# taz.de -- Reaktionen auf Mesut Özils Rücktritt: Grüne kritisieren Seehofer… | |
> Özil trainiert in Singapur für Arsenal. In Deutschland schlagen seine | |
> Rassismus-Vorwürfe weiter hohe Wellen. Die Grünen erinnern an einen | |
> „fatalen“ Seehofer-Spruch. | |
Bild: Es gibt auch viele, die Verständnis haben für Özils Entschluss: Er hab… | |
BERLIN dpa | Die Grünen haben im Fall des [1][früheren deutschen | |
Nationalspielers Mesut Özil] Innen- und Sportminister Horst Seehofer (CSU) | |
und den Deutschen Fußball-Bund (DFB) scharf kritisiert. Grünen-Chef Robert | |
Habeck wies Seehofer eine Mitverantwortung für die Entfremdung vieler | |
Deutsch-Türken und indirekt für den Rückzug von Mesut Özil aus der | |
Nationalmannschaft zu. „Wenn der Sportminister sagt, dass der Islam nicht | |
zu Deutschland gehört, dann ist das klar als Ausladung an alle muslimischen | |
Spieler zu verstehen“, sagte Habeck der Rheinischen Post. Özil hatte in | |
seiner Rücktrittserklärung Rassismus-Erfahrungen angeprangert und unter | |
anderem kritisiert, DFB-Funktionäre hätten seine türkischen Wurzeln nicht | |
respektiert. | |
Seehofer hatte im März der Bild gesagt: „Der Islam gehört nicht zu | |
Deutschland. Deutschland ist durch das Christentum geprägt.“ Die | |
hierzulande lebenden Muslime gehörten aber „selbstverständlich“ dazu. | |
Daraufhin war eine kontroverse Debatte entbrannt, in deren Verlauf sich | |
nicht nur der Koalitionspartner SPD, sondern auch Kanzlerin Angela Merkel | |
(CDU) klar von Seehofers Aussage distanziert hatten. | |
Habeck bewertete die Wirkung von Seehofers Aussage als verheerend. „Das | |
Signal, das so an Menschen mit unterschiedlichen Wurzeln gesendet wird, ist | |
fatal. Denn sie spüren genau, wie sie in unserem Land immer stärker | |
ausgegrenzt und stigmatisiert werden“, sagte Habeck. „Die Saat, die die | |
politische Rechte gesät hat und die unter anderem von führenden | |
CSU-Politikern gegossen wurde, geht also auf“, erklärte der | |
Grünen-Vorsitzende. | |
Widerspruch kam vom Parlamentarischen Innenstaatssekretär Stephan Mayer | |
(CSU): „Der Fall Mesut Özil ist ein Einzelfall, den man nicht | |
verallgemeinern darf. Das hat mit der Integration der vier Millionen | |
türkischstämmigen Menschen in Deutschland nichts zu tun“, sagt er der | |
Rhein-Neckar-Zeitung. „Hier geht es um einen sehr gut verdienenden | |
Spitzensportler.“ Özils Rassismus-Vorwurf gegen den DFB und dessen | |
Präsidenten Reinhard Grindel wies der CSU-Politiker als „vollkommen | |
haltlos“ zurück. Es sei „naiv“, wenn der Fußballprofi davon ausgegangen… | |
sei, dass ein gemeinsames Foto mit dem türkischen Staatspräsidenten wenige | |
Wochen vor der Präsidentschaftswahl als unpolitisch angesehen werden könne, | |
sagte Mayer. | |
Claudia Roth kritisiert DFB-Spitze scharf | |
Verständnis für Özils Rassismus-Vorwürfe äußerte Bundestagsvizepräsident… | |
Claudia Roth (Grüne). „Wir sollten diesen Aufschrei zum Anlass nehmen, | |
ehrlich darüber zu reden, warum diese gesellschaftliche Spaltung weiter | |
möglich ist, warum sich Menschen, die wie Mesut Özil hier geboren und | |
aufgewachsen sind, derart ausgebürgert fühlen“, sagte die | |
