einer langen Stange | |
| besteht – dem berühmten „Water Whirler“ des 1980 verstorbenen Bildhauers | |
| Len Lye. | |
| Als MacDonald fast am Ende war und zappelte, brach die Fontäne. Der | |
| Kunstwerk-Artist stürzte ins Wasser, die schwere Stange auf ihn drauf. | |
| Blutend zog er sich ans Ufer. 300.000 Dollar hatte die Skulptur gekostet, | |
| die erst kurz zuvor im Erdbeben beschädigt und repariert worden war. „Ich | |
| wollte nur meine neueste Gymnastik vorführen“, verteidigte sich MacDonald | |
| später. „Und da war kein Schild, dass man nicht hochklettern darf.“ Frohes | |
| neues Jahr allen Opfern und Tätern: keine Schilder, keine Affen, kein Eis! | |
| 10 Jan 2019 | |
| ## AUTOREN | |
| Anke Richter | |
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