| # taz.de -- Deutsche Wasserball-Meisterschaft: Spandaus Feinde | |
| > Der Rekordmeister aus Berlin hat sich zum 36. Mal den Titel gesichert. | |
| > Doch die Spandauer Dominanz bröckelt. Hannover will nicht länger Zweiter | |
| > sein. | |
| Bild: Das Spandauer Vorzeigeteam ist in der Finalserie leicht ins Schwitzen gek… | |
| Hannover taz | Das düstere Gesicht, mit dem Darko Brguljan zur Siegerehrung | |
| erschien, ließ Ärger erahnen. „Was um Himmels willen machst du? Du pfeifst | |
| wie eine Pussy“, schimpfte einer der besten Wasserballer Europas, der | |
| gerade von einem starken Gegner und den Schiedsrichtern ausgebremst worden | |
| war. | |
| Per Roter Karte des Wassers verwiesen, das Heimspiel gegen Seriensieger | |
| Wasserfreunde Spandau 04 mit 8:12 verloren: Vielleicht war das alles zu | |
| viel für einen Könner, der für Waspo 98 Hannover auf Torejagd geht. | |
| Brguljan will sich nicht damit abfinden, dass immer nur Spandau deutscher | |
| Meister wird. Am Mittwochabend haben sich die Berliner zum 36. Mal den | |
| Titel gesichert – aber in dem Rivalen aus Hannover einen bissigen | |
| Herausforderer gefunden. | |
| Rund 1.000 Zuschauer im beschaulichen Volksbad Limmer hatten gejubelt, | |
| gelitten und am Ende gestaunt. Dass Spandaus Vorzeigeteam in der | |
| Finalserie (3:1) leicht ins Schwitzen gekommen war, belebt das Geschäft im | |
| nationalen Wasserball. „Hannover wird die neue Wasserballhochburg sein“, | |
| hatte Waspo-Präsident Bernd Seidensticker schon während der Halbzeitpause | |
| getönt – als sein Team mit 4:8 zurücklag. Die Niedersachsen treten mit | |
| Absicht so selbstbewusst auf, weil sie ein Zeichen setzen wollen. | |
| Dass ständig Spandau jubelt und die besten deutschen Spieler zwangsläufig | |
| zu den Berlinern wechseln, mag gut für deren Titelsammlung sein. Es ist | |
| schlecht für die Spannung der höchsten deutschen Liga. Auch die Finalserie | |
| 2017 hat gezeigt: Wenn Spandau ernsthaft aufspielt, schluckt die Konkurrenz | |
| Wasser. So war es auch an diesem schönen Sommerabend, an dem Meistertrainer | |
| Peter Kovacevic aus guter Tradition nach Spielende in voller Kleidung ins | |
| Wasser geworfen wurde. | |
| ## Der Jubel säuft ab | |
| Auch die hünenhaften Spandau-Spieler um den überragenden Franzosen Mehdi | |
| Marzouki müssen viel Kraft aufbringen, ehe sie einen Pokal in die Höhe | |
| stemmen dürfen. „Hannover hat ein großartiges Team. Das macht den Titel | |
| umso schöner“, meint Trainer Kovacevic. Aber ihr Jubel säuft – mit Blick | |
| auf die bundesweite Wahrnehmung des Wasserballs – in der Routine des | |
| Siegens ab. Und er wird überlagert von einer Grundsatzdebatte, die aus | |
| Berlin und Hannover verfeindete Vereine macht. | |
| Spandau versucht seit Jahren, das klassische Sportfördersystem so gut wie | |
| möglich zu nutzen, und trainiert in enger Abstimmung mit Hagen Stamm, der | |
| Präsident des Vereins und zugleich Bundestrainer ist. Waspo will aufholen, | |
| indem es nicht vorrangig auf nationale Talente, sondern auf Profis aus ganz | |
| Europa setzt. Aus dieser Konstellation entsteht eine Rivalität, die zwar | |
| für Schlagzeilen sorgt, aber in der Sache nicht weiterführt. Sie belegt in | |
| jedem Fall, dass es dem deutschen Wasserball an gutem Nachwuchs und damit | |
| an Argumenten im Kampf um eine bessere Förderung fehlt. | |
| Mit Roger Kong gibt es ein gutes Beispiel dafür, wie man als guter | |
| Wasserballer ein schlechtes Miteinander sachlich beurteilt. Der smarte | |
| Torhüter, 1984 Berlin geboren, fühlt sich in Hannover sehr wohl. Er spielt | |
| keine Rolle mehr in der Nationalmannschaft. Dass sein aktueller Verein ihm | |
| einen sportfreundlichen Arbeitsplatz vermittelt hat, findet er angesichts | |
| der hohen Ziele fast logisch. „Bei den deutschen Talenten herrscht leider | |
| Mangelware“, erklärt Kong. Sein Chef im Wasser und im Job heißt Karsten | |
| Seehafer. Der Trainer leitet ein Industrieunternehmen und nutzt seine | |
| Finanzkraft, um die Lücke zu Spandau kleiner werden zu lassen. | |
| ## Das Bayern München des Wasserballs | |
| „Wir wollen Meister werden und in der Champions League nicht abgeschossen | |
| werden. Bei dieser Zielsetzung nur auf deutsche Spieler zu setzen wäre naiv | |
| und hat nichts mit einem freien Europa zu tun“, sagt Seehafer. Der | |
| gewichtige Trainer war einst ein guter Wasserballer. 1993 ist Seehafer mit | |
| Waspo deutscher Meister geworden. Seitdem schmachtet der Verein nach einem | |
| solchen Erfolg. | |
| Eigentlich müsste sich Spandau 04, angesichts seiner Dominanz oft als | |
| Bayern München des Wasserballs bezeichnet, über einen neuen Herausforderer | |
| richtig freuen. Aber in die Sorge um den eigenen Status mischen sich auch | |
| sehr bissige Töne. Spandau-Ikone Hagen Stamm kritisiert, dass man in | |
| Hannover nicht das deutsche, sondern angesichts von sehr vielen zugekauften | |
| Spielern eher das südosteuropäische Wasserball unterstütze. „Ich finde es | |
| schade, wenn da fast nur Ausländer spielen. Waspo muss auch eine eigene | |
| Nachwuchsarbeit machen“, sagt Stamm. | |
| Solche Kritik empfinden die Herren Seidensticker und Seehafer als | |
| „gestriges Denken“ und als bloßes „Machtspiel“. Und es ist Hannoveraner | |
| Ansporn, es den Spandauern mal zu zeigen. | |
| 15 Jun 2017 | |
| ## AUTOREN | |
| Christian Otto | |
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