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# taz.de -- Die Wahrheit: Vom Chairman zur Chairperson
> Sylvia Meehan ist tot. Sie hat der irischen Männerwelt als
> Gleichstellungsbeauftragte auf der Nase herumgetanzt. Nun wird sie
> beerdigt.
Vor genau zehn Jahren gab es eine Frage in der irischen Abiturprüfung im
Fach Geschichte: „Welchen Beitrag haben Menschen wie Sylvia Meehan oder
Mary Robinson zur veränderten Rolle von Frauen in der Republik Irland
zwischen 1949 und 1989 geleistet?“
Robinson, eine linke Feministin, wurde im Alter von 25 Jahren Professorin
für konstitutionelles Recht und Strafrecht am renommierten Trinity College
Dublin. 1990 wurde sie überraschend zur ersten Staatspräsidentin Irlands
gewählt. Und Sylvia Meehan? Sie wurde 1977 zum „Chairman“ – also zum
Vorsitzenden – der Behörde für die Gleichstellung von Frauen ernannt. Diese
Behörde war gegründet worden, weil die Europäische Gemeinschaft bei Irlands
Beitritt 1972 verlangt hatte, Frauen bei Jobvergabe und Bezahlung
gleichzustellen.
Meehan, Lehrerin und Frauenbeauftragte in der Gewerkschaft, würde schon
keinen Ärger machen, glaubten die Politiker, die sie anfangs mehr oder
weniger ignorierten. So brauchte sie Jahre, bis ihr Titel von „Chairman“ in
„Chairperson“ geändert wurde.
## Sie sah sich nicht als Feigenblatt
Die Herrschaften hatten aber nicht damit gerechnet, dass Meehan keineswegs
ein Feigenblatt sein wollte. In jahrelangem zähem Kampf setzte sie Gesetze
zur Gleichstellung von Frauen, zur Kinderbetreuung und gegen sexuelle
Belästigung am Arbeitsplatz durch.
Ich habe sie 1985 kennengelernt, sie war die Mutter meines Freundes John.
Man merkte Sylvia auf den ersten Blick nicht an, dass sie eine zähe
Kämpferin war, sie war meist fröhlich und voller Humor. Sie erinnerte eher
an eine typische irische Hausfrau. Zwar hatte sie am University College
Dublin studiert und nach dem Examen in der Universitätsbücherei gearbeitet,
doch nachdem sie ihren Kommilitonen Denis Meehan geheiratet hatte, verlor
sie automatisch ihren Job: Die irische Verfassung verfügte, dass Frauen am
Tag ihrer Hochzeit den öffentlichen Dienst verlassen mussten. Sylvia wurde
Hausfrau, bekam drei Söhne und zwei Töchter.
Doch als Denis 1969 starb, musste sie sich einen Job suchen, denn er hatte
ihr keine Lebensversicherung oder Rente hinterlassen. Die damals 40-Jährige
begann an einer Schule in Dublin zu unterrichten, bis sie zur Chefin der
Gleichstellungsbehörde ernannt wurde.
## Persönlichkeit des Jahres 2009
Nach ihrer Pensionierung berief man sie in den UN-Ausschuss zum
Internationalen Jahr der älteren Menschen. Sie war Mitbegründerin und
Präsidentin des irischen Altenparlaments und Delegierte bei der European
Older People’s Platform in Brüssel. Dafür wurde sie 2009 zur irischen
„Persönlichkeit des Jahres“ gewählt.
Das Referendum im Mai, in dem das Abtreibungsverbot aufgehoben wurde, war
für sie ein später Triumph. Da war sie allerdings schon schwer erkrankt. Am
Donnerstag ist Sylvia gestorben, sie wurde 89 Jahre alt. Heute wird sie
beerdigt.
10 Sep 2018
## AUTOREN
Ralf Sotscheck
## TAGS
Irland
Gleichstellungsbeauftragte
Schwerpunkt Brexit
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