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# taz.de -- Vorwürfe in der Linkspartei im Saarland: Lafo, Lutze und die Schla…
> Drei Vertraute von Oskar Lafontaine haben ihr Amt aufgegeben. Sie werfen
> Thomas Lutze Manipulationen an der Mitgliederstatistik vor.
Bild: Heinz Bierbaum und Oskar Lafontaine im sächsischen Landtag
Frankfurt/Main taz | Bei den saarländischen Linken ist der Grabenkrieg
zwischen den beiden Flügeln um Landtagsfraktionschef und Parteigründer
Oskar Lafontaine auf der einen und dem Bundestagsabgeordneten Thomas Lutze
auf der anderen Seite erneut eskaliert. Gleich drei prominente Mitglieder
des Landesvorstands sind jetzt demonstrativ zurückgetreten: der langjährige
Landtagsfraktionsgeschäftsführer Heinz Bierbaum, der bisherige
Parteigeschäftsführer Stefan Leo Schmitt und der Gewerkschafter Elmar
Seiwert.
Nachdem Anfang des Jahres bereits der gewählte Landesvorsitzende, der
Landtagsabgeordnete Jochen Flackus, aus gesundheitlichen Gründen aus dem
Gremium ausgeschieden war, gilt der Versuch, die zerstrittene Partei zu
einen, als gescheitert. Von einem „Scherbenhaufen“ hatte Flackus bereits
vor seiner Wahl gesprochen, als er die Bilanz der langjährigen
parteiinternen Scharmützel gezogen hatte. „Wenn die Mehrheit des
Landesvorstands jetzt so weitermacht, ist die Partei bald endgültig
kaputt“, sagte jetzt Exvorstand Bierbaum der taz.
Die gegenseitigen Vorwürfe sind derart gravierend, dass sie sogar vor
Gericht landen könnten. Auch das hat bei den saarländischen Linken
Tradition. Zwei Mitglieder hatten vor der letzten Bundestagswahl die
Kandidatenliste der Partei mit Manipulationsvorwürfen angefochten und dabei
die Nichtzulassung der Partei riskiert.
Trotz „schwerer Bedenken“ hatte die Landeswahlleiterin die Liste
schließlich zugelassen. Treffen die Vorwürfe der scheidenden
Vorstandmitglieder zu, dann trickst die Mehrheit des Gremiums nach wie vor
bei den Mitgliederlisten, die Grundlage für die Aufstellung der
KandidatInnen und für die staatlichen Zuwendungen nach dem Parteiengesetz
sind.
## „Manipulative Machenschaften“
Der scheidende Landesgeschäftsführer Schmitt spricht in seinem
Rücktrittsschreiben von „satzungswidrigen und manipulativen Machenschaften
in der Mitgliederkartei“. Zum Erreichen von Mandaten oder Parteifunktionen
würden „in größerem Umfang Mitglieder aufgenommen und in vielen Fällen au…
deren Mitgliedsbeiträge übernommen“, schreibt der ehemalige Polizeibeamte
Schmitt.
So erklärt er auch die auffällig niedrigen tatsächlichen gezahlten
Mitgliedsbeiträge. Er rechnet vor, dass 72 Prozent der saarländischen
Linken weniger als den Mindestbeitrag von 3 Euro im Monat zahlen; säumige
Mitglieder würden nicht, wie die Satzung vorschreibe, aus den
Mitgliederlisten gestrichen. Da er keine Möglichkeit sehe, „die
Mitgliederverwaltung in einen satzungsgemäßen und dem Parteiengesetz
entsprechenden Zustand zu bringen“, trete er zurück, heißt es in dem Brief.
Für die Vorstandsmehrheit hält der Vize-Landesvorsitzende und
Lutze-Vertraute Andreas Neumann dagegen. Er weist die Manipulationsvorwürfe
gegenüber der taz als „unsinnig“ zurück, da vor Mitgliederversammlungen
eine Prüfungskommission über die Zulassung der Mitglieder entscheide. Das
Mahnverfahren gegen säumige Parteimitglieder sei längst im Gang, nur noch
nicht abgeschlossen. „Mit Stand 19. 7. 2018“ lägen die Anschriftsdaten von
rund 2.300 Mitgliedern vollständig vor, lediglich bei neun fehle das
Geburtsdatum, schreibt Neumann.
Auch der Bundestagsabgeordnete Thomas Lutze weist jede Kritik zurück. Gegen
ihn war öffentlich der Vorwurf erhoben worden, Mitgliedsbeiträge für andere
bezahlt zu haben, um deren Stimmen auf Nominierungsparteitagen zu nutzen.
Lutze schreibt der taz dazu: „In früheren Jahren hatte ich für 5–6
Mitglieder eine Patenschaft übernommen und nie ein Geheimnis daraus
gemacht.“ Er habe Hartz-IV-Beziehern helfen wollen, in der Partei zu
bleiben. „Da dies nun aber gegen mich verwendet wird, habe ich das
eingestellt“, so Lutze.
## Ungefilterter Machtkampf
In Internetforen tobt indes der Machtkampf ungefiltert. Landesschatzmeister
Manfred Schmidt attackiert dort seinen Namensvetter und ehemaligen
Vorstandskollegen persönlich. Die öffentlichen Rücktritte bestätigten ihn
darin, „dass Du, Heinz und Elmar ausschließlich im Interesse und Auftrag
von Oskar (Lafontaine) im Landesvorstand agiert habt“. Weiter heißt es:
„Dass es nicht auszuschließen ist, dass bei den Mitgliedern manipuliert
wurde, um Mandate zu erzielen, habe ich Dir gegenüber immer wieder zum
Ausdruck gebracht. Allein der Beweis ist sehr schwierig.“
Doch nicht der Bundestagsabgeordnete Thomas Lutze oder das Neunkircher
Ehepaar Neumann habe mit den Mitgliedermanipulationen begonnen, sondern
Barbara Spaniol, schreibt der Schatzmeister. Damit greift er seine
Vorstandskollegin, die amtierende Landtagsvizepräsidentin an, die wie
Neumann nach wie vor als stellvertretende Landesvorsitzende Mitglied des
Gremiums ist.
Im saarländischen Landesverband der Linken tobt offenbar ein Machtkampf für
die Zeit nach dem Ausscheiden des Parteigründers Lafontaine aus dem
Landtag. „Seine Kritiker versuchen sich in Position zu bringen für die
Aufstellung der Listen vor den nächsten Wahlen. Es geht um Mandate, Geld
und Macht“, zieht Exvorstand Bierbaum Bilanz.
Und erstmals hat jetzt gegenüber der taz Lafontaine selbst Stellung
bezogen. Der Landtagsfraktionsvorsitzende erklärt sein Bedauern über diesen
Streit und stellt gleichzeitig fest: „Die bisherige Praxis, Bundestags- und
Landtagsmandate in Mitgliedervollversammlungen zu vergeben, bei denen
Mitglieder abstimmen, die kurz vorher in die Partei eingetreten sind und
danach nicht mehr gesehen werden, kann nicht fortgesetzt werden. Unsere
Wählerinnen und Wähler haben Anspruch auf ein faires Verfahren und darauf,
dass in Zukunft niemand mehr durch Manipulationen, die gegen das
Parteiengesetz verstoßen, ein Mandat erlangen kann.“ Im November wird
voraussichtlich ein neuer Landesvorstand gewählt.
22 Jul 2018
## AUTOREN
Christoph Schmidt-Lunau
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