Introduction
Introduction Statistics Contact Development Disclaimer Help
# taz.de -- Polizei Berlin: Söldner füllen Sommerloch
> Polizeipräsidentin Slowik will europaweit um Nachwuchs werben. CDU-Chef
> spricht daraufhin von „Söldnern“. Dabei arbeiten längst EU-Bürger in
> Berlin als Polizisten.
Bild: Ein deutscher Pass ist nicht erforderlich, um Polizeibeamter zu werden
Eigentlich war es nur eine Nebenbemerkung. Aber als der Satz fiel, horchten
die versammelten Jornalistinnen und Journalisten auf: Sie könne sich
vorstellen, innerhalb Europas junge Leute für die Berliner Polizei
anzuwerben, sagte Polizeipräsidentin Barbara Slowik Ende vergangener Woche
auf einer Pressekonferenz.
Bei der Nachwuchsgewinnung für die Polizei tun sich alle Länder und auch
der Bund schwer. Aber Berlin hat besondere Probleme, geeignetes Personal zu
finden. Viele junge Leute stünden in Europa auf der Straße, so Slowik. Über
die Goethe-Institute könne man ihnen vor dem Einstellungsverfahren
Deutschkurse anbieten.
Es kam, wie es kommen musste, wenn im Sommer mediale Themenflaute herrscht.
Auf einmal bekommen Äußerungen, die unter ferner liefen gesagt waren, einen
ungeahnten Stellenwert. Politiker, die bereit sind, die Geschichte mit
deftigen Kommentaren zu befeuern, finden Journalisten immer.
Der Anruf beim Berliner Fraktionschef der CDU, Burkard Dregger, entpuppte
sich für die Berliner Morgenpost so gesehen als Glücksgriff. „Ich will
keine Söldner für Sicherheit und Ordnung in unserer Stadt,“ erregte sich
Dregger, der auch innenpolitischer Sprecher der Union ist.
Wie bitte? Sind Söldner nicht gekaufte Krieger ohne Moral und Skrupel? Er
bleibe bei dem Begriff Söldner, sagte Dregger am Montag auf Nachfrage der
taz. „Von einem Polizisten muss man ein besonderes Loyalitätsverhältnis zu
unserem Staat erwarten können.“ Bei Leuten aus dem Ausland, als Beispiel
nannte Dregger Albanien, Kosovo und Rumänien, „finden wir das mit
Sicherheit nicht.“ Aber genau darum gehe es doch: „Unsere Bürger müssen d…
Beamten unbedingtes Vertrauen entgegenbringen können.“
## „Unterirdisch und beleidigend“
Der innenpolitische Sprecher der Grünen, Benedikt Lux, selbst gerade im
europäischen Ausland im Urlaub, reagierte empört. „EU-Bürger, die Interesse
am deutschen Polizeidienst zeigen, mit Söldnern zu vergleichen, ist
unterirdisch und beleidigend,“ ging Lux den CDU-Fraktionschef scharf an.
In der Europäischen Union um qualifizierte Mitarbeiter zu werben sei eine
Selbstverständlichkeit. Er habe großen Respekt vor den vielen
eingewanderten Berliner, die hier hart arbeiteten und ihre Steuern zahlten,
so Lux. „Wer Personen diskreditiert, nur weil sie nicht in Deutschland
geboren wurden, hat aus unserer Geschichte nichts gelernt.“
Der eigentliche Grund für die Nachwuchsprobleme sei die schlechte Bezahlung
der Berliner Polizei, sagte Dregger zur taz. Polizisten im mittleren Dienst
hätten monatlich rund 500 Euro weniger im Geldbeutel als ihre Kollegen in
anderen Bundesländern. „Nur Berlin schafft es wieder nicht“, schimpfte der
CDU-Fraktionschef mit Fingerzeig auf den rot-rot-grünen Senat. „Es ist ein
Unding, dieses prekäre Vergütungsverhalten aufrechtzuerhalten und
stattdessen Leute aus dem Ausland anzuwerben.“
Dass Dregger den amtierenden Senat für die schlechte Bezahlung
verantwortlich macht, findet der innenpolitische Sprecher der FDP, Marcel
Luthe, „unredlich“. Von 2011 bis 2016 habe schließlich die Union mit Frank
Henkel den Innensenator gestellt: „Die CDU hatte fünf Jahre Zeit, die
Besoldung zu erhöhen.“ Von dem Vorhaben, in EU-Ländern zu werben, hält aber
auch Luthe nichts. Es könne nicht angehen, dass die schlechten
Einkommensverhältnisse in Europa ausgenutzt würden, „um Leute zu ködern“.
Das Absurde an der Debatte: Bei der Berliner Polizei arbeiten längst
Menschen aus europäischen Ländern. Polen, Lettland, Frankreich, Spanien,
Griechenland, Portugal, Kosovo, listete eine Polizeisprecherin nur einige
davon auf Nachfrage auf.
## Kein deutscher Pass nötig
Weil Angaben über die Herkunft bei der Einstellung freiwillig sind, gebe es
keine validen Zahlen, wie viele Personen und Staaten es wirklich seien. Man
müsse keinen deutschen Pass haben, um als Polizist verbeamtet zu werden,
betonte die Sprecherin. Es genüge, Staatsbürger eines EU-Mitgliedlandes zu
sein.
„Alle leisten den Amtseid auf die freiheitliche demokratische
Grundordnung“, sagte Polizeisprecher Thomas Neuendorf. „An der Loyalität
der Menschen zu zweifeln, weil sie in anderen Ländern geboren worden sind,
ist abwegig.“
„Wenn sie den Job gut machen, sehe ich das vollkommen entspannt“, meinte
Niklas Schrader, Innenpolitiker der Linken. Eine Erhöhung der Besoldung und
Zulagen für die Ordnungshüter der Stadt seien in Arbeit: „Da sind wir
dran.“
Auch der innenpolitische Sprecher der SPD, Frank Zimmermann, verwahrte sich
gegen den abwertenden Begriff Söldner. Ziel sei, den Migrantenanteil bei
der Polizei zu erhöhen. Die Rekrutierung von EU-Bürgern sei ein Baustein
davon. „Auf diesem Weg wollen wir weitergehen“, so Zimmermann.
7 Aug 2018
## AUTOREN
Plutonia Plarre
## TAGS
Polizei Berlin
Barbara Slowik
Burkard Dregger
Polizei Berlin
Polizei Berlin
Polizei Berlin
## ARTIKEL ZUM THEMA
Wie tickt Berlins Polizeipräsidentin?: Voll und ganz auf Linie
Polizeipräsidentin Barbara Slowik hat sich zum ersten Mal den Fragen der
Presse gestellt. Dabei präsentierte sie sich als treue Mitarbeiterin des
Innensenators.
Kommentar Cannabis und Polizeidienst: Pflichtkiffen für Polizeianwärter!
Ein Bewerber darf in Berlin nicht Polizist werden, weil er THC geraucht
hat. Das ist doch einfach nur albern und unwürdig.
Polizeiausbildung in Berlin: Scharfe Kritik an Polizeiakademie
Gutachter aus Bayern legt Bericht zur Polizeiakademie vor: Mangel an
Lehrern, erheblicher Unterrichtsausfall, schlechte Unterbringung.
You are viewing proxied material from taz.de. The copyright of proxied material belongs to its original authors. Any comments or complaints in relation to proxied material should be directed to the original authors of the content concerned. Please see the disclaimer for more details.