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# taz.de -- Die Woche: Wie geht es uns, Herr Küppersbusch?
> In Brasilien wird wohl ein zweiter Trump Präsident. Ist denn alles
> schlecht? Immerhin mischt der Bundestag sich in die Politik ein.
Bild: Hans-Georg, du musst jetzt aber… nee, doch nicht. Während alles schwan…
taz: Herr Küppersbusch, was war schlecht in der vergangenen Woche?
Friedrich Küppersbusch: Vor dem Bundesliga-Radio bin ich entspannt, vor der
Wahlsondersendung nervös.
Und was wird besser in dieser?
Nichts, aber andersrum.
Mit Hessen ist das Wahljahr 2018 jetzt durch. Ihr Fazit?
Das letzte Aufgebot der „Volksparteien“ scheitert. Die Union definiert
„konservativ“ nicht neu, sondern schreibt beim Sitznachbarn AfD ab. Die SPD
findet kein linkes Projekt und scheut die Führungsrolle „diesseits der
Mitte“ aus allerlei sektiererischen Bedenken. Wenn alle Massen zur Mitte
drängen, verdichtet die sich zum schwarzen Loch.
Auch Brasilien hat gewählt. Der Präsidentschaftswahlkampf war vor allem
geprägt [1][durch Hass und Falschmeldungen] von Jair Bolsonaro. Wie kann
ein Mann, der die Militärdiktatur verherrlicht, so viele Anhänger finden?
Kaczyński, Berlusconi, Trump, in seiner Weise auch Gauland gehörten
Jahrzehnte zum Establishment, um im entscheidenden Moment als Kronzeugen
dagegen anzutreten. So auch Bolsonaro, der „Trump Brasiliens“, oder Trump,
der „Bolsonaro der USA“. Der Ex-Militär kritisiert, die Junta habe
„gefoltert, statt zu töten“, möchte „lieber mit Hitler verglichen werden
als schwul sein“ und verspricht Waffenfreigabe – schon jetzt werden 60.000
Menschen jährlich in Brasilien ermordet. Ein nicht erklärter Bürgerkrieg.
Auch mit der Ankündigung, die Wahl nur anzuerkennen, wenn er sie gewinnt,
covert Bolsonaro Trump wörtlich. Sein Programm aus Militärkabinett, Folter,
Selbstjustiz und Rückwärtsgang verfängt bei evangelikalen Kirchen, Armee,
Wirtschaft und den Abgehängten. Oder so: Ein deutscher Bolsonarotrumporban
ist nur eine dicke Wirtschaftskrise weit weg und mästet sich bis dahin mit
den Pfründen seines unauffälligen Establishment-Jobs.
Trump hat außerdem angekündigt, das [2][INF-Abkommen mit Russland] zu
kündigen. Der Vertrag verbietet Mittelstreckenraketen, die Atomwaffen
transportieren können. Der Startschuss für ein neues Wettrüsten, wie Putin
warnt?
Klima-Abkommen, Iran-Atom-Vertrag, Handelsvereinbarungen – Trump lötet die
vielstaatlichen Deals um wie früher die Bewerber in seiner TV-Show „You’re
fired“. Damit fällt die US-Politik auf einen Modus zurück, den Europa
kennt: Das intrigante Gewirr aus Verträgen jeweils weniger Staaten führte
geradeaus zum Ersten Weltkrieg. Das kann Trump nicht wissen, zu der Zeit
versuchte sein Opa gerade illegal nach Deutschland zurückzukehren. Uns
bleibt das mürbe Brötchen, die Segnungen internationaler Vereinbarungen zu
predigen und dran zu arbeiten; ein schmutziger Job, doch irgendeiner muss
ihn machen.
Neben dem Hambacher Forst haben sich am Wochenende wieder Aktivistinnen
getroffen, diesmal [3][unter dem Motto „Ende Gelände“]. So viel
Durchhaltevermögen – sind Sie Fan?
Polizei mit Wasserwerfern und Pfefferspray, Hambischützer mit
Gleisbesetzung und paramilitärischem Aufmarschplan, irrlichternd dazwischen
die bergnahe Gewerkschaft, und die örtliche SPD spricht vom „Ökomob“. Die
erstaunliche Anwesenheit vor Ort folgt aus der vollständigen Abwesenheit
der Landesregierung.
[4][Der Schaden] durch illegale Cum-Ex-Geschäfte ist viel höher als
angenommen. Was meinen Sie – wie viele Menschen haben wirklich verstanden,
wie die funktionieren?
Mindestens jeweils drei, die durch kreiselnde Verkäufe von Aktien mit
(„cum“) und ohne („ex“) Dividende am Ende den Fiskus prellen. Also Uli
Hoeneß nicht mitgerechnet. Eine andere interessante Frage ist, wie viele
Leute im Finanzministerium das verstanden haben, und was ihnen dazu so
einfällt.
Warum ist Hans-Georg Maaßen eigentlich [5][immer noch
Verfassungsschutzpräsident]?
Weil Seehofer das seit fünf Wochen „zügig und zeitnah“ ändert.
Der aktuelle Bundestag ist seit einem Jahr im Amt. Ist alles nur schlechter
oder ist auch etwas besser geworden?
Er hat 18 Gesetze verabschiedet und in erster Beratung 92 behandelt. Es
gibt ein paar neue YouTube-Clickmonster von plattdeutschen, ergreifenden
oder komplett geschmacklosen Redebeiträgen. Ein neues Quickie–Format mit
der Kanzlerin. Wohlwollend gesprochen: Der Bundestag mischt sich in die
Politik ein.
Und was machen die Borussen?
Landfriedensbruch, Widerstand, Pyrotechnik – die Hertha-Ultras benahmen
sich, als hätten sie Sorge, RWE könnte Braunkohle unter der Gästetribüne
vermuten.
Fragen SOS
Friedrich Küppersbusch ist Journalist, Fernsehproduzent und plädiert für
den Kompromiss, nur die Zeitumstellung Winter – eine Stunde mehr –
beizubehalten.
28 Oct 2018
## LINKS
[1] /Praesidentschaftswahl-in-Brasilien/!5546109
[2] /Abruestungsabkommen-bedroht/!5541133
[3] /Kommentar-Braunkohle-Proteste/!5546126
[4] /Cum-Ex-Betrug-der-Banken/!5545707
[5] /SPD-verliert-die-Geduld/!5545722
## AUTOREN
Friedrich Küppersbusch
## TAGS
Jair Bolsonaro
Cum-Ex-Geschäfte
Landtagswahl in Hessen
Hans-Georg Maaßen
Borussia Dortmund
Küppersbusch
Kolumne Die Woche
Präsidentschaftswahlen Brasilien 2018
Lesestück Recherche und Reportage
Hans-Georg Maaßen
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