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# taz.de -- Uruguay im WM-Viertelfinale: Der entscheidende Unterschied
> Uruguay warf den Europameister von 2016 mit 2:1 aus dem Turnier. Der
> unbedingte Wille der Südamerikaner war nicht aufzuhalten.
Bild: Schoss die uruguayische Mannschaft ins Viertelfinale: Edinson Cavani
Auch jenen Moment dieses außergewöhnlichen Abends in Sotschi wird Edinson
Cavani nicht so schnell vergessen. Als er vor Schmerzen kaum noch auftreten
konnte, bot sich ihm Cristiano Ronaldo wie ein Samariter als Stütze an: Der
Held dieser Partie wurde vom Helden des Weltfußballs vom Platz geleitet.
Welch ein Bild!
Man kann das als Respektbekundung und als Beweis von Ronaldos
Großherzigkeit auslegen, in Wirklichkeit aber wollte Ronaldo diesen Mann,
der am Ende mit seinen beiden Treffern Uruguay maßgeblich zum Einzug ins
Viertelfinale gegen Frankreich verholfen hatte, so schnell wie möglich vom
Platz wissen. Er wollte den Abtritt des großen Cavani beschleunigen, um
selbst einen noch größeren Auftritt folgen zu lassen. Dass ihm bis dahin
wenig gelungen war, kann diesen Mann nicht irritieren. Seine Glanzmomente
sind schon oft genug aus dem Nichts entstanden. Dieses Mal half jedoch
alles Wollen nichts. Gegen den Willen der Uruguayer konnten sie nichts
ausrichten.
„Der entscheidende Unterschied“, fasste Portugals Trainer Fernando Santos
die 1:2-Niederlage treffend zusammen, „war die Hingabe auf dem Feld.“ Und
diese Feststellung war nicht als Anklage gegen sein eigenes Team gerichtet,
der er eine gute Vorstellung attestierte, sondern sie war vielmehr ein
Ausdruck der Bewunderung.
Es ist und bleibt ja auch ein Wunder, [1][wie dieses kleine Land mit der
Einwohnerzahl von Berlin Turnier für Turnier Größe zeigt]. Bereits zum
siebten Mal steht „die Celeste“ („die Himmelblaue) in einem
WM-Viertelfinale. Und die Wundertätigen mussten gar ein wenig selbst
staunen, was sie da vollbracht hatten. Cavani sagte: „Es ist unglaublich
beeindruckend und es rührt mich einfach zutiefst, was hier passiert ist.
Mir fehlen die Worte.“
## Tabarez Musterschüler: Edinson Cavani
Hingebungsvoller als der 31-jährige Stürmer kann man wohl kaum spielen. Er
ist ein außergewöhnliches Vorbild und einer der wenigen Stürmer von
Weltklasseformat, die sich mit so großer Leidenschaft der Disziplin der
Ballrückeroberung widmen. Zuweilen neigt er dabei gar zur Übertreibung, zur
Energieverschwendung, die ihm dann die Kraft nach vorn raubt. Aber sein
Trainer Oscar Tabarez hat offenbar noch einmal seine Sinne für das richtige
Maß und den richtigen Moment geschärft.
Mit Cavani hat Tabarez einen Musterschüler, der trotz all seiner offensiven
Talente stets auch nach hinten denkt und arbeitet. Sollte er wegen seiner
Knöchelverletzung gegen Frankreich ausfallen, wäre er wohl nicht wirklich
zu ersetzen.
Aber Hingabe ist natürlich nicht alles. Es braucht auch die
außergewöhnlichen Augenblicke, um einen Gegner wie Portugal auszuhebeln.
Einen der größten Momente dieser WM schuf eben auch dieser fleißige Edinson
Cavani beim ersten Führungstreffer. Wie er in der siebten Minute seinen
kongenialen Sturmpartner Luis Suarez mit einem punktgenauen, raumöffnenden
Pass über die komplette Spielfeldbreite bediente und dieser ihm den Ball
hernach wieder auf den Kopf servierte, wird niemand so schnell vergessen.
## Der große Kopf des Überraschungsteams
Auf eine Fehleranalyse wollte sich der portugiesische Trainer Santos erst
gar nicht einlassen: „Zweimal diese langen Bälle quer über das Feld,
Uruguay hat noch nie so ein Tor erzielt. Du kannst eine solche Situation
nicht kontrollieren.“
Diese absolute Hingabe, diese kluge disziplinierte Defensivstrategie und
diese Geniestreiche in der gegnerischen Hälfte, all das ergibt schon eine
besondere Mischung. Eine einzigartige gar, wie ein Reporter wissen wollte.
Der 71-jährige Trainer Tabarez erklärte: „Jeder Sieg sollte auch einen
Anstrich von Demut haben.“ Vorsichtig sollte man mit solchen Einschätzungen
sein. Dieser Mann, den die südamerikanischen Reporter stets mit „Maestro“
ansprechen, vermag große Sätze auszusprechen, die stets das Große und Ganze
im Blick haben.
Über die Partie selbst sprach er wenige Minuten nach Abpfiff bereits mit
einer Distanz, als wäre sie schon vor einer Woche abgepfiffen worden. Oscar
Tabarez ist der große Kopf dieses ewigen Überraschungsteams, das er bereits
seit 2006 anleitet. Glaubt man dem bescheidenen Trainer, muss er sich um
den Rest gar nicht mehr kümmern.
Vor der Partie gegen Portugal, erzählte Tabarez, sei er etwas später auf
den Rasen gekommen und da habe bereits der Kapitän Godin zum Team
gesprochen und sie emotional angestachelt. „Sie haben dann alles gegeben.“
1 Jul 2018
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## AUTOREN
Johannes Kopp
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