# taz.de -- Pop von Zooanzoo: Nach Tokio wegen Dumbo | |
> Klopfzeichen aus dem Underground: Der junge US-Produzent Zooanzoo und | |
> sein Psychedelik-Elektronik-Beat-Album „Neck Out“. | |
Bild: Geht musikalisch sicher nicht baden: Zooanzoo | |
Der Name Zooanzoo dürfte bis dato nur Nerds etwas sagen, die mit dem | |
unerschöpflichen US-Underground vertraut sind. Hinter dem rätselhaft | |
klingenden Alias verbirgt sich der aus Harrisonburg, Virginia, stammende | |
Produzent und Songwriter Zach Williams, der – so erklärt sich der Name – | |
den Spitznamen „Zoo“ trägt. In sein Musikprojekt, das er seit sieben Jahren | |
betreibt, wollte er quasi sein Alter Ego gleich mit implementieren – also | |
nannte er sich Zooanzoo. | |
Anfang 2017 hat Zooanzoo weitestgehend unbemerkt sein Debütalbum „Loud | |
Mouth“ veröffentlicht – sein musikalischer Ansatz ist darauf bereits zu | |
hören: verschrobener, psychedelischer Garagen-Synthiepop mit Broken Beats, | |
wie er in den USA zuletzt vielerorts aufgeblüht ist. | |
Mit „Neck Out“ ist nun sein zweites Album beim Kölner Label Beau Travail | |
erschienen, und damit sollte er sich eine größere Zuhörerschaft | |
erschließen. Denn wie Zooanzoo in den zehn Songs – mithilfe des | |
vertrackt-verschleppten Schlagzeugs seines Kumpels Josh Hebdon und des | |
Saxofonisten Kaleel J. Moore – eine dichte Soundcollage aus TripHop, R&B, | |
Psychedelicpop und Punk erzeugt, ist aufregend. | |
Zooanzoo nutzt in den zehn Songs in erster Linie Loops, die er via | |
Ableton-Soundprogramm schichtet. Das Material, das er loopt, reicht von | |
Gitarrenriffs über Gesangspassagen und Hintergrundchöre bis hin zu Beats | |
und Gescratche. Durch das Schlagzeug gewinnt dieses undurchdringliche | |
Soundgeflecht nochmals hinzu. So etwa beim Track „Goth Mother“, wo die | |
Drums dem Stück Wucht verleihen. Oder bei „My Goddess“ und „Stutter“, … | |
das Spiel mit Becken und Toms wie ein unterschwelliges Rumoren wirkt. | |
Hit und Überraschung zugleich ist „Alcohol“, das im Gesang und in der | |
Hookline plötzlich mit Anleihen an Hardcore daherkommt. Inhaltlich, so | |
erklärt es Williams in einer Mail, befasse er sich darin schlicht mit den | |
allzu alltäglichen Abgründen des Alkohols und deren Auswirkungen auf | |
Freundschaften und Familien. | |
## Do-it-yourself-Ästhetik | |
Politische Abgründe hätten ebenfalls eine Rolle gespielt, wenn auch zum | |
Teil nur indirekt: „Say It Softly“ sei so ein Song, der eine heilende | |
Wirkung entfalten solle – in Anbetracht dessen, dass in seinem Heimatland | |
immer mehr Hass regiere. Williams schreibt, er sei vergangenes Jahr selbst | |
in Charlottesville gewesen, als dort White Supremacists und andere Nazis | |
aufmarschierten und eine Gegendemonstrantin getötet wurde. Musik sei sein | |
Weg, sich dem Hass entgegenzustellen. Insgesamt habe „Neck Out“ viel mit | |
der politischen Situation in den USA zu tun, in „Spin“ gehe es etwa darum, | |
vor dem Präsidenten – „King Dumbo in the Big White House“ nennt er ihn in | |
der Mail – nach Tokio zu fliehen. | |
Zooanzoo ist anzuhören, dass er vom Sound des New Weird America und von so | |
unterschiedlichen Künstlern wie Animal Collective und Grizzly Bear geschult | |
ist. Ähnlich wie genannte Bands ist er „Post-Genre“, Zach Williams angelt | |
sich eben aus dem Popuniversum, was er braucht. Das Phänomen Hauntology ist | |
da natürlich nicht weit – mal scheint aus dem Unterbewussten ein Wham!-Beat | |
durchzupochen, dann hört man das gesampelte Knistern von Vinyl oder es | |
dringt von irgendwoher ein Gospelsound durch, seltsam fern bleibend wie auf | |
einer alten Tonbandaufnahme. Teils klingen die Stücke nervös, unruhig und | |
beunruhigend, dann wieder leicht sediert oder narkotisiert. | |
Auch von der Do-it-yourself-Ästhetik ([1][zum Beispiel auf seinem | |
Tumblr-Blog zu sehen]) und der Erscheinung passt der 25-Jährige gut in die | |
jüngere US-Alternativkultur: Auf Fotos sieht man einen stets etwas verstört | |
dreinblickenden jungen Mann mit schulterlangen braunen Haaren, kurzen Hosen | |
und hochgezogenen Socken. | |
Gelegentlich klingen die Vorbilder Zooanzoos, wenn man sie denn so nennen | |
will, noch deutlich durch – dann hat man das Gefühl, einer | |
Animal-Collective-Vorband zuzuhören, die dem Original möglichst nahekommen | |
will. Die meisten Stücke sind überbordend an eigenen Ideen. Und ein | |
adäquater Soundtrack zum weirden Amerika der Gegenwart ist „Neck Out“ | |
sowieso. | |
26 Aug 2018 | |
## LINKS | |
[1] http://zooanzoo.tumblr.com/ | |
## AUTOREN | |
Jens Uthoff | |
## TAGS | |
Pop-Kultur | |
Pop | |
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Panda Bear | |
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