# taz.de -- Streik am Istanbuler Flughafen: Polizei nimmt 500 Arbeiter fest | |
> Nach tödlichen Unfällen auf der Baustelle des Istanbuler Flughafens | |
> streiken die Arbeiter. Die Polizei versucht, den Ausstand | |
> niedergeschlagen. | |
Bild: Istanbul: Verhaftung von Menschen, die gegen die Festnahme der Flughafena… | |
Athen taz | In der Nacht auf Samstag hat die Polizei in Istanbul Hunderte | |
streikende Arbeiter festgenommen. Nach Angaben der regierungskritischen | |
Gewerkschaft Insaat-Yapi-Is drang die Polizei in den frühen Morgenstunden | |
in die Unterkünfte der Arbeiter ein, die auf der Großbaustelle für den | |
neuen Flughafen von Istanbul beschäftigt sind, und nahm rund 500 von ihnen | |
in Gewahrsam. Damit sollte ein Streik, den die Arbeiter Freitag früh | |
begonnen hatten, niedergeschlagen werden. Gegenüber der Deutschen | |
Presseagentur (dpa) sagte der Vorsitzende der Gewerkschaft, Özgür | |
Karabulut, der Streik sei damit aber nicht beendet. „Die Wut der Arbeiter | |
wird nicht so leicht nachlassen.“ | |
Seit vier Jahren wird unter Hochdruck am Bau des dritten Flughafens für | |
Istanbul gearbeitet. Er soll am 29. Oktober, zum Jahrestag der | |
Republikgründung, von Präsident Recep Tayyip Erdoğan eröffnet werden. Der | |
Flughafen ist das größte und wichtigste Infrastrukturprojekt der Regierung | |
Erdoğan. Er soll mit einer Kapazität von 90 Millionen Reisenden im Jahr | |
eröffnet werden, später für 200 Millionen jährlich ausgebaut werden. Damit | |
hätte Istanbul den größten Flughafen der Welt. | |
Laut Medienberichten sind die Arbeitsbedingungen auf dem Großprojekt | |
katastrophal. Wegen mangelnder Sicherheitsvorkehrungen soll es nach | |
Recherchen regierungskritischer Medien in den bisher vier Jahren Bauzeit zu | |
rund 300 tödlichen Unfällen gekommen sein. Offiziell räumt die Regierung 27 | |
Todesfälle ein. | |
Anlass für den aktuellen Streik war der Unfall eines Servicebusses, der die | |
Arbeiter von ihrem Schlaflager zur Baustelle bringen sollte. Dieser | |
Busshuttle wird seit Langem kritisiert. In den provisorischen Unterkünften | |
sind rund 15.000 Arbeiter untergebracht. Die Streikenden beklagen aber auch | |
Hetze, mangelnde Sicherheitsvorkehrungen und schlechte Bezahlung durch | |
zwischengeschaltete Subunternehmen. | |
## Wasserwerfer und Tränengas | |
Die Regierung will unter allen Umständen den Eröffnungstermin sichern. Sie | |
hatte deshalb bereits am Freitag ein massives Polizeiaufgebot mit | |
Wasserwerfern und Tränengas auf die Baustelle geschickt. Auch eine | |
Solidaritätsdemonstration am Samstag im Stadtteil Kadiköy wurde von der | |
Polizei gewaltsam aufgelöst. | |
In regierungsnahen Medien, allen voran dem Fernsehkanal A-Haber, wird der | |
Streik als vom Ausland gesteuerte Provokation dargestellt, der die | |
Eröffnung behindern soll. A-Haber sagte, nachdem die USA die Türkei mit | |
wirtschaftlicher Erpressung nicht auf Linie bringen konnte, habe man nun | |
den Streik gegen das wichtigste türkische Projekt initiiert. Auch | |
Deutschland sei gegen den Bau, weil man die Konkurrenz für den Frankfurter | |
Flughafen fürchten würde. | |
Das für den Bau zuständige Unternehmen IGA hatte erklärt, man werde so | |
schnell wie möglich Maßnahmen ergreifen, um etwaige Missstände zu | |
beseitigen. Laut Gewerkschaft gibt es aber keinerlei konkrete Zusagen. | |
16 Sep 2018 | |
## AUTOREN | |
Jürgen Gottschlich | |
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