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# taz.de -- Kritik oder Nicht-Kritik an Hamas: Die Linkspartei streitet über I…
> Der Bundesvorstand verurteilt das Vorgehen von Israels Militär gegen den
> „Rückkehrmarsch“ – die Hamas-Raketenangriffe aber nicht.
Bild: Wie Hamas-freundlich wollen sie sein?
Berlin taz | Die Linkspartei streitet wieder über Israel. Grund ist eine
Resolution zu [1][den Protesten in Gaza], die der neugewählte
Bundesvorstand auf seiner Sitzung Anfang Juli beschloss. „Die Linke
verurteilt das gewaltsame Vorgehen der israelischen Regierung und des
israelischen Militärs gegen die mehrheitlich friedlichen Massenproteste der
Palästinenser in Gaza“, heißt es darin. „Die Linke ruft außerdem zu einem
Ende der Raketenangriffe aus Gaza auf Israel sowie zum Ende israelischer
Angriffe auf den Gazastreifen auf.“
Bei den [2][von der Hamas unterstützten Protesten] in Gaza im Zuge des
„Großen Rückkehrmarsches“ waren seit März mehr als 160 Palästinenser
getötet worden. Palästinenser hatten dabei auch versucht, die Grenze nach
Israel zu durchbrechen. Im selben Zeitraum schossen die Hamas und andere
Palästinenser Raketen und Branddrachen auf Israel ab, Israel bombardierte
daraufhin den Gazastreifen.
Ein Änderungsantrag der Hamburgerin Christiane Schneider, die Hamas
aufzufordern, das Existenzrecht Israels anzuerkennen, fand im
Bundesvorstand keine Mehrheit. Kritik kommt nun vor allem aus der Strömung
„Emanzipatorische Linke“: Im Antrag fehle, „dass die Raketenangriffe der
Hamas verurteilt werden“, heißt es in einem Papier: „Es entsteht der
Eindruck, dass der Vorstand der Partei Die Linke nicht willens ist, das
Verletzen und Töten von Israelis durch die Raketenangriffe der Hamas zu
verurteilen.“
Auch der Musiker Andrej Hermlin, Sohn des DDR-Schriftstellers Stephan
Hermlin, wandte sich nach dem Beschluss an den Parteivorstand: „Mein Vater
war Jude und Kommunist. Ich bin es ihm schuldig, meine Stimme zu erheben“,
schreibt er in einem offenen Brief. In der Erklärung des Vorstands fände
sich „kein Wort zum rasenden Hass der Hamas und ihrer Sympathisanten auf
Israel und alles Jüdische“. Hermlin droht mit seinem Austritt aus der
Partei: „Ich erwarte eine Stellungnahme der Führung unserer Partei. Vom
Gehalt eines solchen Bekenntnisses mache ich meinen Verbleib in der Partei
abhängig.“
## Raketenangriffe der Hamas verschweigen
Der Nahostkonflikt hat die Linkspartei immer wieder gespalten. So nahmen
die Bundestagsabgeordneten Annette Groth und Inge Höger 2010 an einem
Schiffskonvoi in den Gazastreifen teil, der vom israelischen Militär
aufgebracht wurde. 2014 kam es zur sogenannten „Toilettenaffäre“: Nachdem
Fraktionschef Gregor Gysi eine Veranstaltung mit zwei antizionistischen
Journalisten in Fraktionsräumen untersagt hatte, belagerten Höger und Groth
zusammen mit den beiden Journalisten Gysi im Bundestag – einige verfolgten
ihn sogar beim Gang zur Toilette.
Erst in den vergangenen beiden Jahren konnte der Konflikt befriedet werden,
unter anderem durch eine gemeinsame Reise der neuen Fraktionsvorsitzenden
Dietmar Bartsch und Sahra Wagenknecht nach Israel. Dass er jetzt wieder
aufbricht, ist auch eine Folge der Verschiebung der Kräfteverhältnisse: Im
Zuge der Flüchtlingsdebatte hat sich ein Teil des linksradikalen Spektrums
von Wagenknecht entfernt und ist nun im Vorstand ein Bündnis mit den
Parteichefs Katja Kipping und Bernd Riexinger eingegangen.
Dazu zählt etwa die Antikapitalistische Linke (AKL). Aus ihren Reihen kommt
nun Kritik, der jetzt beschlossene Antrag sei noch zu soft gewesen:
Bundesvorstandsmitglied Thies Gleiss hatte laut einem im Internet
veröffentlichen Protokoll der AKL in der Vorstandsdebatte für einen noch
weiter gehenden Antrag des Arbeitskreises „Gerechter Frieden in Nahost“
plädiert. Er habe dabei „darauf hingewiesen, dass die Gleichsetzung der
israelischen Militär- und Polizeieinsätze mit den Widerstandsaktionen der
palästinensischen Bevölkerung und militärischen Anschlägen der Hamas nicht
hinnehmbar ist“, heißt es im Bericht von der Klausur des Parteivorstands.
Gleiss setzte sich dafür ein, die Raketenangriffe der Hamas in dem Antrag
gar nicht zu erwähnen. Die „Gleichsetzung beider Seiten „in dieser zutiefst
asymmetrischen Auseinandersetzung“ sei „eine falsche Parteinahme für die
israelische Armee und die rechtsradikale Regierung Netanjahus“. Im
weitergehenden Antrag des Arbeitskreises „Gerechter Frieden in Nahost“
wurden unter anderem die „kreativen Aktionen“ bei den Demonstrationen
gelobt.
Im September geht es weiter: Dann steht ein Treffen des Parteivorstands mit
Hermlin an.
8 Aug 2018
## LINKS
[1] /Kommentar-Gewalt-in-Gaza/!5506186
[2] /Wieder-Proteste-im-Gaza-Streifen/!5511751
## AUTOREN
Martin Reeh
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erwähnt.
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