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# taz.de -- Weihnachtsgeschenke für Kinder: Kokosnuss-Katapult in den Norden
> Bücher über Räuber, ein Hörspiel, der Sprachkurs für Plattdeutsch und ein
> toller Baukasten: Das könnte Kinder an Weihnachten interessieren.
Bild: Illustration aus „Karl und Knäcke lernen Räubern“ von Kirsten Reinh…
Mit dem einen, was man will, und dem anderen, was man kann, ist es eine
Krux. Und dann heißt es auch noch, dass, wenn man etwas wirklich will, man
es auch kann. Irgendwann. Gut, dass sich beim hartnäckigen Probieren
manchmal fast nebenher herauskristallisiert, was man wirklich kann.
Talentfindung auf Umwegen, sozusagen. So geht es den schnurpsigen Helden in
Kirsten Reinhardts neuem Buch „Karl & Knäcke lernen Räubern“.
Die beiden sind der Meinung, die „wildesten Räuber der ganzen Stadt“ zu
sein. Das Problem ist nur: Sie haben noch nie etwas „geräubert“. Immer
kommt ihnen etwas dazwischen: Tee trinken oder Räubermaske stopfen zum
Beispiel. Aber dann machen sie ernst. Brechen in sechs aufeinanderfolgenden
Nächten in unterschiedlichste Behausungen ein, skandieren: „Traute,
Schneid, Courage, Mut – wilde Räuber, Spucke, Blut!“
Doch dabei bleibt es. Statt etwas mitgehen zu lassen, vergnügen sie sich
mit den dort angetroffenen Turngeräten, Musikinstrumenten, Comics,
präparierten Tieren. Und bereiten sich aus den vorgefundenen Lebensmitteln
leckere Mahlzeiten zu. Und verduften wieder. Der Tochter des Bankdirektors
kochen sie etwas und bringen sie zu Bett. In der siebten Nacht kommt der
Katzenjammer, als sie feststellen, dass sie wohl gar nicht wirkliche Räuber
sind. Aus Verzweiflung stellen sie sich in ihre eigene Küche und kochen
eine ziemlich üppige „kleine Zwischenmahlzeit“, „und plötzlich wussten …
& Knäcke, was sie waren.“
Die Welt ist ja auch nicht an einem Tag erschaffen worden. Wie in ihren
drei bereits erschienenen Kinderromanen auch, erschafft die in Berlin
lebende ehemalige taz-Redakteurin Reinhardt in ihrem ersten Bilderbuch mit
wenigen Sätzen eine fantastische Welt, in der sich geerdete Figuren
bewegen, die Humor haben, ohne es zu wissen, und deshalb so sympathisch
sind. Marie Geißlers charaktervolle Illustrationen im Ligne-Claire-Stil
nehmen jedes noch so kleine Detail der Geschichte auf, erzählen sie sogar
noch weiter.
## Fehlende Zauberkünste
Das Wollen und das Sein spielt auch im Leben Pinocchios eine Rolle. Würde
der Junge aus Holz doch gern ein „normaler“ Junge aus Fleisch und Blut
sein. Doch was ist schon normal? In Thilo Refferts Hörspiel „Pinocchio.
Nach den Geschichten von Carlo Collodi“ wird diese Zuschreibung zur
nebensächlichen Ansichtssache, vielmehr geht es darum, dass man glücklich
ist, so wie man ist. Reffert dampft Collodis fast 200 Jahre alte, immer
noch lebendige Geschichten auf das Wesentliche ein, verknüpft sie
miteinander. Die gute Fee Franka (herrlich verspult: Mandy Rudski)
verzweifelt fast an ihren vermeintlich fehlenden Zauberkünsten und macht
letztendlich doch alle glücklich, die ausgebufften Schurken Fuchs und Kater
(betörend gemein: Matthias Walter und Markus Mayer) und die
durchtrieben-eitlen Zirkusleute Lucignolo und Mangiafuoco kommen gegen
Pinocchios entwaffnende Ehrlichkeit nicht an.
Der Wal (larmoyant-desillusioniert: Regisseur Götz Naleppa) kann Gepetto
(abgeklärt und weise: Ulrich Noethen) nicht verdauen und spuckt den alten
Puppenschnitzer samt eben verschlucktem Pinocchio wieder aus. Leo Knizka
gibt der Holzfigur unbändige Lebensfreude mit auf den Weg und kostet, wie
alle anderen Sprecher*innen auch, den anarchischen Witz von Refferts
Hörspielfassung genüsslich aus. Der ewig junge Jens Wawreczeck hält die
Geschichten als erzählender Holzwurm lässig zusammen, und wenn man nicht
gerade schallend lacht, genießt man die Klänge und Lieder, mit denen
Frieder Butzmann das Hörspiel in jeder Szene treffend untermalt.
