| # taz.de -- Alternativen zur Kastration von Ferkeln: Gegen Ebergeruch besser im… | |
| > Staatliche Tierschutzforscher empfehlen, männliche Schweine zu impfen, | |
| > anstatt ihnen ohne Betäubung die Hoden herauszuschneiden. | |
| Bild: Solche Ferkel dürfen ab 1. Januar nur noch mit Betäubung kastriert werd… | |
| Berlin taz Die beste Alternative zur Kastration von Ferkeln ohne Betäubung | |
| ist dem bundeseigenen Friedrich-Loeffler-Institut für Tiergesundheit | |
| zufolge die Impfung gegen Ebergeruch. Dieser Lösung sei aus | |
| „[1][tierschutzfachlicher Sicht]“ eindeutig der Vorzug zu geben, schreibt | |
| die Behörde in einer neuen Stellungnahme. | |
| Derzeit werden in Deutschland jedes Jahr rund 20 Millionen männliche Ferkel | |
| kastriert. Sonst würde das Fleisch mancher Eber wegen der Sexualhormone | |
| stinken, wenn es in der Pfanne landet. Ab kommenden Januar verlangt das | |
| Tierschutzgesetz jedoch, dass die Ferkel vor dem Entfernen der Hoden | |
| betäubt werden. Bundesagrarministerin Julia Klöckner (CDU) und der | |
| Bauernverband wollen das aber wegen der Kosten verschieben lassen. Damit | |
| sind sie gerade [2][im Bundesrat gescheitert], versuchen es nun aber im | |
| Bundestag. | |
| Ob das klappt, ist wegen des Widerstands der SPD ungewiss. Die Sauenhalter | |
| müssen sich also nach jetzigem Stand für eine oder mehrere Alternativen zum | |
| Hodenentfernen ohne Schmerzausschaltung entscheiden. Bei der Impfmethode | |
| wird den Schweinen zwei Mal im Abstand mehrerer Wochen das Medikament | |
| Improvac gespritzt, das die Bildung der Geschlechtshormone verhindert. | |
| Dafür müssen sie aus der Gruppe selektiert und dann fixiert werden. Diese | |
| Belastung sei aber „vergleichsweise gering“, so das Loeffler-Institut. | |
| Denn bei der Kastration unter Betäubung würden die Ferkel binnen Minuten | |
| zweimal fixiert: Zuerst bekommen sie eine Spritze, die den Schmerz nach der | |
| Operation lindern soll. Dann werden sie rücklings in das Narkosegerät | |
| eingespannt und ihnen eine Inhalationsmaske aufgesetzt. Für die | |
| Injektionsnarkose müssen die Ferkel ebenfalls fixiert werden. Noch stärker | |
| belastet werden die Tiere laut Institut, wenn sie nach der Operation für | |
| mindestens drei Stunden von der Muttersau getrennt werden, damit sie die | |
| Ferkel nicht erdrückt. Durch die Trennung würden den Tieren „wichtige | |
| Mahlzeiten verloren gehen“. | |
| Die Impfung sei auch besser, als unkastrierte Jungeber zu mästen, so die | |
| Wissenschaftler. Denn Eber fechten untereinander Rangkämpfe aus, oft | |
| bespringen sie sich gegenseitig. Dabei könnten sie sich zumindest in den | |
| weit verbreiteten engen Ställen insbesondere gegen Ende der Mast schwer | |
| verletzen, warnt das Loeffler-Institut. Die geimpften Eber dagegen | |
| verhielten sich wie Kastraten: „Die geimpften Tiere werden ruhiger, weniger | |
| aggressiv, zeigen weniger Aufreiten und ihre Hoden werden kleiner.“ | |
| ## Angebliche Angst vor „Hormonfleisch“ | |
| Die Argumente gegen die Impfung beziehen sich denn auch nicht auf den | |
| Tierschutz, sondern aufs Geld: Die Impfung kostet pro Schwein [3][4 bis | |
| 4,50 Euro – plus Arbeitskosten]. Doch die Methode sei laut Studien und | |
| Praxiserfahrungen genauso teuer oder sogar billiger als andere | |
| Alternativen, urteilen die Forscher. Denn bis zur zweiten Impfung würden | |
| die Tiere schneller zunehmen und das Futter besser verwerten als Kastraten. | |
| Der wichtigste Einwand gegen die Impfung ist, dass die Verbraucher Fleisch | |
| von geimpften Tieren ablehnen könnten. Dabei stellt das Loeffler-Institut | |
| fest: „Im Hinblick auf die Lebensmittelsicherheit ist der Impfstoff | |
| unbedenklich, da er nur nach Injektion wirksam wird und bei oraler Aufnahme | |
| im Verdauungstrakt vollständig abgebaut wird.“ Beim Fleisch geimpfter Tiere | |
| handele es sich auch nicht um „Hormonfleisch“, denn der Impfstoff sei | |
| „nicht hormonell wirksam“. | |
| Die Wissenschaftler weisen zudem darauf hin, dass wichtige | |
| Nichtregierungsorganisationen die Impfung befürworten. Das gilt zum | |
| Beispiel für den Tierschutzverband Provieh oder die Biobauernorganisation | |
| Naturland. Das „Skandal-Potenzial“ von Fleisch geimpfter Tiere werde | |
| „überwiegend aus der Landwirtschaft und den Schlachtunternehmen in den | |
| Vordergrund gestellt“. Die Forscher schreiben nicht ausdrücklich, woran das | |
| liegt. Aber denkbar ist nach ihren Ausführungen: Die Agrar- und | |
| Fleischlobby bauscht diese Sorgen auf, um doch noch zu erreichen, dass das | |
| Verbot der betäubungslosen Ferkelkastration verschoben wird. Denn keine | |
| Variante ist billiger, als den Tieren ohne Betäubung die Hoden | |
| herauszuschneiden. | |
| 24 Sep 2018 | |
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| ## AUTOREN | |
| Jost Maurin | |
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