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# taz.de -- Volksbühne Berlin: Alles neu am Rosa-Luxemburg-Platz
> Klaus Dörr, kommissarischer Intendant der Volksbühne, steht den
> Abgeordneten erstmals Rede und Antwort zur Zukunft des Hauses.
Bild: Altes Rad, neue Ideen: Vor der Volksbühne am Rosa-Luxemburg-Platz
Schwer vorstellbar: ein Theaterhaus in die Hand zu bekommen, an dem man
erwachsen wurde, das aber heute durch die missglückte Intendanz des
belgischen Museumsmachers [1][Chris Dercon] restlos vor die Wand gefahren
wurde. Eine Ruine quasi, die man komplett neu aufbauen, in der man
überhaupt erst einmal wieder dafür sorgen muss, dass es ein Ensemble gibt,
einen Spielplan, ja, Besucher. Eine Herkulesaufgabe.
[2][Klaus Dörr], geboren 1961 in der Pfalz, seit 2013 stellvertretender
Intendant mit Armin Petras am Schauspiel Stuttgart, seit Mitte April
kommissarischer Intendant der Volksbühne, wirkt mindestens aufgeräumt, als
er am Montagnachmittag vor den Kulturausschuss des Berliner
Abgeordnetenhauses tritt und über erste Fortschritte Richtung
Normalisierung berichten soll.
Denn es sieht gut aus am Rosa-Luxemburg-Platz, sehr gut sogar.
Die Spielzeit 2018/2019 sei Dank zahlreicher Hilfestellungen befreundeter
Theaterhäuser „stabil“, berichtet er, es werden Stücke von Leander
Haußmann, Sasha Waltz und Constanza Macras zu sehen sein. Ab Anfang 2019
gebe es wieder eigenes Repertoire, und es sieht sogar so aus, als könne man
die Spielzeit 2020/2021 bereits wieder ausschließlich mit Eigenproduktionen
bestreiten, wie sich das für ein Ensemble- und Repertoiretheater vom Format
einer Volksbühne gehört.
## Starkes Team
„Vor zwei Wochen“, so Dörr, „haben wir begonnen, ein neues Ensemble
aufzubauen.“ Eine Absolventin der Universität der Künste sei bereits
verpflichtet. „Ich bin zuversichtlich, dass wir ein starkes Team bekommen
werden“, sagt er. Die je zwei Stellen für Dramaturgen, Regieassistenten und
Souffleusen, die Dercon offenbar abgeschafft hatte, seien natürlich
ebenfalls schon wieder besetzt, fügt er an.
Es scheint, als sei Dörr derzeit wirklich sehr absorbiert vom Aufräumen der
Trümmer, die sein Vorgänger hinterlassen hat; tatsächlich lag einem Bericht
der Kulturverwaltung zufolge die Auslastung der Bühne im letzten Jahr bei
58 Prozent – im Schnitt liegt sie an großen Sprechbühnen bei 79 Prozent. Im
Augenblick fehlen knapp 640.000 Euro, die die Volksbühne aber noch aus
ihrem Eigenkapital aufbringen kann.
Klaus Dörr ist entweder ein cooler Macher oder derzeit wirklich komplett
gefangen in praktischen Fragen – jedenfalls reagiert er auf Fragen einiger
Abgeordneter nach der inhaltlichen Ausrichtung der Volksbühne in der
Zukunft nur mit einem lässigen Schulterzucken. Über die Rolle, die die
Volksbühne im letzten Vierteljahrhundert in dieser Stadt gespielt hat, sagt
er nur: „Ich wurde Anfang der neunziger an der Volksbühne sozialisiert.“
Und: „Ich kenne die Literatur über Erwin Piscator und die
Volksbühnenbewegung.“
Berlins Kultursenator [3][Klaus Lederer] (Linke), der aus seiner Ablehnung
Chris Dercons nie ein großes Geheimnis gemacht hat, fasst die Richtung, in
die es an der Volksbühne gehen wird, in blumigere Worte: Er spricht davon,
dass die Volksbühne stets ein Ort gewesen sei, wo die Stadt „ihre Beziehung
zur Welt“ diskutiert habe, dass hier wie nirgendwo sonst
gesellschaftspolitische Fragen kritisch diskutiert worden seien. Dass es
eine starke Regiehandschrift gegeben habe.
## Weg nach vorn
Dennoch gehe es jetzt nicht darum, den „Weg zurück“ zu der „einen
Volksbühnen-Ästhetik“ zu finden, sondern einen Weg nach vorn.
Es scheint, als stünde nun endlich wirklich alles auf Anfang am
Rosa-Luxemburg-Platz. Insofern ist es nur richtig, dass an diesem
Nachmittag keiner ein Wort darüber verliert, wie es nach Klaus Dörr
weitergehen wird am traditionsreichen Haus.
8 Oct 2018
## LINKS
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## AUTOREN
Susanne Messmer
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