| # taz.de -- Kommentar Saudi-Arabien und Khashoggi: Der falsche Verbündete | |
| > Saudi-Arabien ist eine Diktatur, die jeden Widerspruch ausmerzt und nicht | |
| > mal vor Mord zurückschreckt. Deshalb ist ein „Weiter so!“ undenkbar. | |
| Bild: Khashoggi 2015 in Manama, Bahrain | |
| Selbst für einen Tarantino-Film wäre die Handlung zu bizarr: Das | |
| saudi-arabische Königshaus entsendet ein Killerkommando. Das reist mit | |
| Kettensäge im Gepäck in die Türkei, einen Nato-Staat, um einen | |
| international bekannten Journalisten bei einem Konsulatsbesuch zu ermorden, | |
| zu zerkleinern und abzutransportieren. | |
| Trifft dieser von türkischen [1][Ermittlern und Medien zusammengetragene | |
| Tathergang] zu, hat die Realität die verwegensten cineastischen Fantasien | |
| übertroffen. Als besondere Pointe lieferte Saudi-Arabien am Wochenende auch | |
| noch eine an Dreistigkeit kaum zu übertreffende Erklärung: Jamal Khashoggi | |
| sei bei einer Prügelei im Konsulat ums Leben gekommen. Vermutlich hat er | |
| sich anschließend selbst zersägt. | |
| Der grausige Fall, der weltweit Schockwellen ausgelöst hat, offenbart, was | |
| den politischen Führungen im Westen schon lange hätte klar sein müssen: | |
| Saudi-Arabien mag ein sehr lukrativer Geschäftspartner sein, aber das | |
| Königreich taugt nicht zum befreundeten Staat. Kronprinz Mohammed bin | |
| Salman, der das Land de facto regiert, mag zwar Kinos zugelassen und Frauen | |
| das Autofahren erlaubt haben, aber diese Zugeständnisse an die Jugend sind | |
| kein Zeichen von politischer Liberalität. Er verfährt vielmehr nach dem | |
| chinesischen Modell: ein bisschen Modernität und ausreichend Wohlstand ja, | |
| aber das Verlangen nach politischer Pluralität oder gar Demokratisierung | |
| wird mit großer Brutalität unterdrückt. | |
| Weder in Europa noch in den USA ist der Kronprinz mit seinem Kurs auf allzu | |
| großen Widerstand gestoßen. Kritiker, Gegenspieler, Konkurrenten – sie alle | |
| verschwanden zu Dutzenden in Gefängnissen oder flohen ins Exil. Sogar sein | |
| erbarmungsloser Krieg im Jemen ist nur auf zurückhaltende Kritik gestoßen. | |
| MBS, wie der junge Regent in Saudi-Arabien genannt wird, ging davon aus, | |
| dass der Westen ihm zwar nicht applaudiert, ihn aber doch gewähren lässt. | |
| Er hat offenbar nicht damit gerechnet, dass die Ermordung eines Kritikers | |
| im Ausland eine Grenze überschreiten würde – oder dass der Fall überhaupt | |
| je bekannt wird. | |
| Aus deutscher und europäischer Sicht kann der Fall aber nur eines bedeuten: | |
| Jedem sollte nun klar geworden sein, dass Saudi-Arabien der falsche | |
| Verbündete ist. Man kann mit nichtdemokratischen Staaten Beziehungen haben, | |
| sogar kooperieren, aber mit Diktaturen kann man nicht befreundet sein. Und | |
| Saudi-Arabien ist genau das: eine sehr reiche und mit einem jungen | |
| Kronprinzen aufgefrischte Diktatur, die jeden Widerspruch skrupellos | |
| ausmerzt und nicht mal vor Mord zurückschreckt. Ein „Weiter so!“ ist | |
| undenkbar. | |
| 21 Oct 2018 | |
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| ## AUTOREN | |
| Silke Mertins | |
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