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# taz.de -- Vortrag zum Transformationsbegriff: „Es braucht radikale Verände…
> Der Frankfurter Sozialwissenschaftlcher Alex Demirovic schlägt
> Transformation als dritten Weg zwischen Reform und Revolution vor.
Bild: Internationale Verwertungsketten: Amazon-Mitarbeiter protestieren gegen J…
taz: Herr Demirovic, was ist der Unterschied zwischen einer politischen
Reform und einer Revolution?
Alex Demirovic: Die klassische Idee der Reform ist, durch schrittweise
Veränderungen, die Bedingungen für Sozialismus zu schaffen. Reformen
verändern die Lebensverhältnisse – klassisch ging es um
Eigentumsverhältnisse – nicht so einschneidend, dass sie die Gesellschaft
grundlegend verändern. Revolution ist mit der Vorstellung verbunden: Wir
greifen nach der Macht und führen damit die Veränderung der
Lebensverhältnisse sehr schnell, grundlegend und selbstbestimmt herbei.
## Klingt riskant.
Es braucht die radikalen Veränderungen! Aber wenn man es mit einer
Revolution macht, dann ist der Preis sehr hoch. Und man weiß auch nicht, ob
man die Ziele erreicht, die man damit verfolgt, weil man so viele
Verhältnisse und Interessen gleichzeitig aufrüttelt und auflöst; Dies
geschieht dann sehr schnell in gewalttätiger Form.
## Gibt es noch etwas zwischen Reform und Revolution?
Der Transfomationssbegriff wurde entwickelt, weil wir Prozesse brauchen,
die in der Lage sind, diese Veränderungen vorzunehmen, in kontrollierter
Weise. Was wir benötigen, sind Abstimmungsformen, politische und
ökonomische Entscheidungsprozesse unter denen wir gucken welche
Eigentumsform, welche soziale Praxis eigentlich geeigneter ist.
In was für einer Gesellschaft leben wir?
Ein wesentliches Bestimmungsmerkmal ist ja, dass wir in einer
kapitalistischen Gesellschaft leben. Dazu gehören viele verschiedene Formen
von Ausbeutung und Herrschaft: Die rücksichtslose Aneignung der Natur, die
Rohstoffausbeutung, die Frage des Sexismus …
## Sind das Konstanten?
Der Kapitalismus hat sich in den letzten Jahrzehnten sehr tiefgreifend
gewandelt, aber nach wie vor geht es um globale Profitketten, durch die
Selbstverwertung von Kapital. Gewinn muss immer zu mehr Gewinn führen. Es
gibt darin keine moralische oder ökonomische Grenze. Wenn die Wirtschaft
nicht wächst, dann gilt das als Krise. Und dann wird auch gesagt: „Naja,
dann können wir nicht so viel verteilen“, was natürlich quatsch ist. Die
Reichen werden immer noch reicher und diejenigen, die nicht so viel haben,
bekommen tatsächlich nichts.
Befindet wir uns in einer Krise?
Die Gesellschaftlichen Kreisläufe sind so organisiert, dass sie regelmäßig
immer wieder zu tiefgreifenden Störungen führen. Du hast viele verschiedene
Krisenkreisläufe, im Bereich Bildung, Geschlecht, Ökologie … und alle sind
komplex. Viele dieser Prozesse verlaufen für sich. Und dann kreisen sie
ineinander und verschärfen plötzlich dramatisch die Situation.
Unter welchen Voraussetzungen können aktuelle Krisen flexibel gelöst
werden?
Es geht ja um sehr viele, sehr unterschiedliche Prozesse. Deswegen heißt
flexibel lösen auch, dass man Wege findet, bestimmte Bereiche zu
identifizieren, wo man gut beginnen kann. Und dann kommen natürlich
Folgefragen. Man versucht gezielte, technische Lösungen oder andere
Eigentumsformen so zu fördern, dass sie gute Beispiele sind und vielleicht
Nachahmungswirkungen haben. Es geht darum, Menschen dafür zu gewinnen, dass
sie sich selber Gedanken machen und auch diejenigen zu unterstützen, die in
diese Richtungen denken und politisch handeln.
5 Sep 2018
## AUTOREN
Sara Rahi
## TAGS
Transformation
Kapitalismus
Revolution
Reform
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