# taz.de -- Verschwundener saudischer Journalist: Türkische Polizei geht von M… | |
> Der türkischen Polizei zufolge soll Jamal Khashoggi im saudischen | |
> Konsulat hingerichtet worden sein. Saudi-Arabien dementiert. | |
Bild: Wo ist Jamal Khashoggi? | |
Das saudische Konsulat in Istanbul ist ein unscheinbarer gelber Bau, nicht | |
größer als ein Einfamilienhaus, mitten in einem beschaulichen Viertel. Die | |
Straße vor dem gelben Haus mit der Flagge von Saudi-Arabien auf dem Dach | |
ist seit Tagen abgesperrt. Vor der Absperrung tauchen immer wieder | |
Demonstranten und Schaulustige auf und fragen: Wo ist Jemal Khashoggi? | |
Am vergangenen Dienstag hatte der bekannte saudische Journalist, Kolumnist | |
der Washington Post, das Konsulat betreten, [1][seitdem wurde er nicht mehr | |
gesehen]. Khashoggi, sagt seine türkische Verlobte Hatice Cengiz, war sich | |
bewusst gewesen, dass der Besuch des Konsulats riskant ist. „Er hatte | |
Angst, aber er brauchte Papiere für unsere Heirat.“ Khashoggi soll sich | |
zuvor erkundigt haben, dass man ihm keine Schwierigkeiten machen würde, und | |
sich dann den Termin geben lassen. Er wurde also erwartet. | |
Als er am Dienstagmittag das Konsulat betrat, wartete Hatice Cengiz vor der | |
Tür. Nachts um 23:00 Uhr wartete sie immer noch. Dann alarmierte sie die | |
türkische Polizei. Am Mittwoch lud das türkische Außenminister den | |
saudischen Botschafter zu einem Gespräch, um den Verbleib Khashoggis zu | |
klären. Anschließend sagte der saudische Kronprinz Mohammed bin Salman der | |
Nachrichtenagentur Bloomberg, Khashoggi habe das Konsulat wieder verlassen | |
und sei dann verschwunden. Die türkische Polizei könne das Konsulat gerne | |
betreten und sich davon überzeugen, dass Herr Khashoggi dort nicht sei. | |
Mittlerweile haben Recherchen der türkischen Polizei ergeben, dass am | |
Dienstagmorgen, dem Tag, als Khashoggi seinen Termin im Konsulat hatte, 15 | |
saudische Männer in zwei unterschiedlichen Flugzeugen in Istanbul gelandet | |
waren, ebenfalls das Konsulat besuchten und am Abend wieder nach | |
Saudi-Arabien zurückflogen. Seit Samstag kursiert in den türkischen Medien | |
ein Verdacht, der, sollte er zutreffen, „eine monströse und unfassbare Tat“ | |
beschreiben würde, wie der Chefredakteur der Washington Post, Fred Hiatt, | |
twitterte. | |
## Angespanntes Verhältnis weiter belastet | |
Das Gerücht, Khashoggi sei im Konsulat ermordet worden, sickerte zuerst aus | |
türkischen Ermittlerkreisen durch. Ein Freund Khashoggis präzisierte, | |
Ermittler gingen davon aus, dass Khashoggi von dem 15-köpfigen saudischen | |
Team im Konsulat empfangen und ermordet und dann, in kleine Teile | |
zerstückelt und auf die Taschen der Killer verteilt, hinausbefördert worden | |
sei. | |
Offiziell gilt Khashoggi immer noch als vermisst. Doch die Washington Post | |
schrieb unter Berufung auf die türkische Polizei bereits von Mord. Ein | |
Vertreter des Konsulats wies die Anschuldigungen dagegen als völlig | |
gegenstandslos zurück: Es gäbe keinen Grund dafür. | |
Tatsächlich wird über die Gründe, die das saudische Königshaus haben | |
könnte, einen Mord an Jamal Khashoggi in Auftrag zu geben, bereits heftig | |
spekuliert. Der 59-jährige Jamal Khashoggi ist einer der bekanntesten | |
Journalisten Saudi-Arabiens, der mit Interviews mit Osama bin Laden auch | |
international Furore gemacht hat. Er überwarf sich jedoch mit dem | |
Kronprinzen und verließ Saudi-Arabien im September letzten Jahres aus | |
Angst, verhaftet zu werden. Er ging in die USA und kritisiert seitdem | |
regelmäßig den saudischen Krieg im Jemen und die innere Repression im Land. | |
Falls der saudische Journalist wirklich in der Türkei ermordet wurde, | |
dürfte das angespannte Verhältnis zwischen den beiden Ländern sich weiter | |
verschlechtern. Die Türkei streitet sich mit Saudi-Arabien seit Jahren, | |
weil die Saudis den Sturz des ägyptischen Präsidenten Mohammed Mursi durch | |
das Militär finanziert hatten und aktuell den türkischen Verbündeten Katar | |
durch Sanktionen dazu bringen wollen, seine Beziehungen zum Iran | |
abzubrechen. | |
7 Oct 2018 | |
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## AUTOREN | |
Jürgen Gottschlich | |
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