# taz.de -- Vorwürfe gegen UN-Umweltchef: Vielflieger Solheim tritt zurück | |
> Zu viele Flugmeilen, zu hohe Hotelrechnungen: Erik Solheim gibt sich | |
> unschuldig, seinen Job ist er dennoch los. | |
Bild: Gar nicht so grün: Nicht-mehr-Chef der UN-Umweltbehörde, Erik Solheim | |
STOCKHOLM taz | „Ich gehe ohne Bitterkeit“, erklärte Erik Solheim am | |
Dienstagabend in einem Interview mit dem norwegischen Fernsehen. Am Samstag | |
hatte der Chef des UN-Umweltprogramms Unep einen Revisionsbericht auf den | |
Tisch bekommen, in dem er wegen seiner vielen Reisen kritisiert wird. Drei | |
Tage später reichte der 63-Jährige sein Rücktrittsgesuch ein, das von | |
UN-Generalsekretär António Guterres umgehend akzeptiert wurde. | |
Erste Einzelheiten aus dem internen Prüfbericht hatte die Osloer | |
Tageszeitung Aftenposten schon im September veröffentlicht. Darin war | |
bemängelt worden, dass Solheim in den ersten 22 Monaten seiner Amtszeit nur | |
21 Prozent seiner Arbeitszeit in Nairobi, dem Sitz des Hauptquartiers | |
dieser Organisation, anwesend gewesen sei. Die Reise- und Hotelkosten für | |
seine häufigen Reisen hätten sich in diesem Zeitraum auf fast eine halbe | |
Million Dollar belaufen. | |
Bei der Planung dieser Reisen sei nicht genügend Rücksicht auf die Umwelt | |
genommen worden, was den Ruf einer Organisation gefährden könne, für die | |
der Kampf gegen die Klimaänderung ein Schwerpunkt sei. Schon auf diesen | |
vorläufigen Bericht hin hatten Schweden, Dänemark und die Niederlande Teile | |
ihrer Unep-Zahlungen eingefroren. Andere Länder hatten dies angekündigt. | |
Ambitiös, unorthodox, etwas zu selbstverliebt und nicht gerade ein | |
Teamplayer waren Etikette, die Solheim zeit seiner politischen Karriere in | |
Norwegen anhafteten. Als 22-Jähriger hatte der Politik- und | |
Sozialwissenschaftler 1977 die Führung des Jugendverbands der | |
Sozialistischen Linkspartei übernommen. | |
## Abrechnung mit der eigenen Partei | |
Zehn Jahre später wurde er zum Parteivorsitzenden gewählt und brachte sie | |
auf einen Rechtskurs mit dem Ziel einer Regierungszusammenarbeit mit den | |
Sozialdemokraten. Die kam erstmals 2005 zustande, Solheim selbst war | |
zwischen 2007 und 2012 Entwicklungshilfe- und Umweltminister. | |
Dass er danach durch eine Postenrotation plötzlich und für ihn selbst ganz | |
unerwartet gezwungen wurde, seine Ministerämter zu räumen, verzieh er | |
seiner Partei nie. In einem Buch rechnete er ein Jahr später mit den | |
führenden GenossInnen ab und beschuldigte die Partei, ihre Umweltziele | |
verraten zu haben. | |
Nachdem er zunächst angedeutet hatte, sich den Sozialdemokraten anschließen | |
zu wollen, engagierte er sich bei der Parlamentswahl 2015 für die grüne | |
Miljøpartiet. Vor und nach seiner Ministerzeit arbeitete er als Diplomat | |
für das Außenministerium. | |
Ab Frühjahr 2000 vermittelte er im Regierungsauftrag bei den | |
Friedensverhandlungen zwischen der Regierung Sri Lankas und der tamilischen | |
LTTE-Guerilla. 2013 wurde er Vorsitzender des Ausschusses für | |
Entwicklungshilfe der OECD, bevor er im Juni 2016 das Amt des | |
Unep-Direktors übernahm. | |
Mit seiner Frau Gry, die er auf einer Sightseeingtour in München | |
kennengelernt hatte, hat Solheim vier Kinder und freut sich nach eigener | |
Aussage nun auf „einen langen Weihnachtsurlaub“. Und auf eine neue Arbeit: | |
„Die sicher etwas mit Umwelt und Klima zu tun haben wird.“ | |
21 Nov 2018 | |
## AUTOREN | |
Reinhard Wolff | |
## TAGS | |
Unep | |
Norwegen | |
Ökologie | |
Kigali | |
fossile Energien | |
## ARTIKEL ZUM THEMA | |
Flüge von Bundestagsabgeordneten: Der allzu bequeme Ablasshandel | |
9 Millionen Flugmeilen haben deutsche Abgeordnete zurückgelegt. Die durch | |
Geld für Umweltschutzprojekte zu kompensieren reicht nicht. | |
Neue Studie zur Ozonschicht: Das Loch im Himmel wird kleiner | |
Das Ozonloch schließt sich langsam, aber stetig – das zeigt ein UN-Bericht. | |
Ein Abkommen soll bei der endgültigen Erholung helfen. | |
Unep-Studie zur Erderwärmung: Die Menschheit hat noch zwölf Jahre | |
Laut UN ist die 2-Grad-Schwelle bald überschritten. Ab 2030 müssten die | |
Emissionen auf null sinken. Leider wäre das unrealistisch und teuer. |