Introduction
Introduction Statistics Contact Development Disclaimer Help
# taz.de -- Berliner Szenen: Besinnungslos im Flowmarktflow
> Jeden zweiten Sonntag ist Flohmarkt am Maybachufer. Eine gute
> Gelegenheit, um auszumisten. Doch was wollen die Leute nicht mal
> geschenkt?
Bild: Jeder darf sich nehmen!
Schon seit Monaten steht eine Kiste mit Zeug bei mir rum. Dinge, die ich
nicht mehr brauche, die aber zum Wegwerfen zu schade sind.
Nun ist jeden zweiten Sonntag „Flowmarkt“ am Maybachufer, und rund um die
offiziellen Buden wuchert bis in die Seitenstraßen eine muntere
Schattenwirtschaft mit wilden Ständen und fliegenden Verkäuferinnen. In
diesem Setting, so mein Plan, werden meine Dinge bestimmt mitgenommen von
den vielen Menschen, die dort alle schon ganz wuschig und besinnungslos im
Flowmarktflow herumflanieren.
Am ersten Septembersonntag schaffe ich es endlich. Ich trage die Kiste die
Sanderstraße entlang, schon dort haben zwei kleine Mädchen einen Stand
aufgebaut. Die eine will ein Verkaufsgespräch beginnen, aber die andere
fährt dazwischen: „Nein, der kann nicht, der hat seine Hände nicht frei.“
Meine Sachen drapiere ich auf der Hobrechtbrücke. Es sind unter anderem:
eine Fünf-Liter-Gießkanne mit einem winzigen Riss; ein Wachsgießen-Set;
eine Metalldose in Form einer kitschigen Eule; ein auf Vintage gemachtes
Autoschild, Kuba-Souvenir meiner Mutter; eine altersschwache klobige
TV-Antenne; ein Mercedes-Stern, aber ein großer, vom Frontkühlergrill, den
ich als 15-Jähriger mal stolz erbeutet habe; diverse chinesische
Raubkopie-DVDs, darunter „Miami Vice“; Luftschlangen, originalverpackt.
Auf die Pappkiste schreibe ich: „For free / Nehmt euch. Rest hole ich heute
Abend ab und schmeiß ihn weg“, dann gehe ich noch ein Eis essen,
Kürbiskern-Vanille, denn dieser Tage weiß man ja nie, ob es das letzte Mal
ist.
Als ich gegen 21 Uhr wiederkomme, ist es noch ungewöhnlich warm draußen.
Die Kiste ist quasi leer! Es sind nur noch eine Fake-Leder-Handyhülle und
eine CD drin. Ich bin offenbar ein Flowmarkt-Verkaufsgenie.
10 Sep 2018
## AUTOREN
Michael Brake
## TAGS
Berliner Szenen
Flohmarkt
Berliner Szenen
Berliner Szenen
Berliner Szenen
Berliner Szenen
Berliner Szenen
## ARTIKEL ZUM THEMA
Berliner Szenen: Die Schlange ist erratisch
Von wegen alles verpeilte Druffis. Hunderte kommen zum Vorverkauf für ein
Technofestival im Sommer 2019. Die Zeit vertreiben wir uns mit
Fremdwörtern.
Berliner Szenen: „Schwäne, macht mal ’ne Choreo!“
Auf einmal schwimmt eine rosa Trinkflasche auf dem Landwehrkanal. Zwei
Kinder weinen bitterlich. Und alle haben Ideen, was zu tun ist.
Berliner Szenen: Ein unangenehm vertrauter Geruch
Es stinkt in der Wohnung. Dann wieder nicht. Dann wieder doch. Die Katze
hat damit zu tun. Aber wo kommt es her? Eine verzweifelte Suche.
Berliner Szenen: Wenn die vorne zu schnell sind
Eine Radtour übers Land kann schön sein. Außer, man gerät in eine
ungünstige soziale Situation. Die muss dann besprochen werden.
Berliner Szenen: Wer ist dumm und stellt sich schlau?
Auf einmal steht er da wirklich und lächelt, natürlich mit Schal. Eine
letzte Begegnung mit Chris Dercon in den Eingeweiden der Volksbühne.
You are viewing proxied material from taz.de. The copyright of proxied material belongs to its original authors. Any comments or complaints in relation to proxied material should be directed to the original authors of the content concerned. Please see the disclaimer for more details.