Wieder andere sind mit dem Findungsprozess schon durch: „Wi sünd ut Hamborg
und nich ut Zucker“ heißt ein Lied auf „Plattkinner. Neue plattdeutsche
Songs für Hamburg und den Norden“, die die in Hamburg lebenden Wiebke
Colmorgen und Hardy Kayser getextet und komponiert haben. Colmorgen singt
die Songs mit viel Schmelz – Knut Kiesewetter lässt grüßen –, Unterstüt…
bekommt sie von mehreren Kindern. Die Texte befassen sich mit norddeutschen
Befindlichkeiten (schlechtes Wetter), Essen (Birnen, Bohnen und Speck) oder
sprachlichen Finessen (Ohauerha).
## In Maschen an der Autobahn
Musikalisch reicht das Spektrum von swingendem Coffeehouse Folk („Hey,
Makkaroni“, „Hein Daddel“) über Americana-Pop („Ohauerha“), bei „K…
Kleckerklümp“ haben sich Truckstop und Nils Koppruch in Maschen, ganz nah
bei der Autobahn getroffen. Die Halbstarken Alleskönner-Fantasien, die
selbstbewusste Kinder in „Kiek mal“ äußern, sind mit lässigem Bluesrock
überzogen. Im mit wunderbar eierköpfigen Figuren von Tanja Esch
illustrierten Liederbuch sind über den Noten die Gitarrengriffe notiert,
alle Texte sind auch auf Hochdeutsch abgedruckt, falls es beim Verständnis
doch mal hakt.
Das ist allerdings kaum anzunehmen, wer ein wenig Englisch kann und dazu
Fantasie hat, wird diese wunderbare Sprache, für deren Erhalt sich
Colmorgen auch im Radio einsetzt, in vollen Zügen genießen. Hört sich „Du
Döspaddel“ doch freundlicher an als du „Du Volltrottel“. Colmorgen erkl�…
auch Begriffe wie „Fixer Dutt“ oder „Mann in de Tünn“. Das Schmettern …
Songs im Alleingang ist ebenfalls möglich, nach den Liedern mit Gesang sind
alle Stücke auch noch als Instrumentalversionen zu hören.
Physik ganz interessant zu finden, einfach weil sie den Alltag bestimmt,
sich aber mit den physikalischen Prozessen genauer zu befassen, sind auch
zwei verschiedene Dinge. Und genderneutrale Erziehung hin oder her, Jungs
und Mädchen gehen das Thema unterschiedlich an. Trotzdem war die Skepsis
gegenüber dem Physik-Experimentierkasten „Pepper Mint und das
Baumhaus-Abenteuer“ da, will er doch explizit Mädchen für die Wunder der
Physik begeistern. Aber siehe da: Es hat funktioniert, die einzelnen
Experimente wurden mit Akribie und weitergehendem Interesse durchgeführt.
## Verdruss beim Basteln
Zunächst also das Baumhaus zusammengesteckt, im Begleitheft sind die
Experimente Schritt für Schritt erläutert, bei einer Achtjährigen sind
wahrscheinlich Hilfestellungen nötig, ältere finden sich allein zurecht.
Die Reihenfolge der Experimente wird bestimmt durch die Rahmengeschichte um
Pepper Mint, die ihre Tante im Dschungel besucht und sich auf dem Baumhaus
zurechtfinden muss. Nach der Installation einer Sprossenleiter bauen wir
einen Flaschenzug, ein drehbares Regendach, für den Affenaufzug werden
Zahnräder ineinander gesteckt. Am Ende wird der stattgefundene
physikalische Vorgang erklärt, manchmal leider etwas kurz und für Jüngere
unverständlich. Die Seilbahn ist sehr wackelig, das Experiment flutscht
nicht, das führt zu Verdruss.
Der Bau einer Falltür klappt dafür wieder einwandfrei und das
Kokosnuss-Katapult ist auch abseits des Baumhauses prima einzusetzen. Als
die LED-Lämpchen der selbstgebauten Lichterkette aufleuchten, leuchten
unsere Augen auch. Fazit: Die Rahmengeschichte triggert die
Experimentierfreude bei weniger physikaffinen Kindern an – ganz gleich, ob
Junge oder Mädchen.
11 Dec 2018
## AUTOREN
Sylvia Prahl
## TAGS
Kinderbücher
Plattdeutsch
Montreal
Schwerpunkt Frankfurter Buchmesse 2024
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