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# taz.de -- Geplante Demos in Chemnitz: „Entschlossen für Demokratie“
> Wieder stehen Demonstrationen in Chemnitz an. Neue Ausschreitungen sind
> möglich. Die Polizei will diesmal mit einem Großaufgebot dagegenhalten.
Bild: Gespanntes Warten vor der Stadthalle in Chemnitz
Chemnitz dpa | In Chemnitz wappnet sich die Polizei für mögliche neue
Auseinandersetzungen. An diesem Samstag werden Tausende Menschen zu
Demonstrationen erwartet. Die Polizei geht von einer Teilnehmerzahl im
unteren fünfstelligen Bereich aus.
Vor knapp einer Woche war ein 35-jähriger Deutscher bei einer
[1][Messerattacke in Chemnitz] getötet worden, zwei weitere wurden
verletzt. Als Tatverdächtige sitzen ein Iraker und ein Syrer in
Untersuchungshaft.
Dem Verwaltungsgericht Chemnitz zufolge hätte der Iraker im Mai 2016 nach
Bulgarien abgeschoben werden können. Dies sei aber nicht vollzogen worden,
weshalb die Überstellungsfrist von sechs Monaten abgelaufen sei. Auch soll
er [2][einem Medienbericht zufolge] gefälschte Personaldokumente besessen
haben.
Die Tat war Anlass für Demonstrationen, aus denen heraus es zu
rassistischen Attacken kam. Auch der Hitlergruß wurde gezeigt.
Ein Bündnis aus rund 70 Vereinen, Organisationen und Parteien hat ab
Samstagvormittag zu Demonstrationen unter dem Motto „Herz statt Hetze“
aufgerufen. Mehrere Politiker wie die Parteichefin der Grünen, Annalena
Baerbock, haben sich angesagt. Am Nachmittag sind Kundgebungen der
rechtspopulistischen Bürgerbewegung Pro Chemnitz sowie ein Trauermarsch der
AfD und des fremden- und islamfeindlichen Bündnisses Pegida geplant. Dazu
wird auch der Thüringer AfD-Chef Björn Höcke erwartet.
## Rechte extrem gut vernetzt
In der Nacht auf Samstag blieb es nach Angaben der Polizei ruhig in der
sächsischen Stadt. Wegen der Sicherung der Demonstrationen in Chemnitz
hatte die sächsische Polizei zuvor für eine Verlegung des Zweitliga-Spiels
von Dynamo Dresden gegen den Hamburger SV gesorgt.
Außenminister Heiko Maas rief vor den erneuten Demonstrationen und
anlässlich des 79. Jahrestages des Beginns des Zweiten Weltkrieges zu einem
entschlossenen Eintreten für Demokratie auf. „Vor 79 Jahren begann der 2.
Weltkrieg. Deutschland brachte unvorstellbares Leid über Europa“,
[3][schrieb der SPD-Politiker bei Twitter]. „Wenn heute wieder Menschen mit
Hitlergruß durch die Straßen ziehen, bleibt unsere Geschichte Mahnung und
Auftrag, entschlossen für Demokratie einzutreten. #Chemnitz #herzstatthetze
#C0109“
Bundesjustizministerin Katarina Barley warnte vor einer sich verschärfenden
Missachtung des Rechtsstaates in Deutschland. „Für die Errungenschaften
unseres Rechtsstaates, gerade vor dem Hintergrund unserer Geschichte, dafür
müssen wir alle einstehen“, sagte die SPD-Politikerin der Deutschen
Presse-Agentur. Mit Blick auf die Ereignisse in Chemnitz mahnte sie die
sächsischen Behörden, dass es Konsequenzen für alle Täter geben müsse.
Sachsens Integrationsministerin Petra Köpping (SPD) hält Ausschreitungen
wie in Chemnitz auch in anderen Städten für möglich. Zu den Ausschreitungen
seien Rechtsextreme aus ganz Deutschland angereist, sagte sie der dpa. Die
Rechten seien extrem gut vernetzt. Solche Proteste seien in jeder Stadt
denkbar, in der es ähnlich brutale Vorfälle gebe.
## AfD vom Verfassungsschutz beobachten lassen?
Der AfD-Co-Vorsitzende Alexander Gauland mahnte eine Aufklärung der
Messerattacke an und verurteilte das Zeigen des Hitlergrußes bei den
bisherigen Demonstrationen. Im „Interview der Woche“ des Deutschlandfunks
prangerte er an, dass sich Hooligans und Rechtsradikale auf eine
Demonstration oder eine Versammlung besorgter Chemnitzer Bürger gesetzt und
auch missbraucht hätten. Das wichtigere Thema sei „der Tod eines
Unschuldigen durch zwei Menschen, die nicht hier sein dürften und die nicht
hier wären, hätte es Frau Merkels Flüchtlingspolitik nicht gegeben“.
Justizministerin Barley hatte zuvor dem Südwestrundfunk gesagt: Wer auf
einer Demo unterwegs sei, „wo die Leute rechtsradikale Sprüche brüllen,
Menschen angreifen und den Hitlergruß zeigen, der kann sich nicht mehr
verstecken und sagen: „Ich bin ja nur ein besorgter Bürger“. Dann ist man
Teil eines rechtsradikalen Mobs.“
Vor dem Hintergrund der Ereignisse in Chemnitz wurde zuletzt der Ruf
lauter, die AfD vom Verfassungsschutz beobachten zu lassen.
Bundesinnenminister Horst Seehofer reagierte zurückhaltend: „Derzeit liegen
die Voraussetzungen für eine Beobachtung der Partei als Ganzes für mich
nicht vor“, sagte der CSU-Politiker den Zeitungen der Funke-Mediengruppe.
Eine Mehrheit der Deutschen ist jedoch dafür. In einer repräsentativen
Online-Umfrage des Meinungsforschungsinstituts Civey im Auftrag der
Onlineportale der Funke Mediengruppe sagten mehr als 57 Prozent der
Befragten, die Partei solle „auf jeden Fall“ (42,7 Prozent) oder „eher ja…
(14,5 Prozent) vom Bundesverfassungsschutz beleuchtet werden. Dagegen
meinten knapp 36 Prozent der Befragten, eine Überwachung sei „auf keinen
Fall“ (23,7 Prozent) oder eher nicht erforderlich. Rund 7 Prozent waren
unentschieden.
1 Sep 2018
## LINKS
[1] /Chemnitz/!t5027409
[2] http://www.spiegel.de/panorama/justiz/chemnitz-messerattacke-hauptverdaecht…
[3] https://twitter.com/HeikoMaas/status/1035771029786902528
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