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# taz.de -- Kritik an Polizeiuniformen: Schwitzen in Schurwolle
> Die bayrische Polizeigewerkschaft bemängelt die Qualität der neuen,
> blauen Uniformen. Bestellt wurden die über das Land Niedersachsen.
Bild: Sollen schnell verwaschen aussehen: blaue Hemden
HAMBURG taz | Irgendwo in Bayern: Ein Streifenpolizist regelt den Verkehr.
Er macht einen Ausfallschritt. Dann ist ein lautes Ratschen zu hören. Der
Hosenstoff an seinem Gesäß ist gerissen. „Da steht er bei der
Verkehrskontrolle quasi im Freien“, sagt der Landesvorsitzende der
[1][Deutschen Polizeigewerkschaft (DPolG)] in Bayern, Rainer Nachtigall.
„Für den Kollegen ist das nicht lustig“, sagt er. Die DPolG kritisiert die
neuen Polizeiuniformen in Bayern. Warum das in der taz.nord steht? [2][Der
Freistaat] hat sie in länderübergreifender Zusammenarbeit über das
verwaltungsinterne Logistik Zentrum in Niedersachsen bestellt.
Nachtigalls Liste der Mängel ist lang: Die hübschen neuen dunkelblauen
Hemden – auch Bayern hüllt seine Polizisten nun nicht mehr in
moosgrün-beige – sahen schnell verwaschen und „unansehnlich“ aus. Nähte
lösten sich. Und in den heißen Sommermonaten hätten die Beamten vor allem
unter dem hohen Schurwolleanteil in den Hosen gelitten. „Es gab von
Kolleginnen und Kollegen viele Klagen über die Qualität“, sagt Nachtigall.
Zudem sei die Zusammenarbeit mit dem Logistik Zentrum Niedersachsen
schwierig gewesen.
Bayern hat für 27.500 Polizisten und 5.600 Justizvollzugsbeamte neue
Uniformen bestellt. Die Beamten ordern ihre Größen über ein Onlineportal.
Es seien viele Retouren nötig gewesen, weil die Teile in den falschen
Größen verschickt worden seien, so Nachtigall. Die DPolG fordert ein
eigenes Logistikzentrum, das in Bayern dem Innenministerium untergeordnet
ist, damit man besser auf Qualitäts- und Lieferprobleme reagieren könne.
Das niedersächsische Innenministerium kann die Kritik der Gewerkschaft
nicht nachvollziehen. Vom bayerischen Innenministerium habe es „keine
Kritik und auch keine Regressforderungen“ gegeben, sagt Pressesprecher
Bastian Lückfeldt. Zunächst berichtete die Hannoversche Allgemeine Zeitung
darüber. Das Logistikzentrum habe 1,36 Millionen Uniformteile an Bayern
ausgeliefert. „Die Zahl der Reklamationen, die sich auf Mängel an der
Uniform beziehen, belaufen sich dabei auf 1.564.“ Das wären nur etwa 0,1
Prozent. Ein Wert, der laut dem Innenministerium keinen Anlass zur Sorge
gebe. „Das Logistikzentrum hat keinen einzigen Artikel ausgeliefert, der
nicht der von Bayern vorgegebenen Qualität entsprochen hat“, sagt
Lückfeldt.
Die insgesamt 24 verschiedenen Uniformteile, darunter Hüte, Hemden und
Hosen, werden nicht in Niedersachsen genäht. Das Logistikzentrum arbeitet
mit 20 Lieferanten zusammen. Die Teile werden in zehn verschiedenen Ländern
in Europa, Asien und Afrika genäht. Genauere Angaben konnte das
Innenministerium dazu gestern nicht machen.
Das niedersächsische Zentrum liefert auch Uniformen an Schleswig-Holstein
oder Hamburg. Dass sich Bundesländer bei der Beschaffung zusammentun, ist
nicht ungewöhnlich. Niedersachsen macht selbst keine Gewinne, wenn es etwa
für Bayern mit den Lieferanten verhandelt. Das Logistikzentrum funktioniert
wie ein verwaltungsinterner Webshop. „Der Mehrwert der Kooperation ergibt
sich daraus, dass gebündelte Einkaufsmengen ein höheres Interesse bei den
verschiedenen Herstellern auf dem weltweit agierenden Bekleidungsmarkt
wecken“, sagt Lückfeldt. So könnten bessere Preise erzielt werden.
Selbst wenn es an den bayerischen Uniformen, die pro Stück rund 1.000 Euro
kosten, Mängel geben sollte, wären hiervon die Polizisten im Norden nicht
betroffen. Die tragen eine andere Uniformlinie.
## Kein Anlass zur Beschwerde
Aber auch das bayerische Innenministerium kann die Kritik der Gewerkschaft
nicht recht nachvollziehen: „Unsere neue Polizeiuniform ist erheblich
besser als die alte Uniform“, sagt Ministeriumssprecher Michael Siefener.
So sehe das auch die große Mehrheit der Polizisten in Bayern. „Für eine
Beschwerde gab es bislang keinen Anlass.“
Die Bayerische Bereitschaftspolizei habe im August eine Servicestelle
eingerichtet. Dort könnten sich Polizisten melden, wenn sie Beschwerden
oder Verbesserungsvorschläge für die Dienstkleidung hätten. Bislang seien
dort 287 E-Mails eingegangen. Bei 27.500 Polizisten, die neue Uniformen
bekommen haben, sei diese Zahl jedoch „weder ungewöhnlich, noch
besorgniserregend“, sagt Siefener.
Die Rückmeldungen würden ausgewertet, um die Dienstkleidung
weiterzuentwickeln. Niedersachsen sei für die Zusammenarbeit ausgewählt
worden, weil das dortige Logistikzentrum „kostendeckend und ohne
Gewinnerzielungsabsicht“ arbeite. „Damit konnte der Betrieb nicht nur durch
Erfahrung und Zuverlässigkeit, sondern auch durch den wirtschaftlichen
Aspekt überzeugen“, sagt Siefener. Die Zusammenarbeit mit dem
Logistikzentrum läuft noch bis Ende 2021. „Wie es danach weiter geht, ist
noch nicht entschieden.“ Ausgeschlossen ist ein eigenes bayerisches
Logistikzentrum damit nicht.
Nachtigall von der DPolG sieht darin die beste Möglichkeit, um die Qualität
zu verbessern. Den Einschätzungen des Ministeriums mag er nicht glauben.
„Das empfinden die Kolleginnen und Kollegen anders“, sagt er. Es sei das
eine, mit einer Polizeiuniform am Schreibtisch zu sitzen, aber eine ganz
andere Belastung für das Material, wenn Streifenpolizisten damit draußen im
Einsatz seien. „Ich würde da mehr denjenigen vertrauen, die im
Schichtdienst arbeiten.“
5 Nov 2018
## LINKS
[1] https://www.dpolg-bayern.de/themen/uniform.html
[2] https://www.stmi.bayern.de/med/pressemitteilungen/pressearchiv/2018/313b/in…
## AUTOREN
Andrea Maestro
## TAGS
Uniform
Freistaat Bayern
Polizei
Niedersachsen
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