# taz.de -- Sanierung der Zinnwerke in Wilhelmsburg: Am Kanal bewegt sich was | |
> Um die Zinnwerke in Hamburg-Wilhelmsburg zu retten, müssen sie saniert | |
> werden. Der Bezirk hat bereits Geld zur Verfügung gestellt – aber den | |
> Falschen, sagen einige. | |
Bild: Wie lange geht hier noch was? Kleidermarkt in den Zinnwerken in Wilhelmsb… | |
Hamburg taz | Dass jetzt Bewegung in die Sache kommt, finden immerhin alle | |
Beteiligten gut. Der Bezirk Mitte will 60.000 Euro für den Erhalt der | |
Zinnwerke am Veringkanal in Wilhelmsburg investieren. Die ehemaligen | |
Elektrolysehallen stehen zum großen Teil leer, im einem anderen Teil haben | |
Künstler*innen Ateliers und Werkstätten. | |
Alles ist ziemlich baufällig, Brandschutz und Fluchtwege sind alles andere | |
als ausreichend. Wenn nicht bald etwas passiert und die Hallen saniert | |
werden, könnte demnächst Schluss mit dem regen Kulturbetrieb am Kanal sein. | |
Die Soulkitchenhalle, wo Fatih Akin seinen Film drehte, hat dieses | |
Schicksal schon ereilt – sie wurde 2008 wegen Einsturzgefahr geschlossen. | |
Aber schon um die Frage, wer das Geld denn bekommt und was am sogenannten | |
„Kulturkanal“ passieren soll, gibt es Streit. Die 60.000 Euro vom Bezirk | |
fließen an die Kreativgesellschaft – ein städtisches Unternehmen, das sich | |
als Anlaufstelle für Hamburgs Kreative versteht und unter anderem Vorträge | |
und Coachings zu Crowdfunding oder anderen Finanzierungsmodellen anbietet. | |
Die Kreativgesellschaft ist Mieterin der Zinnwerke und soll jetzt ein | |
tragfähiges Konzept für die Hallen erstellen, „das die Möglichkeit | |
öffentlicher Investitionen für den Kulturkanal eröffnet“ – so schreiben … | |
die SPD und die Grünen des Bezirks Mitte. | |
Diejenigen aber, die in den Hallen schon seit Jahren ein Kulturprogramm auf | |
die Beine stellen, fühlen sich übergangen. „Wir fordern, an den Planungen | |
beteiligt zu werden und nicht Teil eines Konzepts von außen werden zu | |
müssen“, schreiben sie in einem am Donnerstagabend veröffentlichten | |
[1][Manifest]. Sie beschreiben sich selbst als „unterschiedliche Anreiner | |
am Kanal – Boxer und Pädagogen, Klubbetreiber und Geschäftsführer, | |
industrielle Designer und Metallbauer.“ | |
Und sie fürchten, dass sie raus müssen, wenn die Kreativgesellschaft ohne | |
sie ein Konzept entwickelt. Denn die Bezirksversammlung hat schon | |
durchblicken lassen, dass sie der Stadt keinen Kulturbetrieb aufbürden | |
will, der dauerhaft finanziert werden muss. | |
„Wir brauchen einen Plan, wie sich der Kulturbetrieb selbst tragen kann“, | |
sagt Klaus Lübke, kulturpolitischer Sprecher der SPD im Bezirk Mitte. | |
Gründungen kreativer Firmen könnten ein Teil davon sein. „Niemand will, | |
dass die Hallen abgerissen werden“, sagt er. Aber hin und wieder fragten | |
schon ortsfremde Investoren an, da müsse man eben ein Konzept haben, um zu | |
verhindern, dass sich andere der Flächen bemächtigten. | |
## Ein Tropfen auf dem heißen Stein | |
Dass 60.000 Euro ein Tropfen auf den heißen Stein sind, weiß Lübke. Fünf | |
bis elf Millionen Euro bräuchte man, um den Kanal und die Hallen zu | |
sanieren, schätzt er. | |
Im Maschinengebäude der Zinnwerke sitzt auch die Produktionsfirma Hirn und | |
Wanst, die neben der Produktion von Dokumentarfilmen auch die Mensa der | |
HfbK betreibt und einmal im Monat den populären Flohmarkt in den Zinnwerken | |
organisiert. | |
Marco Antonio Reyes Loredo hat Hirn und Wanst mitgegründet, das | |
„Kanalmanifest“ mitgeschrieben und ist für viele der Protagonist der | |
Zinnwerke. Die Frage, ob die Nutzer*innen der Industriehallen selbst schon | |
ein Konzept haben, verneint er. „Das fänden wir falsch“, sagt Reyes Loredo. | |
„Es muss gemeinsam mit der Stadt und dem Bezirk passieren, auf Augenhöhe.“ | |
## Gewachsene Identität | |
Wichtig ist ihm, dass die gewachsene Identität und die Gemeinschaft | |
erhalten bleiben. „Wir brauchen Arbeitsplätze, Freiflächen und eine | |
kulturelle Grundversorgung.“ Er ist froh, dass sich jetzt immerhin etwas | |
bewegt. | |
Ganz schön spät eigentlich. Das Ziel, die Künstler*innen am Veringkanal zu | |
unterstützen, formulierte die Regierung bereits 2013 im Koalititonsvertrag. | |
„Die Koalition unterstützt die Weiterentwicklung des Kulturkanals am | |
Veringkanal mit den dort ansässigen Künstlern und Gewerbetreibenden“, steht | |
da. Und außerdem: „Bürgerinnen und Bürger sind mitzunehmen.“ | |
14 Sep 2018 | |
## LINKS | |
[1] http://www.kulturkanal.jetzt/ | |
## AUTOREN | |
Katharina Schipkowski | |
## TAGS | |
Hamburg-Wilhelmsburg | |
Stadtentwicklung Hamburg | |
Wilhelmsburg | |
Hamburg-Wilhelmsburg | |
Hamburg-Wilhelmsburg | |
Kulturpolitik | |
taz.gazete | |
## ARTIKEL ZUM THEMA | |
Kulturort in Hamburg-Wilhelmsburg: Neues Leben für die „Soul Kitchen“ | |
Die Halle und das anliegende Gelände sollen gerettet werden. Die Stadt | |
verhandelt bisher jedoch nur mit Unternehmen, nicht mit dem | |
Kulturkanal-Netzwerk. | |
Streit um die Zinnwerke: Ein Stückchen näher an der Zukunft | |
Die Nutzergemeinschaft der Wilhelmsburger Zinnwerke haben einen Verein | |
gegründet. Damit könnte es für das Areal am Veringkanal endlich vorangehen. | |
Zinnwerke ohne Zukunftskonzept: Stillstand am Kanal | |
Die zukünftige Nutzung der Zinnwerke in Hamburg-Wilhelmsburg ist ungewiss. | |
Von der großen Vision eines Kulturkanals ist Jahre später kaum etwas übrig. | |
Kultur in Wilhelmsburg: Eine kurze Achse | |
Am Samstag wird das Künstlerhaus Veringhöfe der IBA eröffnet. Zugleich | |
erteilt Senatorin Jutta Blankau der selbst organisierten Soulkitchen-Halle | |
eine Absage. | |
Szene ins Viertel: Kultur am Kanal | |
Bezirksamtsleiter Andy Grote (SPD) will mehr Kultur in Wilhelmsburg | |
ansiedeln. Vorher sind jedoch alte Konflikte zu lösen. |