# taz.de -- WM-Qualifikation im Wasserball: Feuchte Träume in Berlin | |
> Nach Jahren der Flaute könnte es mit der Wasserball-Nationalmannschaft | |
> aufwärtsgehen. Beim Weltcup schlägt sie sogar das Team aus Ungarn. | |
Bild: Torwart Moritz Schenkel bei einer Parade im Spiel gegen Ungarn | |
BERLIN taz | Nach dem Wettkampf ist Ausschwimmen angesagt, um die Muskeln | |
zu lockern. Dennis Eidner wuchtet seinen kräftigen Körper aus dem Becken. | |
Eidner ist Center, er spielt also direkt vorm Tor, wo es im Wasserball | |
wirklich zur Sache geht. Im Spiel gegen die Australier hat er zwei schöne | |
Tore erzielt. | |
Dass sein Team beim Weltcup im Berliner Europasportpark am Donnerstagabend | |
mit 9:10 gegen die Australier verloren hat, ist nicht so schlimm, denn die | |
Deutschen [1][sind trotzdem Gruppenerster] geworden, weil sie erst das | |
Weltklasseteam aus Ungarn und danach auch die Japaner bezwungen haben. | |
Fehlt nur noch [2][ein Sieg gegen Südafrika], und sie haben sich für die | |
Weltmeisterschaft in Südkorea qualifiziert. | |
„Überrascht hat uns das nicht“, sagt Eidner, der zwar mit seinen 1,79 | |
Metern relativ klein ist für seine Position, diesen Nachteil aber mit Masse | |
und einem Schmerbäuchlein ausgleicht. Seine Kompaktheit ist auch vonnöten, | |
denn auf der Center-Position läuft ein handfester Kampf zwischen Angreifer | |
und Verteidiger. „Kilos gegen Kilos, darum geht es, man bekommt eine und | |
teilt eine aus“, sagt der Spieler des ASC Duisburg, der zurzeit eine | |
Ausbildung zum Koch bei einer holländischen Hotelkette macht. | |
Die Wasserschlachten sind Normalität im Wasserball. Wer die Fights der | |
schweren Jungs aus Kroatien und Serbien im direkten Duell gesehen hat, der | |
musste annehmen, hier wolle der eine den anderen vor den Augen von etwa 300 | |
Zuschauern ersäufen. Geht es also zu hart zu vor den Wasserballtoren? Hat | |
der Sport ein Foulproblem? | |
Nein, sagt Eidner, das mache den Reiz dieser Sportart aus, auch wenn es | |
manchmal schwierig nachzuvollziehen sei, warum der Schiedsrichter einmal | |
beim Herunterditschen pfeift und anschließend beim Würgegriff nicht. | |
Ja, so ein Center-Spieler sehe manchmal aus wie ein „laufendes Tankschiff“, | |
sagt der Bundestrainer Hagen Stamm. Er war früher selber auf dieser | |
Position im Wasser und weiß, dass man ein bisschen verrückt sein muss, um | |
den Posten zu beziehen: „Wer sich diese Position aussucht, muss entweder | |
sadomaso veranlagt sein oder wissen, was auf ihn zukommt.“ | |
Er vergleicht die Arbeit eines Centers mit der eines Kreisläufers beim | |
Handball. „Der kriegt auch mehr ab.“ Stamm schätzt es, wenn sein Team mit | |
hoher Intensität spielt, so wie derzeit in Berlin, und wenn die Zuschauer | |
auf ihre Kosten kommen. | |
Als das Spiel gegen die Australier zu Ende ist, reißt Hagen Stamm die Arme | |
hoch, als hätte seine Mannschaft weiß Gott was für eine Leistung | |
vollbracht. „Das war die schönste Niederlage meines Lebens heute“, schwär… | |
er. „Das hätte vorher keiner erwartet.“ Damit hat er recht. Die Berichte | |
vorm Turnier waren von einer gewissen Skepsis geprägt, was dieses Team zu | |
leisten imstande ist. Die letzte Olympiateilnahme eines Teams vom Deutschen | |
Schwimm-Verband (DSV) liegt immerhin zehn Jahre zurück. Von der | |
Europameisterschaft in diesem Jahr in Barcelona kam die DSV-Equipe als | |
Neunter zurück – was Stamm als Erfolg verbuchte. | |
## Neuaufbau eines schlagkräftigen Teams | |
Das klang ein wenig verwunderlich, aber die deutschen Wasserballer arbeiten | |
am Neuaufbau eines schlagkräftigen Teams. Fünf „Greenhorns“ habe er neu | |
eingebaut, sagte der Bundestrainer, „verjüngen und die Form verbessern, das | |
ist nicht so einfach“. Über 100 Tage hat die Nationalmannschaft in diesem | |
Jahr gemeinsam verbracht. Offensichtlich ist da etwas zusammengewachsen. | |
„Ich wusste, dass die Jungs gut spielen können und Moral haben.“ Gegen die | |
Ungarn haben sie sogar einen Dreitore-Rückstand aufgeholt und am Ende 12:10 | |
gewonnen. Das war eine kleine Sensation, an der auch Keeper Moritz Schenkel | |
seinen Anteil hatte. | |
Gegen Australien hat der Torwart von Waspo Hannover wieder erstaunlich | |
viele Bälle abgewehrt. Ohne ihn hätte das Team bestimmt höher verloren. Er | |
sagt: „Mit kleinen Schritten gehen wir immer weiter nach vorn, die | |
Mannschaft ist jünger und schneller geworden.“ Er sei stolz, Teil eines | |
Projekts zu sein. Der Student, der in Teilzeit bei einem Wohnungsbaukonzern | |
arbeitet, sieht freilich noch viel Entwicklungspotenzial, vor allem was das | |
Marketing der deutschen Wasserballvereine und die Förderung von | |
Juniorenspielern anbelangt, aber sein Traum lebt, sagt er. Der Traum von | |
Olympia. | |
Vier Quali-Chancen wird das deutsche Team bis April 2020 haben. „Ich würde | |
das alles nicht machen, wenn ich Tokio nicht vor Augen hätte“, sagt Moritz | |
Schenkel. | |
14 Sep 2018 | |
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## AUTOREN | |
Markus Völker | |
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