# taz.de -- Aktion auf dem Tempelhofer Feld: Mit Schaf und alles | |
> Bis Sonntag grasen hundert Schafe auf dem Tempelhofer Feld. Hirte Knut | |
> Kucznik verteidigt seinen Beruf – und redet mit allen, die Fragen haben. | |
Bild: Määäääähhh! | |
Plötzlich ist da diese Landluft. Mitten auf dem Tempelhofer Feld riecht der | |
warme Wind am Montag würzig, ein bisschen muffig, in jedem Fall ungewohnt | |
an diesem urbanen Ort. Eine Betonpiste und mehrere Wiesenflächen weiter | |
tauchen die Urheber auf: Eine kleine Herde Schafe steht dösend in der | |
Mittagssonne. Aus der grauweißlichen Wolle ragen schwarze Köpfe mit | |
abstehenden Ohren. Auf dem Feld wäre ja genug Platz, doch die Tiere | |
schmiegen sich eng aneinander, als trauten sie der neuen Umgebung noch | |
nicht so ganz. | |
Man könnte es verstehen. Am Sonntag hat Schäfer Knut Kucznik seine 100 | |
Schafe vom beschaulichen Altlandsberg in Brandenburg zum Feld gebracht. | |
Eigentlich wollte er 200 Tiere mitnehmen, aber gleich nach der Abfahrt | |
brach die Achse des einen Anhängers, erzählt er. „Zum Glück ist das nicht | |
in Berlin passiert, dann hätte ich die Schafe durch die Stadt treiben | |
müssen.“ Tausende Neugierige empfingen die übrigen transportfähigen Tiere | |
auf dem Feld. | |
Nun gibt es Schafe ja bereits in jedem Streichelzoo. Eine ganze Herde, | |
gehütet von einem Schäfer, sieht man dagegen nicht alle Tage. Mit schwarzem | |
Hut, in Weste und Lederhose stapft Kucznik über die Wiese. Die zwei | |
stattlichen Hütehunde hat er an einer Kette, den Stock in der Hand. | |
Die Leute vom Gemeinschaftsgarten Allmende-Kontor hätten ihn eingeladen zu | |
kommen, erzählt er. Der 52-Jährige ist auch Vorsitzender des | |
Schafzuchtverbands Berlin-Brandenburg. Er will mit der Aktion vor allem auf | |
die prekäre Situation der Schäfer aufmerksam machen. Kucznik sagt: „Dass so | |
viele Betriebe sterben, macht mich verrückt im Kopf.“ | |
## Kuczniks Schwarzköppe | |
Und so erzählt er allen interessierten BerlinerInnen von seinen | |
„Schwarzköppen“, dem deutschen schwarzköpfigen Fleischschaf, wie die Sorte | |
offiziell heißt. Davon, dass es nicht mal mehr 1.000 Hirten in Deutschland | |
gebe. Das Erzählen macht ihm offensichtlich auch Spaß. Gut gelaunt | |
beantwortet er alle Fragen von Neugierigen. | |
Das sind viele. Gerade haben sich Sechstklässler einer benachbarten | |
Grundschule und eine Kita-Gruppe in die Nähe der Herde ins Gras gesetzt, | |
die Jugendlichen machen Handyfotos. Schafe in Berlin, ländliche Idylle | |
mitten in der Stadt, das rührt auch Erwachsene: Radfahrer halten an, | |
Spaziergänger kommen extra vorbei. | |
„Die Schafe hauen ab!“, ruft ein kleiner Junge dem Schäfer zu. Es klingt | |
ein bisschen besorgt, aber vor allem neugierig. Was jetzt passiert? Kucznik | |
unterhält sich gerade wieder, die Schafe hinter seinem Rücken trotteln | |
gemächlich weg. | |
Ein lauter Pfiff ertönt. „Komma, komm“, lockt Kucznik. Einige Schafe drehen | |
die Köpfe, aber so richtig in Bewegung setzen sie sich erst, als der Hirte | |
den dunklen Hütehund von der Kette lässt. Der fliegt über die Wiese, | |
umkreist die Herde. Die Schafe hoppeln eilig zurück in Kuczniks Richtung. | |
„Der Hund macht das wie ich, wenn wir in der U-Bahn sind und einige | |
trödeln“, sagt die Kita-Erzieherin zu den Kindern im Gras. | |
Die ganze Woche wird der Schäfer noch mit seinen Tieren auf dem Tempelhofer | |
Feld unterwegs sein, er schläft sogar hier. Am Sonntag ist ein Hirtenfest | |
geplant, dann geht es zurück nach Altlandsberg. Kucznik meint, der ganze | |
Rummel sei für die Schafe kein Problem, und sie würden auch satt: Es wachse | |
genug frisches Gras zwischen den vertrockneten Halmen. „Den Schafen geht es | |
gut“, sagt der Hirte. „Ick bin ja da.“ | |
15 Oct 2018 | |
## AUTOREN | |
Antje Lang-Lendorff | |
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