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# taz.de -- Die Wahrheit: Böse, böse Schule
> Für Menschen, die regelmäßig von der Schule träumen, ist der Film „Hurr…
> die Schule brennt!“ ein einziger Spaziergang.
Da hat man studiert und Diplome gesammelt, den Doctor humoris causa gemacht
und wurde mehrfach für den alternativen Nobelpreis vorgeschlagen – aber von
was träumt man?! Genau, von der Schule! Und es wird mit dem Alter immer
schlimmer.
Neulich saß ich mal wieder in der schriftlichen Abiturprüfung, und zwar
ausgerechnet in Physik, wo die Themenbreite besonders gefährlich zu sein
pflegt. Entsprechend lautete die Frage: „Sie ankern mit Ihrem Atom-U-Boot
in einem voll gefüllten und quadratischen Hafenbecken mit einem Volumen von
einer Million Hektoliter und einer Seitenlänge von 100 Metern. Welche Kraft
müssen Sie beim Öffnen der Ausstiegsklappe aufbringen, wenn Sie den
Wasserdruck berücksichtigen, der in zehn Meter Tiefe herrscht.“
Hier war ich nun in meinem Traum, und die Zeit verstrich. Wir Prüflinge
hatten noch nicht einmal ordentliche Hefte bekommen, sondern nur eine gar
graue Schiefertafel wie in der Volksschule. Fragen waren nicht erlaubt.
Unsere Blicke mussten zum Fenster gehen.
Endlich fasste mich die Wut, ich stürmte nach vorne und pfefferte meine
Tafel aufs Pult: „Verdammt noch mal, ich habe gar kein Atom-U-Boot“, schrie
ich, „und ich lasse mir auch keines aufschwatzen! Was für eine bescheuerte
und gemeine Aufgabe! Den Kriegsdienst mit Atom-U-Booten werde ich
verweigern! Und schwimmen kann ich auch nicht. Jawohl! Und tschüss, meine
Herren!“ Mit diesen Worten lief ich hinaus und bin auch nicht zur
Abiturfeier erschienen. Das hatten sie nun davon.
Ein paar Tage später sollte es noch schlimmer kommen. Ich war wieder an
meiner Schule und sogar Schulsprecher geworden. Und sage keiner, da wäre
rückblickend ein Wunsch wahr geworden. Denn es war ein Horrorjob. Bei
meiner Schulstadt Fritzlar handelte es sich um eine Karnevalshochburg, und
entsprechend aufwendig war die Vorbereitung der schulischen
Faschingsfeiern, die der Schülerverwaltung oblag. Und es waren weiß Gott
nicht nur technische Probleme, die es zu bewältigen galt.
Die Schule hatte nämlich in meinem Traum gerade einen neuen Hausmeister
bekommen. Ich sah ihn zuerst von hinten in seiner braunen Uniform. Dann
drehte er sich um – es war Adolf Hitler! Entsetzt rannte ich ins
Direktorenzimmer und fragte, ob der wirklich bleibe. Der Direx versprach,
ihn im Auge zu behalten, und wies mich an, mich bei den Schulfeiern diesmal
nur um den Kaffee zu kümmern.
Als ich in den Keller ging, um die Kaffeemaschine nach oben zu holen, war
sie aber nicht mehr da. Ich sah nur noch den Hausmeister mit der Maschine
in seinem Dienstraum verschwinden. Alles klaute mir der böse Hausmeister
weg, und ich hatte in der Aula vor der gesamten Schülerschaft Abbitte zu
leisten, weil der Fasching ausfallen musste. Ich berichtete dem Direktor
von der Schweinerei. „Der wird noch ganz andere Sache machen“, sagte ich.
Und ich sollte Recht behalten.
17 Oct 2018
## AUTOREN
Reinhard Umbach
## TAGS
Schule
Traum
Hitler
Lyrik
Silvester
Gedicht
Fußball
Jürgen Habermas
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