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# taz.de -- Nach Parlamentswahl in Pakistan: Leise Hoffnung auf Neuanfang
> Imran Khan hat als Pakistans neuer Regierungschef seine erste Rede
> gehalten – und viele überrascht. Gelöst sind die Probleme damit noch
> nicht.
Bild: Imran Khan war mal Kricket-Star, jetzt macht er Politik
Delhi taz | Wenn Pakistans Wahlen ein Kricketturnier gewesen wären, dann
hätten Imran Khan und sein Land am Wochenende ausgelassen gefeiert. Am
Samstag wurde der frühere Sportstar als Premierminister der Islamischen
Republik Pakistan vereidigt. Doch Politik und Sport sind nicht dasselbe.
Der Wahlsieg seiner Partei Pakistan Tehreek-e-Insaf (PTI) hat das Land tief
gespalten. Fast alle Oppositionsparteien haben die Wahl als manipuliert
bezeichnet. Khan ist für sie ein Regierungschef von Gnaden der Armee.
Dennoch ist Imran Khan am Wochenende etwas Erstaunliches gelungen: Der
Mann, der oft als politisches Leichtgewicht verspottet wurde, hat eine Rede
gehalten, die inhaltlich überzeugt und selbst Skeptiker beeindruckt hat –
auch wenn seine dritte Ehefrau mit weißem Gesichtsschleier der Vereidigung
bewohnte, was unter Liberalen für Entsetzen sorgte. Khan hat seine erste
Prüfung im Amt mit Bravour gemeistert. Doch vor ihm liegen noch weitaus
schwierigere Aufgaben.
Ehsan Bajwa, ein ehemaliger Beamter aus Lahore, bezeichnete die 70-minütige
Rede als „kathartisch und bedeutsam“, nicht zuletzt weil der neue Premier
die Probleme seines Landes offen ansprach und durch Detailkenntnis
überraschte. Etwa beim Thema Fehlernährung von Kindern. Khan zeigte
Röntgenaufnahmen der Gehirne von einem gesunden und einem fehlernährten
Kind und sagte: „Wir sprechen über 45 Prozent der pakistanischen Kinder,
die unter Wachstumsstörungen leiden. Sie können im Wettbewerb des Lebens
nicht mithalten. So können wir nichts ins 21. Jahrhundert gehen.“
„Das hat mich wirklich beeindruckt“, sagt Abid Suleri, Chef des
unabhängigen Sustainable Development Policy Institute (SDPI) in Islamabad.
„Ich arbeite seit 20 Jahren zu Fragen der Ernährungssicherheit und habe
noch nie einen Entscheidungsträger getroffen, der eine so klare Vorstellung
des Problems hat. Wenn er seine Agenda umsetzen kann, wird Mangelernährung
eine Sache der Vergangenheit in Pakistan sein.“
## Finanzierung eines „islamischen Wohlfahrtsstaats“ unklar
Genau hier dürfte das Problem liegen. Der immer wieder von Khan in Aussicht
gestellte „islamische Wohlfahrtsstaat“ muss finanziert werden. Doch die
Bedingungen sind ungünstig. Zwar verzeichnet Pakistan in diesem Jahr ein
Wirtschaftswachstum von 5,8 Prozent, und die Börse in Karachi war im
vergangenen Jahr eine der erfolgreichsten in Asien. Doch der Staat ist so
gut wie pleite, die Devisenreserven reichen gerade noch für zwei Monate,
nicht zuletzt weil massive Investitionen in den China-Pakistan Economic
Corridor (CPEC) die Inflation angeheizt und die Auslandsschulden
hochgetrieben haben.
In seiner Rede appellierte Khan daher an seine Landsleute, ihre US-Dollar
in Pakistan anzulegen. Doch es ist zweifelhaft, ob ihm dies den Gang zum
ungeliebten Internationalen Währungsfond (IWF) erspart. „Anstatt im Ausland
um Kredite zu betteln, muss das pakistanische Volk Opfer bringen und auf
seinen eigenen Füßen stehen“, so Khan. Doch „egal wer an der Regierung is…
es ist praktisch ausgemacht, dass Pakistan einen neuen Kredit des IWF in
Anspruch nehmen wird“, sagt Akbar Zaidi, Wirtschaftsprofessor in Karachi.
Das Versprechen eines „islamischen Wohlfahrtsstaats“ hält Zaidi für ein
„Lippenbekenntnis“. Dennoch ist er optimistisch, dass sich Pakistans
Wirtschaft getrieben von chinesischen Investitionen und einer kräftigen
Inlandsnachfrage positiv entwickeln wird. Auch weil er Imran Khan
zubilligt, dass er seinen Schwerpunkt auf „gute Regierungsführung“ und eine
„Verbesserung der sozialen Infrastruktur“ legen wird.
Dafür, dass sich nicht allzu viel in Pakistan ändern wird, spricht
allerdings die Zusammensetzung des neuen Kabinetts. Alte Schlachtrosse wie
Shah Mahmood Qureshi, der bereits in der letzten PPP-Regierung
Außenminister war, und junge Talente wie der Generalssohn und neue
Finanzminister Asad Umer sorgen für eine breite Repräsentanz der
politischen Klasse Pakistans. Zwölf der 21 Ministerinnen und Minister waren
früher Mitglieder der Militärregierung von General Pervez Musharraf, fünf
dienten bereits in einer PPP-Regierung.
## Drei Frauen im neuen Kabinett
Drei Frauen haben es ins Kabinett geschafft, darunter Fehmida Mirza als
Ministerin für Inter-Provinz-Koordination. Die ehemalige PPP-Politikerin
und frühere Sprecherin des Parlaments ist eine engagierte Kämpferin für
Frauenrechte.
Auch Imran Khans Ankündigung, nicht in den pompösen Präsidentenpalast
einziehen zu wollen, ist alles andere als eine Revolution. Seine
Privatvilla in Banigalla in den Bergen über Islamabad ist ohnehin schöner.
21 Aug 2018
## AUTOREN
Britta Petersen
## TAGS
Pakistan
IWF
Imran Khan
Pakistan
USA
Pakistan
Schwerpunkt Flucht
Pakistan
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