# taz.de -- Unsere neuen Nachbarn: Die Stadt bleibt selbstgemacht | |
> Direkt neben dem neuen Haus der taz hat nun auch das letzte Gebäude des | |
> Kunst- und Kreativquartiers am ehemaligen Blumengroßmarkt eröffnet: Das | |
> Frizz23. | |
Bild: Diese Planung kann jetzt Realität werden | |
Nun hat also auch das letzte Gebäude im Kunst- und Kreativquartier am | |
ehemaligen Blumengroßmarkt in Kreuzberg seine Pforten geöffnet: das Frizz23 | |
– das womöglich sprödeste Haus mit seinen silbrig schwarzen Fassaden gleich | |
neben dem neuen Domizil der taz. | |
Architektin Britta Jürgens steht am Donnerstag hinterm Haus und erklärt, | |
wie es zur Fassade kam. Das verbrannte Holz: eine der ökologischsten | |
Methoden, Holz robuster zu machen. Dazu das nachtblaue Aluminium: Es | |
erinnert an die Sternwarte, die bis 1913 an diesem Ort zwischen | |
Friedrichstraße und Jüdischem Museum stand. „In dieser Sternwarte wurde der | |
Neptun entdeckt, der blaue Planet“, sagt Jürgens und strahlt. | |
Es ist genau das richtige Wetter für einen ersten Rundgang durchs Frizz23 | |
am Donnerstagvormittag: letzte neongelbe Blätter hier und da, ein sehr | |
bewegter Himmel. Der Charme des Hauses erschließt sich auch von drinnen | |
erst auf den zweiten Blick, dann aber schlagend. Geradezu ehrfürchtig | |
wirken die Gesichter der erschienenen Journalisten, als Konzertpianist | |
Pietro Massa in sein Studio bittet, in dem er auch wohnt: der Flügel, der | |
Sichtbeton, die großen Fenster, der weite, urbane Blick. Nebenan gibt es | |
aber auch sehr viel bescheidenere, funktionalere Kemenaten, in denen noch | |
die wenigsten ihrer Nutzer eingezogen sind. | |
Das Frizz23 ist die erste Gewerbebaugruppe Berlins. Es beherbergt neben | |
einem Hotel und einem Teil des Forums Berufsbildung, das nach wie vor | |
seinen Hauptsitz in der Charlottenstraße behält, insgesamt 46 | |
unterschiedlich große Ateliers, Studios und Büroräume. Schriftsteller, | |
Musiker, Redakteure, Werbeagenten und Werkstattbetreiber haben hier Räume | |
erworben – all jene Kreativen also, die zunehmend Probleme haben, sich | |
überhaupt noch in der Innenstadt zu halten. | |
## Wohnen im äußerst armen Kiez | |
Mehr als 80 Prozent der Käufer, so Jürgens, nutzen ihre Räume selbst. Diese | |
Leute werden – genauso wie wir Mitarbeiter der taz – den bislang äußerst | |
armen Bezirk, der lange als Sackgasse zwischen Mauer und sozialem | |
Brennpunkt Mehringplatz galt, einschneidend verändern. Doch geht es nach | |
Britta Jürgens, ihrem Mann Matthew Griffin und ihren Mitstreitenden, dann | |
wird diese Veränderung eher sachte und respektvoll vonstattengehen. Sie | |
engagieren sich schon lange dafür, dass diese Stadt „selbstgemacht“ bleiben | |
muss, wie sie sagen, und damit auch lebenswert. | |
Griffin saß mit dem heutigen Kreuzberger Bezirksstadtrat für | |
Stadtentwicklung, Florian Schmidt (Grüne), am Runden Tisch | |
Liegenschaftspolitik. Dieser konnte den Ausverkauf Berlins überhaupt erst | |
stoppen, indem er den Senat überzeugte, nicht mehr an den Höchstbietenden | |
zu verkaufen, sondern an den mit dem besten Konzept. Es wird interessant zu | |
sehen, wie sich der alte, abgehängte Kiez um die südliche Friedrichstraße | |
verändert. Und ob Gentrifizierung auch anders geht. | |
Am Ende der Presseführung jedenfalls gibt es im Frizz23 selbst gekochte | |
Möhrensuppe. | |
8 Nov 2018 | |
## AUTOREN | |
Susanne Messmer | |
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