Introduction
Introduction Statistics Contact Development Disclaimer Help
# taz.de -- Seehofers Masterplan Migration: Mehr Festnahmen, weniger Geld
> Am Begriff „Transitzentren“ hält Seehofer fest – trotz anderslautendem
> Koalitionsbeschluss. Außerdem sollen Leistungssätze reduziert werden.
Bild: Herrgottnochmal: „Brot für die Welt“ bezeichnet Seehofers Plan als �…
Berlin/Osnabrück epd/dpa | Die Zahl von Flüchtlingen steuern, ordnen und
begrenzen – das ist das erklärte Ziel des „Masterplans Migration“ von
Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU). Am Dienstag wurde das 63 Punkte
umfassende Papier in Berlin vorgestellt. Vier Handlungsfelder benennt das
Paket, darunter Maßnahmen in Herkunfts- und Transitländern von Flüchtlingen
sowie Vorhaben auf EU-Ebene.
Angestrebt wird ein gemeinsames Asylsystem mit gleichen Standards in ganz
Europa, eine Unterstützung vor allem afrikanischer Länder, um dort
Bleibeperspektiven zu schaffen und Flucht zu verhindern, sowie die
Schaffung „sicherer Orte“ in Nordafrika, zu denen auf dem Mittelmeer
Gerettete zurückgebracht werden sollen. Weit mehr als die Hälfte das
Papiers widmet sich allerdings angestrebten [1][Verschärfungen im deutschen
Asylrecht].
Seehofers nationale Pläne sehen im Einzelnen vor:
ZURÜCKWEISUNGEN: Der lange umstrittene Punkt 27 gibt den in der Union
gefundenen Kompromiss wieder: Flüchtlinge, die bereits in einem anderen
EU-Land einen Asylantrag gestellt haben, sollen auf Grundlage von Abkommen
mit den betreffenden Ländern in „Transitzentren“ zurückgewiesen werden.
Seehofer hat den Plan nicht mehr aktualisiert, nachdem Union und SPD in
ihrem Kompromiss „Transitverfahren“ statt „Transitzentren“ vereinbart
haben.
GRENZSCHUTZ: Schleierfahndungen und intensivere Kooperation der Polizei in
Bund, Ländern und Nachbarstaaten sollen helfen, Geflüchtete aufzugreifen.
Die Rede ist zudem von einer „Ausweitung der Befugnisse der Bundespolizei“,
um unerlaubte Einreisen zu verhindern.
ANKER-ZENTREN: Die im Koalitionsvertrag vereinbarten Einrichtungen zur
Abwicklung von Asylverfahren von der Registrierung bis zur kommunalen
Verteilung oder Rückführung sind ebenfalls Teil des Masterplans. Nach
Seehofers Plänen sollen im Herbst erste Pilotprojekte starten. Für die
Umsetzung sind die Länder verantwortlich. Nur wenige haben bislang
Kooperation zugesagt.
ASYLVERFAHREN: Flüchtlinge künftig sollen gesetzlich dazu verpflichtet
werden, an einem sogenannten Widerrufsverfahren – bei dem die
Bleibeberechtigung überprüft wird – mitzuwirken. Für Asylbewerber, die
keine Identitätsdokumente vorlegen können, soll es beschleunigte Verfahren
geben, bei denen angenommen wird, dass der Antrag „offensichtlich
unbegründet“ ist. Medizinische Altersfeststellungen sollen in
Zweifelsfällen verbindlich sein. Verwaltungsgerichtsverfahren sollen
beschleunigt und eine Kostenbeteiligung der Schutzsuchenden geprüft werden.
SOZIALLEISTUNGEN: In Gemeinschaftsunterkünften und für abgelehnte
Asylbewerber soll das Prinzip „Sachleistung vor Geldleistung“ gelten.
Flüchtlinge sollen zudem künftig bis zu drei Jahre statt bisher 15 Monate
nur die niedrigeren Asylbewerberleistungen bekommen, die teilweise deutlich
unterhalb der Hartz-IV-Sätze liegen. Verletzung von Mitwirkungspflichten im
Asylverfahren sollen mit Leistungskürzungen sanktioniert werden. Auch die
Teilnahme an Integrationskursen soll strenger überwacht und Fernbleiben
bestraft werden.
ABSCHIEBEHAFT: Die gesetzlichen Grundlagen für die Abschiebehaft sollen
geändert werden – offenbar mit dem Ziel, mehr abgelehnte Asylbewerber
festzusetzen. Der „Masterplan“ sieht vor, die EU-Regelung befristet
auszusetzen, nach der Abschiebehäftlinge getrennt von anderen Häftlingen in
normalen Gefängnissen untergebracht werden müssen. Der Bund soll zudem
prüfen, ob er eigene Gewahrsamseinrichtungen an Flughäfen schafft.
