# taz.de -- Privates Schiff „Sarost V“: Flüchtlinge sitzen vor Tunesien fe… | |
> Am 14. Juli wurde das private Schiff „Sarost V“ mit 40 aus Seenot | |
> Geretteten zum Hafen Zarzis geschickt. Doch Tunesien will niemanden an | |
> Land lassen. | |
Bild: Geflüchtete im Mittelmeer (Archivbild) | |
Ohne dass die europäische Öffentlichkeit Notiz davon nehmen würde, sitzen | |
weiter 40 aus Seenot gerettete Flüchtlinge auf einem Schiff vor der | |
tunesischen Küste fest. Sie waren am 8. Juli in Libyen in See gestochen, | |
fünf Tage später hatte ihr Boot einen Motorschaden. | |
Der Unfall geschah in internationalen Gewässern, für die Seerettung in dem | |
Gebiet ist Malta zuständig. Nach einer Rettungsaktion am 14. Juli wies die | |
maltesische Leitstelle die „Sarost V“, ein Versorgungsschiff für | |
Ölplattformen, an, die Menschen an Bord zu nehmen. Malta und Italien | |
weigerten sich, sie aufzunehmen, Maltas Rettungsleitstelle schickte die | |
„Sarost V“ zum Hafen von Zarzis, im Süden Tunesiens. | |
Doch auch Tunesien will die Flüchtlinge nicht. Das Schiff liegt seit dem | |
14. Juli etwa fünf Kilometer vor der Küste. Insgesamt dreimal haben | |
Ärzteteams des tunesischen Gesundheitsministeriums und des tunesischen | |
Roten Halbmonds das Schiff aufgesucht, zum letzten Mal am Mittwoch. Sie | |
verteilten Hygienekits unter den Schiffbrüchigen. Das Essen wird ebenfalls | |
vom tunesischen Roten Halbmond gebracht, auch der Schiffskoch kocht für die | |
Geretteten. | |
„Ein Teil der Menschen hat zwei Jahre Zwangsarbeit in Libyen leisten | |
müssen, danach saßen sie bis zu acht Monaten in Lagern dort“, sagt Olivia | |
Santer von der NGO Alarm Phone. „Sie sind davon traumatisiert, das macht | |
die Lage noch schwieriger.“ Alarm Phone kritisiert vor allem, dass das | |
zuständige Malta das Problem auf Tunesien abgewälzt habe. | |
## Zwei Schwangere an Bord | |
Die Menschen an Bord der „Sarost V“ stammen aus Ägypten, Bangladesch, | |
Kamerun, Senegal, Guinea, Elfenbeinküste und Sierra Leone. An Bord sind | |
zwei schwangere Frauen. Auf dem hinteren Deck haben die Flüchtlinge Planen | |
aufgespannt, um etwas Schutz vor der Sonne zu haben, die Temperaturen | |
liegen tagsüber bei 34 Grad. Sie schlafen auf Kartons, vor allem Nachts | |
wird das Deck durch die Wellen nass. | |
Nur der Koch wurde in der Zwischenzeit von der Reederei ausgewechselt. Die | |
übrige Crew musste an Bord bleiben. Ein Crewmitglied sagt: „Es ist wie in | |
einem Gefängnis, und wir haben keine Ahnung, wie es weitergeht. Wir sind 14 | |
Crewmitglieder und 40 Flüchtlinge, wir sind überhaupt nicht dafür | |
qualifiziert, diese zu versorgen. Was tun wir, wenn eine der Schwangeren | |
Probleme bekommt? Die Geretteten sind sehr müde, und wir sind das auch. So | |
geht es nicht weiter.“ | |
Am Mittwoch wandten sie sich mit Videoclips an die Öffentlichkeit. „Keiner | |
hat genug zu essen, keiner hat genug zu trinken“, sagte einer der | |
Geretteten. Die Crew der „Sarost“ tue alles, was ihr möglich sei, doch die | |
Situation werde schlimmer. „Tunesien will uns nicht, Italien will uns | |
nicht. Wir brauchen internationale Hilfe.“ Doch ob und wann die kommt, ist | |
fraglich. | |
Sowohl die tunesische Regierung als auch das UN-Flüchtlingswerk UNHCR haben | |
sich offiziell nicht dazu geäußert. In einer informellen Stellungnahme, | |
die der taz vorliegt, hat das UNHCR erklärt, dass es eine Ausschiffung der | |
Flüchtlinge in Tunesien für vertretbar hält. Ein Teil von ihnen lehnt das | |
ab: Gegenüber der NGO Alarm Phone erklärten sie, dass sie Angst haben, von | |
dort in ihre Länder zurückgeschickt zu werden. | |
Ohnehin ist unklar, ob Tunesiens Regierung dazu überhaupt bereit wäre. Dem | |
Vernehmen nach verhandelt diese über eine sogenannte Relocation-Lösung: Die | |
Flüchtlinge könnten dann in Tunesien an Bord gehen und würden in andere | |
Länder weiterverteilt. So hatten im Juni auch Malta und Spanien Gerettete | |
weiterverteilt, nachdem Italien seine Häfen weitgehend geschlossen hatte. | |
Die „Sarost V“ ist nun der erste Fall, in dem Gerettete aus einer | |
europäischen Rettungszone nach Afrika zurückgeschickt werden. | |
27 Jul 2018 | |
## AUTOREN | |
Christian Jakob | |
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