# taz.de -- WM-Aus für Brasilien: „Es war eine schreckliche Nacht“ | |
> Brasilien war gut, aber Belgien war besser. „Reden wir nicht über Glück, | |
> das würde nur die Leistung des Gegners schmälern“, meint Coach Tite. | |
Bild: Wenigstens kein 1:7 wie vor vier Jahren: Dennoch gedrückte Stimmung in R… | |
Kasan taz | Es gibt sie also auch bei dieser Weltmeisterschaft, diese | |
Spiele, die einen in einen wahren Vollrausch versetzen. Das | |
[1][Viertelfinale zwischen Belgien und Brasilien] war eine jener Partien, | |
die in der Lage sind, die Zuschauer in einen anderen Bewusstseinszustand zu | |
versetzen. Es sind dies die Spiele, die süchtig machen nach diesem Sport. | |
Es war ein Spiel, das so schöne Momente hatte, dass man sich gewünscht | |
hätte, es wäre nicht nach 90 Minuten schon abgepfiffen worden. | |
Es hatte so klare Momente, die gezeigt haben, dass Fußball dann besonders | |
faszinierend sein kann, wenn schnell und direkt nach vorne gespielt wird. | |
Es hatte dramatische Szenen, über die man noch Jahre später diskutieren | |
wird. Und es hatte einen Sieger, der normalerweise nicht gewinnt gegen | |
Brasilien. In all seiner Niedergeschlagenheit brachte es Brasiliens Trainer | |
Tite nach dem Abpfiff auf den Punkt: „Wer Fußball liebt, muss seien Spaß an | |
diesem Spiel gehabt haben. Was für ein Spiel!“. | |
Auf den Vollrausch folgt der Kater. Eine der zwei irren Mannschaften ist | |
ausgeschieden. Das ist natürlich für die Mannschaft, ihren Trainer und die | |
Fans besonders traurig. Mit Brasilien scheidet die spielstärkste Truppe des | |
Turniers aus. Man hätte sie gerne weiterspielen sehen. So schön das Spiel | |
war, so brutal ist die Erkenntnis, dass diese WM ein Stück von ihrem Glanz | |
verloren hat. | |
Über die Belgier, über deren Auftritt, über deren taktische Fertigkeiten, | |
über deren Disziplin und vor allem über deren Mut, gegen Brasilien mit drei | |
Stürmern anzutreten, wird noch viel geredet werden in den nächsten Tagen. | |
Dann sind die Brasilianer schon in ihre Heimat geflogen. Ein paar letzte | |
Worte seien ihnen gegönnt. | |
## Acht sagenhafte Paraden | |
Fast eineinhalb Stunden haben sie sich nach der Niederlage in der Kabine | |
eingeigelt. Dann schlichen sie an den wartenden Journalisten vorbei zu | |
ihrem Bus. Neymar, der nach dem Schlusspfiff weinen musste, wollte nichts | |
sagen. Er hat wieder gezeigt, was er kann, und was er besser bleiben lassen | |
sollte. | |
Es gibt diese Momente in seinem Spiel, denen kann sich niemand entziehen. | |
Wenn er anfängt nicht nur sich, sondern auch seine Mitspieler in Szene zu | |
setzen, wie er es nach dem [2][1:2-Anschlusstreffer durch Renato Augusto] | |
immer wieder getan hat, dann sieht man, dass er besser kicken kann als die | |
meisten anderen, die bei einer solchen Weltmeisterschaft auf den Platz | |
geschickt werden. Wenn er dann aber wieder mal abhebt, weil er im Strafraum | |
einen Grashalm für ein gegnerisches Bein gehalten hat, dann möchte man ihn | |
am liebsten auswechseln und nie mehr spielen sehen. | |
Er wollte nach dem Spiel nichts sagen, so wie viele seiner Kollegen. | |
Marcelo, der wieder mal so emsige Außenbahnspieler, brachte auf den Punkt, | |
was wohl alle dachten: „Es war eine schreckliche Nacht“, sagte er. So recht | |
haben sie nicht verstanden, wie sie dieses Spiel verlieren konnten, bei dem | |
sie 26 Mal auf's Tor geschossen haben und dabei entweder an sich selbst | |
oder am überragenden belgischen Keeper Thibaut Courtois gescheitert sind, | |
der acht sagenhafte Paraden ausgepackt hat. | |
## Der Wembley-Tor-Moment | |
Und da war dieses Foul im Strafraum gut zehn Minuten nach der Pause, als | |
Vincent Kompany den heransprintenden Gabriel Jesus abgeräumt hat. War der | |
Ball schon im Aus, als das passiert ist? So haben es Schiedsrichter und | |
Videoschiedsrichter entschieden und es gab keinen Strafstoß. Es könnte aber | |
auch anders gewesen sein. Dann wäre Brasilien beschissen worden. Auch das | |
hatte also dieses Spiel, einen Wembley-Tor-Moment. | |
Am Ende waren die Brasilianer so faire Verlierer, dass sie darüber nicht | |
klagen wollten. „Reden wir nicht über Glück, das würde nur die Leistung des | |
Gegners schmälern“, meinte Coach Tite nach dem Spiel und fragte: „War es | |
Glück, dass Courtois so gut gehalten hat?“ | |
Und doch konnte er in seiner emotionalen Ansprache an die brasilianischen | |
Reporter nach dem Spiel nicht umhin zu sagen, dass es das Schicksal nicht | |
gut gemeint habe mit seinem Team. Dass die Brasilianer richtig gut gespielt | |
haben an diesem Freitagabend in Kasan, wird er wissen. Dass darüber schon | |
zwei Tage später keiner mehr sprechen wird, auch. Belgien ist die | |
Mannschaft der Stunde. Zu Recht. | |
7 Jul 2018 | |
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## AUTOREN | |
Andreas Rüttenauer | |
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