Grünen-Politikerin der Rhein-Neckar-Zeitung. „Wenn im Erfolgsfall mit dem | |
Deutschen Özil und Boateng groß gefeiert wird, wie vor vier Jahren, aber | |
bei Misserfolgen die ‚Ausländer‘ im Team als Schuldige angeprangert werden, | |
dann ist es Rassismus“, sagte Roth. | |
Massiv kritisierte sie auch die DFB-Spitze: „Wo war der DFB, als im Stadion | |
und den Medien offen gegen Özil und Gündogan gehetzt wurde?“ Die | |
Funktionäre hätten „nichts gegen die völkischen und rassistischen | |
Anfeindungen gegen diese Spieler unternommen“, klagte Roth. „Dass der DFB | |
diese Lawine an Ressentiments nicht wahrgenommen oder ignoriert hat, zeigt, | |
wie groß das Rassismus-Problem bei uns ist!“ | |
Die Türkische Gemeinde in Deutschland hat Mesut Özil für sein Bild mit dem | |
türkischen Staatspräsidenten Recep Rayyip Erdogan kritisiert und zugleich | |
rassistische Äußerungen in der Debatte verurteilt. „Sich mit einem Foto für | |
das politische Regime in der Türkei instrumentalisieren zu lassen, das die | |
Menschenrechte missachtet und mit Füßen tritt, war und ist falsch“, teilte | |
der Vorsitzende Gökay Sofuoglu am Dienstag mit. | |
Doch um dieses Foto geht es laut Sofuoglu schon lange nicht mehr. Özil, der | |
in Deutschland geboren und aufgewachsen sei, habe sich damals für die | |
deutsche Nationalmannschaft entschieden – und sei dafür in der Türkei | |
rassistisch angefeindet worden. Nun werde ihm das Deutschsein und die | |
Zugehörigkeit zu seinem Land abgesprochen, sagte Sofuoglu. „Das ist der | |
eigentliche Skandal dieser ganzen Debatte.“ | |
## Viele Jugendliche sind nun verunsichert | |
Özils Entschluss hat nach Ansicht des Integrationsbeauftragten des Berliner | |
Fußball-Verbands die Arbeit mit Kindern und Jugendlichen erschwert. Das | |
Beispiel des Weltmeisters von 2014 sei in der Vergangenheit genutzt worden, | |
um junge Menschen zu motivieren, sagte Mehmet Matur der Frankfurter | |
Allgemeinen Zeitung. „Um ihnen zu zeigen, dass sie es nach ganz oben | |
schaffen können: in die Nationalmannschaft und zu einem großen Club.“ | |
Gerade bei den „türkischen Jungs“ sei Özil am beliebtesten. | |
Matur äußerte Verständnis für den Rücktritt Özils, der 29-Jährige habe | |
keinen Rückhalt bekommen. „Und dann legt Oliver Bierhoff nach und sagt, | |
hätten wir Özil mal nicht mitgenommen“, beklagte Matur. „Amateurvereine | |
gehen nicht so mit ihren Spielern um. Das hätte dem DFB nicht passieren | |
dürfen. Er (Özil) ist unser Spieler, und er ist in unserer | |
Nationalmannschaft Weltmeister geworden.“ | |
Dem RBB sagte Matur, er werde nun von vielen Jugendlichen gefragt, „wie man | |
Özil so fertig machen konnte – wegen eines Fotos. Sie sagen: Ich fliege in | |
die Türkei, mache Urlaub bei Oma und werde mit einer türkischen Flagge | |
abgelichtet, muss ich dann befürchten, dass ich auch aus der Mannschaft | |
rausfliege?“. Bei einigen seien diese Ängste vorhanden. „Ich versuche, | |
diese Ängste zu nehmen und auch zu motivieren, damit sie sich zeigen und | |
für Auswahlmannschaften empfehlen. Eventuell irgendwann für die deutsche | |
Nationalmannschaft.“ | |
25 Jul 2018 | |
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