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# taz.de -- Machtkonzentration in Vietnam: „Kollektive Führung“ hat ausged…
> Die wichtigsten politischen Posten in Vietnam wurden bislang streng
> quotiert. Nun will der KP-Chef auch Staatspräsident werden – ein
> Tabubruch.
Bild: Greift nach der Macht: Parteichef Nguyen Phu Trong
Das in Hanoi tagende Plenum des Zentralkomitees der Kommunistischen Partei
Vietnams, der einzigen legalen Partei im Land, hat jetzt einen neuen
Staatspräsidenten nominiert. Es ist der 74-jährige ultrakonservative
Parteichef Nguyen Phu Trong höchstselbst. Die Nominierung war notwendig,
weil der bisherige Amtsinhaber im September gestorben ist.
Doch mit der Nominierung des Parteichefs als Staatsoberhaupt begeht die KP
einen Tabubruch. Bislang galt: Die vier wichtigsten Funktionen im Land –
Parteichef, Staatspräsident, Ministerpräsident und Parlamentspräsidentin –
werden streng quotiert besetzt. Mindestens ein Kandidat muss aus dem
Norden, der Mitte und dem Süden Vietnams stammen. Mindestens einer soll aus
der Wirtschaft, dem Parteiapparat und dem Sicherheitsapparat kommen. Und
seit 2016: Eine Funktion geht an eine Frau.
Das so zusammengesetzte Quartett nennt sich „kollektive Führung“. Dieses
Prinzip hat gerade Parteichef Nguyen Phu Trong hochgehalten, als er 2016
seinen politischen Konkurrenten ausschaltete. Der damalige Premierminister
Nguyen Tan Dung, ein so charismatischer wie umstrittener Wirtschaftsmann,
wurde vom Parteitag 2016 mit der Begründung abgesägt, dass er mit seiner
Kandidatur gegen dieses Prinzip verstoßen habe. Er hätte sich nicht im
Führungsquartett abgestimmt. Nach der Ausschaltung Dungs folgte eine
beispiellose politische Säuberungsaktion, für die Trong steht. Insofern ist
es pikant, dass jetzt ausgerechnet er das Prinzip der kollektiven Führung
aushebelt, indem er nach zwei Ämtern greift.
Mit der Nominierung ist Trong zwar noch nicht als Staatsoberhaupt gewählt.
Das muss die Nationalversammlung tun. Doch ist er der einzige Kandidat.
Noch nie in Vietnams Geschichte hat das Parlament, das in Sachfragen kein
reines Abnickgremium ist, einen KP-Kandidaten für das Quartett durchfallen
lassen. In Vietnams sozialen Netzwerken stößt Trongs Nominierung denn auch
auf große Kritik. Zum einen, weil der ultrakonservative studierte
Literaturwissenschaftler nicht zimperlich mit politischen Widersachern
umgeht. Er hatte mehrere Todesurteile und hohe Haftstrafen gefordert, die
Gerichte dann auch aussprachen.
## Dem Vorbild Chinas folgen
Im Dezember verkündete er eine Säuberungsaktion der Partei in
stalinistischer Manier. Der folgend hat das ZK-Plenum am Donnerstag zwei
ZK-Mitglieder wegen „parteischädigenden“ Verhaltens aus der Partei
ausgeschlossen. Und auf Drängen Trong wurde beschlossen, dass sich
Parteimitglieder Forderungen nach politischer Pluralität, Demokratie und
Menschenrechten nicht zu eigen machen dürfen.
Zweitens stößt die Nominierung auch auf Kritik, weil die angestrebte
Personalunion von Parteichef und Staatsoberhaupt dem Vorbild Chinas folgt.
In Vietnam sind Ressentiments gegen China weit verbreitet und jedes
politische Agieren nach chinesischem Vorbild gilt vielen als suspekt.
Und drittens gibt es Kritik, weil der Staatspräsident über Amnestien
entscheidet und Trong gerade für Härte und nicht für Gnade steht. Der
prominenteste Fall, der ansteht, ist der 2017 aus Deutschland nach Vietnam
entführte Trinh Xuan Thanh. Deutschland verlangt seine Rückkehr. Solange
die nicht erfolgt, liegen die zwischenstaatlichen Beziehungen auf Eis.
Auch die Beziehungen Vietnams zur EU insgesamt und zu einzelnen Staaten wie
der Slowakei und Frankreich sind durch die Entführung belastet. Doch weil
Trinh Xuan Thanh in Vietnam zu lebenslanger Haft verurteilt wurde, würde
eine Ausreise eine Amnestie voraussetzen. Würde die ausgerechnet der Mann
aussprechen, der wahrscheinlich die Entführung in Auftrag gegeben hat und
das Opfer öffentlich vorverurteilte?
5 Oct 2018
## AUTOREN
Marina Mai
## TAGS
Vietnam
Kommunistische Partei
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