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# taz.de -- Verrohung der Sprache in Australien: Senator fordert „Endlösung�…
> Fraser Anning sprach in seiner ersten Rede im Parlament von einer
> „Endlösung des Immigrationsproblems“. Dafür erhält er jetzt Kritik –…
> Zuspruch.
Bild: Hat entweder im Geschichtsunterricht nicht aufgepasst oder mit Absicht Na…
„Migrationsproblem“, „Transnationale Parasiten“, „falsche Flüchtling…
das Vokabular des australischen Senators Fraser Anning war schon vor
[1][seiner ersten Rede im Parlament] eindeutig. Nun konnte der 68-jährige
es aber um einen weiteren, besonders schwierigen Begriff erweitern: Er
forderte eine „Endlösung des Immigrationsproblems“ – insbesondere für
Muslime.
[2][Als „Endlösung der Judenfrage“] hatten die Nationalsozialisten im
Dritten Reich seit 1941 die Vernichtung allen jüdischen Lebens bezeichnet.
In Deutschland wird der Begriff „Endlösung“ nur noch in Bezug auf den
Holocaust genutzt und auch im Ausland ist die „Final Solution“ ein
eindeutig nationalsozialistisch besetzter Ausdruck.
Dennoch beteuerte Anning im Nachhinein, ihm sei der Hintergrund des
Nazi-Jargons nicht bekannt gewesen. Entschuldigen oder revidieren wollte er
seine Aussage aber nicht. Sein Wunsch habe sich auf eine Abstimmung der
AustralierInnen über ein Einreiseverbot für MuslimInnen bezogen.
Anning, der sich öffentlich gegen die Ehe für Alle und Abtreibungen
ausspricht, zog im November 2017 für die rechtspopulistische One Nation
Party in den Senat ein. Er überwarf sich jedoch mit seiner Partei und
wechselte im Juni 2018 zu der extrem rechten Katter's Australian Party –
und wurde damit deren erster Senator. Im Mai sorgte er mit einem Tweet für
Aufruhr, [3][in dem er muslimische EinwanderInnen als „transnationale
Parasiten“ bezeichnete.]
Grundstein für Ausgrenzung
Rassismus und geschlossene Grenzen haben in Australien Tradition. Gegründet
als Sträflingskolonie auf dem Boden der Aboriginal People, erließ die
Regierung mit dem Zusammenschluss zum Australischen Bund 1901 ein Gesetz,
in dessen Folge 7500 EinwanderInnen aus der Südsee deportiert wurden. Es
war das erste Gesetz in einer langen Reihe von Erlässen unter der
sogenannten „White Australia Policy“, die dafür sorgen sollte, die
Einwanderung von Nicht-Weißen zu verhindern.
Während des zweiten Weltkriegs bekräftigte der damalige Premierminister
John Curtin – den Fraser Anning in seiner Rede übrigens als Vorbild nannte
– diese Politik und Australiens Status als „Außenposten der britischen
Rasse“.
Schon zuvor legte der Umgang der britischen KolonialistInnen mit den
indigenen BewohnerInnen des fünften Kontinents den Grundstein für die
spätere Politik der Abweisung und Ausgrenzung: Aboriginal People und
Torres-Strait-Insulanern wurde Land geraubt, [4][sie wurden gewaltsam zur
Assimilation gezwungen] und getötet. Die Aufarbeitung der Verbrechen an
indigenen AustralierInnen ist immer noch nicht abgeschlossen. Erst 1965
erhielten sie auch im letzten Bundesstaat, Queensland, das Wahlrecht.
Die „White Australia Policy“ wurde über die Jahre immer weiter gelockert
und offiziell 1973 mit dem „Racial Discrimination Act“ beendet. Ihr
Vermächtnis aber lebt weiter.
Es hagelt Kritik
In den Neunzigern sperrte man Geflüchtete in abgelegene Internierungslager.
Seit 2001 wurde es – mit Unterbrechungen – zur allgemeinen Praxis,
asylsuchende Boatpeople [5][auf umliegenden, Australien unterstehenden
Inseln oder in ausländischen Lagern unterzubringen], um die Einleitung von
Asylverfahren zu umgehen. Menschenrechtsorganisationen kritisieren die
australischen Regierungen schon lange dafür.
Für Senator Anning, der seine erste Rede vor dem Parlament dazu nutzte,
nostalgisch von den Zeiten der „White Australia Policy“ zu schwärmen und zu
erklären, dass „zwar nicht alle Muslime Terroristen, aber sicherlich alle
Terroristen Muslime“ seien, hagelte es innerhalb kürzester Zeit Kritik.
Premierminister Malcolm Turnbull und Oppositionsführer Bill Shorten
verurteilten die Aussagen des Senators und reichten sich in einer
historischen Geste die Hände als Zeichen gegen Rassismus. Turnbull nannte
die Wortwahl Annings „eine schockierende Beleidigung an die Erinnerung der
sechs Millionen Juden, die im Holocaust starben“.
Sogar die Vorsitzende der rechtspopulistischen One Nation Party, Pauline
Hanson, wies jegliche Verbindung zwischen Annings Aussagen und ihrer
Partei, der der Senator immerhin viele Jahre angehört hatte, zurück. Die
Rede stamme „direkt aus Goebbels Handbuch“, sagte sie. Dabei hatte Hanson
selbst schon 2016 davor gewarnt, Australien werde von MuslimInnen
überschwemmt. Weitläufig kritisiert wurde sie auch für einen Auftritt im
Parlament in Burka, um für ein Verbot zu werben.
Ein heikler Zeitpunkt
Nur einer reagierte begeistert: Annings Parteivorsitzender Bob Katter
nannte die Rede „solides Gold“ und sagte, er unterstütze seinen Kollegen zu
1000 Prozent.
Die Worte des Senators kamen zu einem besonders heiklen Zeitpunkt: Nicht
mal 24 Stunden später wurde Mehreen Faruqi Australiens erste muslimische
Senatorin. [6][„Ich bin mehr als sauer“, schrieb sie auf Twitter]. Die
Migrantin aus Pakistan [7][nannte Annings Rede gegenüber dem Australian
Guardian] einen „verzweifelten Versuch, relevant zu bleiben und eine lang
vergangene, rassistische Politik wieder aufleben zu lassen“.
15 Aug 2018
## LINKS
[1] https://www.news.com.au/national/politics/fraser-anning-mps-full-speech-on-…
[2] /75-Jahre-Wannsee-Konferenz/!5374380
[3] https://twitter.com/fraser_anning/status/994877092369174548
[4] /Australien-entschuldigt-sich/!5186778
[5] /Australische-Fluechtlingspolitik/!5200734
[6] https://twitter.com/MehreenFaruqi/status/1029309566658392065
[7] https://www.theguardian.com/australia-news/2018/aug/15/mehreen-faruqi-to-be…
## AUTOREN
Maxie Römhild
## TAGS
Australien
Islam
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