# taz.de -- Frankreichs Shootingstar Pavard: Ein Tor wie ein Komet | |
> Der Franzose Benjamin Pavard hat im Achtelfinale wahre Kunst gezeigt: ein | |
> Tor, das man so vermutlich nur ein Mal im Leben schießt. | |
Bild: Benjamin Pavard feiert sein Tor gegen Argentinien und weiß kaum, wohin | |
Es gibt Spieler, von denen weiß man erst hinterher, dass man sie vorher hat | |
kommen sehen. Sie werden seltener, diese Entdeckungen, die keiner auf dem | |
Zettel hatte, aber es gibt sie noch. Benjamin Pavard zum Beispiel, den gibt | |
es. Und wie es ihn gibt. | |
Benjamin Pavard, 22 Jahre alt, war kurze Zeit beim OSC Lille unter Vertrag | |
und wechselte dann in die zweite Bundesliga, zum VfB Stuttgart. Mit dem | |
stieg er dann auf, und mit ihm spielte der Club über weite Strecken der | |
Saison knapp an den Abstiegsrängen entlang, um gegen Ende mit einem | |
regelrechten Schub fabulöserweise auf Platz sieben zu landen. Das klingt | |
nach einer soliden Karriere. Es klingt nicht nach dem, was noch kommt. | |
Es läuft die 57. Minute. Frankreich war bisher das deutlich bessere Team, | |
immer wieder nahm N’Golo Kanté den Argentiniern im Spielaufbau den Ball | |
weg, um dann mit präzisen Pässen die vogelwilde Offensive in Gang zu | |
bringen. Daraus resultierend: ein Freistoß, ein Elfmeter, ein | |
Lattentreffer, ein Tor. Und diverse Situationen, die mehr versprachen. | |
Und trotzdem führte Argentinien. Zwei Mal nur hatten sie aufs französische | |
Tor geschossen, zweimal hatte der Ball einen Weg gefunden. Das Spiel hätte | |
nach dem Führungstor kurz nach der Halbzeit auch kippen können, es gab | |
viele Verdachtsmomente: die französische Mannschaft, jung und unerfahren, | |
hatte in der Vorrunde jede Feurigkeit vermissen lassen. | |
Insbesondere das [1][Spiel gegen Dänemark, mit der schlechteste, grausamste | |
Kick dieser Weltmeisterschaft], ließ befürchten, dass diese Mannschaft, in | |
der so viel Tempo, so viel Dynamik steckt, im entscheidenden Moment den | |
Knopf nicht findet. Didier Deschamps, der Trainer, war harsch kritisiert | |
worden, weil er so viel durchrotiert hatte, Mbappé auf der Bank ließ, Pogba | |
auch, Matuidi; hatte dieser Wechselreigen vielleicht doch die Abläufe | |
gestört? Wen Deschamps auch auf der Bank ließ, und wohl der einzige, auf | |
den zu verzichten keine Diskussion befeuerte: Benjamin Pavard. | |
## Mit das schönste Spiel der WM | |
Es läuft die 57. Minute. Lucas Hernandez sprintet die linke Seitenlinie | |
entlang, um in vollem Lauf eine Flanke über den grätschenden Gabriel | |
Mercado hinweg in die Mitte zu schlagen. Die Flanke ist hervorragend, | |
scharf und in der richtigen Höhe, mit leichtem Effet, aber ach: der Ball | |
dreht sich einmal unberührt durch den kompletten Strafraum, die Stürmer | |
waren noch nicht in der richtigen Konstellation, man sieht Olivier Giroud | |
bereits an, dass er abdrehen will. Pech, könnte man sagen, weitermachen, da | |
geht doch vielleicht noch was. | |
Einer, der schon weitergemacht hatte; einer, der schon gegangen war: | |
Benjamin Pavard. Von seinem Platz hinten rechts in der Viererkette war er | |
den kompletten Weg mit nach vorne gekommen, ans Strafraumeck, kein | |
Gegenspieler neben ihm; und nun stand er da, der Ball vor seinem Fuß; er, | |
der in seiner ganzen Zeit in Lille, in Stuttgart zwei Tore gemacht hat, | |
zwei Tore in vier Jahren, zweimal war ihm ein Eckball günstig auf die | |
Locken gefallen. | |
Was dann passiert, ist Kunst. Pavard zögert nicht, in einer flüssigen | |
Bewegung dreht er seinen Körper nach links, um einmal das rechte Bein | |
durchzuschwingen; und er trifft den Ball, zwischen Spann und Außenrist, er | |
hat einen leichten Drall, er zieht mit der Eleganz eines Kometen quer durch | |
den Strafraum und schlägt ins lange Eck ein. Sah das schön aus. | |
Das Ding trifft er im Leben einmal genau so. Man sieht das auch an seinem | |
Jubel: er weiß gar nicht, wie das geht, dieses Jubeln. Er rennt einfach | |
los, unkontrolliert, die Arme halb von sich gestreckt, in die Spielmitte, | |
irgendwohin, hin und wieder ruft er was, wahrscheinlich, dass es rau klingt | |
und zittrig. Irgendwann kommen die anderen und stürzen auf ihn ein: das | |
hilft. Danach schüttelt er sich kurz; weiter geht’s. | |
Das Ding macht er in seinem Leben nur ein Mal genau so. [2][Und er macht es | |
in einem Achtelfinale, bei einer Weltmeisterschaft]. Es ist die Peripetie: | |
danach wird Mbappé die gegnerische Abwehr älter aussehen lassen, als sie | |
ohnehin schon ist. Es ist mit das schönste Spiel dieser WM geworden, und | |
schuld daran ist einer, den selbst Experten bisher nur beim Nachnamen | |
kannten: Benjamin Pavard. | |
1 Jul 2018 | |
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## AUTOREN | |
Frederic Valin | |
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