# taz.de -- Gastkommentar Missachtete Sterbehilfe: Der Staat lässt Anna nicht … | |
> Wer Sterbehilfe verweigert, missachtet bewusst die geltende Rechtslage – | |
> kritisiert die FDP-Abgeordnete Katrin Helling-Plahr. | |
Bild: Der Staat verweigert Menschen ihre grundgesetzlich garantierte Menschenw�… | |
Der Staat schwingt sich zum Herren über das Lebensende seiner Bürger auf. | |
Es scheint, als habe das Bundesgesundheitsministerium in der Frage der | |
[1][Sterbehilfe] eigene Wert- und Moralvorstellungen entwickelt. | |
Wissentlich setzt sich das Gesundheitsministerium seit mehr als anderthalb | |
Jahren über ein [2][Urteil des Bundesverwaltungsgerichts] hinweg, das | |
unheilbar kranken Menschen erlaubt, ein tödlich wirkendes Medikament zu | |
kaufen. | |
Man denke sich folgenden Fall: Anna ist 39 Jahre alt und vor drei Jahren | |
wurde bei ihr Krebs diagnostiziert. Es handelt sich um eine bösartige | |
Variante, der Krankheitsverlauf ist rapide. Die Lebenserwartung ist auf | |
wenige Monate gesunken. Annas Dilemma: Entweder unter schlimmsten Schmerzen | |
dahinsiechen oder stark sediert den Tod abwarten, unfähig zu interagieren | |
und über den eigenen Körper zu bestimmen. | |
Gemeinsam mit ihrem Ehemann, den Eltern, Verwandten und Freunden hat Anna | |
schon zu Beginn der Krankheit die Möglichkeiten des Freitodes diskutiert. | |
Sie hat sorgfältig das Für und Wider abgewogen und ist nach Gesprächen mit | |
verschiedenen Ärzten zu dem Entschluss gekommen, ihr Leben selbstbestimmt | |
und bei klarem Bewusstsein zu beenden. Ihr soziales Umfeld unterstützt Sie | |
dabei und trägt den Entschluss mit. | |
Doch der Staat wird Anna nicht gehen lassen. Der Erwerb eines letal | |
wirkenden Medikaments zum Zwecke des Freitods ist in Deutschland praktisch | |
unmöglich. Erst kürzlich wurde das Bundesamt für Arzneimittel und | |
Medizinprodukte noch einmal angewiesen, das Urteil zu ignorieren und | |
entsprechende Anträge pauschal abzulehnen. Schon die Verschärfung der | |
Rechtslage im Jahr 2015 hätte uns Warnung genug sein müssen. Nunmehr aber | |
handelt die Exekutive in bewusster Missachtung der Rechtslage und | |
verweigert unzähligen Menschen am Lebensende ihre grundgesetzlich | |
garantierte Menschenwürde. Diese Hybris ist rechtlich wie ethisch | |
inakzeptabel und muss schnellstmöglich beendet werden. | |
20 Nov 2018 | |
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## AUTOREN | |
Katrin Helling-Plahr | |
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