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# taz.de -- ARD-Film über Rudolph Moshammer: Bussi, Bussi vom Mosi
> Alexander Adolph erweckt den Münchner Promi-Ausstatter Rudolph Moshammer
> noch einmal zum Leben. Ein Biopic mit viel Schickimicki.
Bild: Die zwei hatte Moshammer (T. Schmauser) immer dabei: seine Mama (H. Elsne…
Nicht nur in Zeiten von Instagram ist Selbstdarstellung alles. Auch ältere
Akteure sind in Deutschland berühmt: Harald Glööckler und Wolfgang/Jette
Joop, Michael Michalsky und Guido Maria Kretschmer. Einen wunderbar bösen
Reim auf das (Oberflächen-)Phänomen der Talkshowdesigner macht sich heute
Abend ein ARD-Film, wenn er ihren Stammvater eine neue Mitarbeiterin
einführen lässt. Sie erklärt also [1][„Der große Rudolph“ (Moshammer)]:
„Bei Mode geht’s nicht ums Material. Es geht nicht um die Qualität. – Es
geht um die Wirkung.“ Zuvor hat er die junge Frau in sein Atelier geführt –
den Keller unter seinem Laden: „Des is Mailand, quasi.“
Da lässt er in Mäntel, die er für 15 Mark aus einer Konkursmasse gekauft
hat, neue Schulterpolster und das „Moshammer-Wapperl“ einnähen. Danach
kosten sie 2.000 Mark: „Aber nur weil ich den Mantel so teuer mach, bekommt
der auch den Wert, verstehn’s mich?!“
Man tritt Alexander Adolph nicht zu nahe, wenn man ihn als
Hochstapler-Regisseur bezeichnet. Sein Dokumentarfilm „Die Hochstapler“
(2006) und sein Spielfilmdebut „So glücklich war ich noch nie“ (2009),
beide preisgekrönt, waren Psychogramme von Hochstaplern. Denen er nun ein
weiteres hinzufügt. Dass „der Mosi“ seine Kreationen nicht immer selbst
entworfen, sondern zugekauft hat, ist bekannt. Aber ob er dabei wirklich so
radikal rustikal vorging wie in Adolphs Film?
## Zwischen Hedonismus und Kapitalismus
Es ist das München der 1980er Jahre, Hedonismus und Kapitalismus, Bussi,
Bussi und Schickimicki, Champagner und – Kir Royal. Unweigerlich ist man
[2][beim großen Helmut Dietl und seinen großen Gesellschaftssatiren], deren
größte den Namen jenes Edelmischgetränks trägt. Der Monaco und der Baby
waren egozentrische Arschlöcher, gewiss, aber, wie sie der Dietl gezeichnet
hat, eben auch liebenswerte Träumer. Unverkennbar hat Adolph seinen „Mosi“
den – unerreichbaren – Dietl-Helden nachempfunden. Man mag ihn nicht
verurteilen. Er ist ein Manipulator, ein Trickser – aber das sind die
anderen auch, sei es die Kosmetikerin oder die eigene, so dominante, so
eifersüchtige Mutter: „Der Rudi macht, was ich ihm sag!“ Bis zu ihrem Tod
1993 war sie stets an seiner Seite, sie und die wechselnden Hunde mit Namen
Daisy.
Und ständig hat er zwei Gönner, Finanziers im Nacken, auch dieses von
Sunnyi Melles und Hanns Zischler gespielte Duo hat reale Vorbilder. (Das
der Melles heißt Angela Opel – man kann sie in der BR-Dokumentation
„Rudolph Moshammer – Was vom Traum geblieben ist“ kurz sehen.) Wie schon …
der dritten Folge „Kir Royal“ („Das Volk sieht nichts“) für die Rolle …
Landtagsabgeordneten Gaishofer greift Zischler auf seinen fränkischen
Heimatdialekt zurück; wie damals gelingt es ihm so schön, die klebrige
Jovialität seiner Figur als verkleidete Boshaftigkeit zu enttarnen, die den
Hochstapler neben ihr um so anständiger aussehen lässt.
Und selbstredend spielen auch Thomas Schmauser (Moshammer) und Hannelore
Elsner (seine Mutter) aufs Vortrefflichste. Gelingt es Schmauser, die
Fragilität, die Angst des gesellschaftlichen Aufsteigers Moshammer auf den
Punkt zu bringen, ihn nicht nur als kostümierten Paradiesvogel, sondern als
Persönlichkeit schillern zu lassen. So dass es der zu 100 % fiktiven
Rahmenhandlung um das arme Hascherl (Lena Urzendowsky), das aus der Provinz
zu Moshammer in seine Boutique kommt, die junge Frau, die er lehrt, das
sein Wapperl den Wert eines Mantels um das Hundertfache steigert, die er
unter seine Fittiche nimmt, in der er sich gespiegelt sieht, vielleicht gar
nicht bedurft hätte. Gewiss unnötig, aber ein schönes Detail ist der
Auftritt von [3][Tocotronic-Frontmann Dirk von Lowtzow] als blondierter,
„Sunshine Reggae“ intonierender Partysänger. Und der Cameoauftritt von
Franz Josef Strauß (†1988)?
Wie alle klügeren Biopics ist „Der große Rudolph“ eine Momentaufnahme.
Moshammers Homosexualität, seine einsame Praxis, des Nachts Stricher in
seinen Rolls-Royce zu laden und mit nach Hause zu nehmen, wird nur
angedeutet. Bis zu seiner Ermordung 2005 ist es noch lange hin.
19 Sep 2018
## LINKS
[1] /!652337/
[2] /Nachruf-auf-Regisseur-Helmut-Dietl/!5014477
[3] /Tocotronic-Konzert-in-Berlin/!5496258
## AUTOREN
Jens Müller
## TAGS
München
öffentlich-rechtliches Fernsehen
Nachruf
Menschen
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