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# taz.de -- Saudischer Journalist in Istanbul: Im Konsulat verschwunden
> Er wollte Hochzeitsunterlagen besorgen. Seitdem fehlt von dem saudischen
> Regierungskritiker Jamal Khashoggi jede Spur.
Bild: Spurlos verschwunden: Jamal Khashoggi
Berlin taz | Er ging hinein und kam nicht wieder heraus. Das jedenfalls
behaupten Freunde und Beobachter, nachdem Jamal Khashoggi am Dienstag das
saudische Konsulat in Istanbul betrat. Seitdem ist der prominente saudische
Journalist spurlos verschwunden.
Eigentlich wollte Khashoggi, der mit einer Türkin verlobt ist, Unterlagen
für die gemeinsame Hochzeit besorgen. Nun wird befürchtet, dass die
saudischen Behörden den Regierungskritiker aus politischen Gründen
festgenommen haben.
Khashoggis Verlobte, die ihn bei dem Behördengang begleitete, aber vor dem
Konsulat wartete, sah ihn jedenfalls nicht wieder. Auch der mit Khashoggi
befreundete türkische [1][Journalist Turan Kışlakçı] sagte, Khashoggi habe
das Konsulat am frühen Dienstagnachmittag betreten, sei aber nicht mehr
herausgekommen. Dies berichtete die Deutsche Presseagentur. Die saudischen
Behörden erklärten am Donnerstag dagegen, [2][Khashoggi habe das Konsulat
verlassen], bevor er verschwunden sei.
Khashoggi ist ein Schwergewicht in der saudischen und arabischen
Medienlandschaft. Seit vergangenem Jahr lebte der 59-Jährige allerdings im
Ausland, unter anderem in den USA. Zuletzt schrieb er regelmäßige
[3][Meinungsbeiträge für die Washington Post] auf Englisch und Arabisch, in
denen er auch den umstrittenen Kronprinzen Muhammad bin Salman kritisierte.
## Gute Beziehungen zur Königsfamilie
Khashoggis Karriere war stets eine Gratwanderung zwischen Regimekritik und
Loyalität gegenüber den saudischen Machthabern. Er arbeitete für mehrere
staatsnahe saudische Zeitungen, zeichnete sich aber durch seinen liberalen
Kurs aus. Bekannt geworden war er unter anderem durch Interviews, die er in
den achtziger und neunziger Jahren mit Osama bin Ladin führte.
In den nuller Jahren war Khashoggi Chefredakteur der reformorientierten
saudischen Tageszeitung al-Watan, wurde aber 2003 nach wenigen Wochen im
Amt vom Informationsministerium wieder abgesetzt. 2007 übernahm er den
Posten erneut und hielt sich diesmal mehrere Jahre.
Al-Watan zeichnete sich durch liberale, teils provokative Debatten aus,
sprach sich deutlich für ein gemäßigtes Islamverständnis aus und trat für
gesellschaftliche Reformen ein, etwa für die Wiederzulassung von Kinos in
Saudi-Arabien. Politisch und finanziell unterstützt wurde die Zeitung vom
mächtigen Gouverneur der Provinz Mekka, Prinz Khalid al-Faisal.
Mit dem Prinzen pflegte Khashoggi gute Beziehungen. Als nach einer
Flutkatastrophe, bei der 2009 mehr als hundert Menschen getötet wurden,
eine Debatte über Korruption in der Landespolitik entstand, verteidigte
Khashoggi den Gouverneur vehement und sprach ihn von jeglicher
Verantwortung frei.
Im vergangenen Jahr verließ Khashoggi Saudi-Arabien jedoch und erklärte, er
sei ins Exil gegangen. In seinen Beiträgen für die Washington Post
kritisierte er den Kurs des saudischen Verteidigungsministers Muhammad bin
Salman. Khashoggi sprach sich gegen den Krieg Saudi-Arabiens im Jemen aus
und setzte sich für politische Gefangene in Saudi-Arabien ein.
Die Washington Post erklärte nach dem Verschwinden Khashoggis: „Es wäre
unfair und empörend, wenn er wegen seiner Arbeit als Journalist und
Kommentator festgehalten würde.“
4 Oct 2018
## LINKS
[1] https://twitter.com/turankislakci?lang=de
[2] https://www.spa.gov.sa/viewstory.php?lang=ar&newsid=1822221
[3] https://www.washingtonpost.com/people/jamal-khashoggi/?utm_term=.9e15b9e962…
## AUTOREN
Jannis Hagmann
## TAGS
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Schwerpunkt Türkei
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Samar Badawi
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