Abschiebungen und damit auch die Abschiebehaft fallen in die Zuständigkeit
der Bundesländer. Der Bund soll sie dabei künftig nach Seehofers Plänen
stärker unterstützen.
Flüchtlings- und Hilfsorganisationen äußerten sich kritisch gegenüber
Seehofers Masterplan. Das evangelische Hilfswerk „Brot für die Welt“
bezeichnete diesen als „Debakel für die Humanität“. Klaus Seitz, Leiter d…
Politikabteilung, erklärte am Dienstag in Berlin: „Zahlreiche
Verschärfungen gegen Schutzsuchende werden postuliert, während kaum ein
Wort darüber verloren wird, welche Verantwortung Deutschland gegenüber
Flüchtlingen hat.“
Es sei keinesfalls so, dass die Mehrzahl der Flüchtlinge von Süden in den
reichen Norden wandert. Die Hauptlast schulterten die armen Staaten selbst.
„Es muss auch eine Aufgabe deutscher Politik sein, sie bei dieser Aufgabe
zu unterstützen.“ Doch die Bundesregierung „legt im Angesicht der globalen
Herausforderungen unserer Zeit einfach die Scheuklappen an“. Die Referentin
für Migration der Organisation, Sophia Wirsching, wies auf eine
„dramatische Leerstelle des Masterplans“ hin. Das sei die Seenotrettung.
„Gefordert wird Sicherheit an den Grenzen, doch von den humanitären
Verpflichtungen gegenüber den Verzweifelten, die über das Mittelmeer
flüchten, ist nicht die Rede.“
Seehofers Plan habe einen „bedenklichen“ Grundtenor, kritisierte auch die
UN-Flüchtlingsorganisation UNHCR. „Der Plan konzentriert sich nur auf
Verschärfungen bei der Verwaltung und in Verfahrensfragen und
vernachlässigt das Wichtigste: den Menschen. Ein Bekenntnis zum Schutz von
Menschen, die in ihrem Herkunftsland bedroht sind, fehlt völlig“,
kritisierte Dominik Bartsch, UNHCR-Vertreter in Deutschland, am Dienstag in
einer Mitteilung.
Er begrüßte, dass die Qualität von Asylverfahren verbessert werden solle.
Zu Transitzentren in Nordafrika äußerte Bartsch Bedenken. Es müsse
ausgeschlossen sein, dass Asylverfahren ausgelagert und Verantwortung
einseitig auf andere Staaten verschoben würden.
10 Jul 2018
## LINKS
[1] /Ex-CSU-Minister-ueber-Seehofers-Manoever/!5516168
## TAGS
Migration
Asyl
Schwerpunkt Flucht
Horst Seehofer
Dublin-System
Horst Seehofer
Schwerpunkt Flucht
Horst Seehofer
Horst Seehofer
Mithulogie
Horst Seehofer
Schwerpunkt Flucht
## ARTIKEL ZUM THEMA
Aktivistin über Seehofers Ankerzentren: „Mit Würde behandelt werden“
Jane Abuya aus Kenia hat mit der Initiative „Women in Exile“ Seehofers
Ankerzentren in mehreren Städten besucht. Die Tour endet am Samstag in
Potsdam.
Kommentar EU-Flüchtlingspolitik: Sommer der Abschottung
Noch vor dem Treffen der EU-Innenminister machen die Vertreter von
Deutschland, Österreich und Italien klar: Geflüchtete sind nicht
willkommen.
Seehofers „Zuwanderungskorridor“: Korridore und Brücken statt Mauern
Korridore wären ein sicherer Weg über das Mittelmeer. Doch wenn Horst
Seehofer davon spricht, ist genau das Gegenteil davon gemeint.
Kommentar Innenminister Horst Seehofer: Merkels Donald
Der Innenminister hat Einiges gemeinsam mit Trump. Beide scheren sich nicht
um gängige Verhaltensregeln. Die Kanzlerin muss dringend handeln.
Kolumne Mithulogie: Nicht mit meinen Steuern!
Geflüchtete sterben im Mittelmeer und wir können nichts dagegen tun. Doch
wir könnten unseren Steueranteil, den Frontex erhält, zurückhalten.
Ex-CSU-Minister über Seehofers Manöver: „Alles Christliche verschwimmt“
Nächstenliebe sei eine Kategorien der Linken geworden, sagt Hans Maier,
langjähriger CSU-Minister und Strauß-Gefährte. Er geht mit seiner Partei
hart ins Gericht.
„Seebrücke“-Demos für Seenotrettung: Masterplan Humanität
In ganz Deutschland haben tausende Menschen für die Rettung von
Schiffsbrüchigen demonstriert. Skandalös sei, dass der Protest überhaupt
nötig ist.
You are viewing proxied material from taz.de. The copyright of proxied material belongs to its original authors. Any comments or complaints in relation to proxied material should be directed to the original authors of the content concerned. Please see the disclaimer for more details.