# taz.de -- Flüchtlinge auf dem Mittelmeer: Rund 100 Tote befürchtet | |
> Ein Boot mit rund 100 Geflüchteten ist laut libyscher Marine im | |
> Mittelmeer gekentert. Drei tote Babys wurden geborgen. Unklar ist, wie | |
> viele weitere Opfer es gibt. | |
Bild: Geflüchtete in einem Boot auf dem Weg nach Europa (Archivbild) | |
Rom/Tripolis dpa | Mitten in der Debatte um die Verbannung von privaten | |
Seenotrettern sind möglicherweise wieder rund 100 Flüchtlinge im Mittelmeer | |
ertrunken. Ein Boot mit mehr als 100 Migranten an Bord sei vor der Küste | |
Libyens gekentert, teilte die libysche Marine am Freitag mit. 14 Menschen | |
seien gerettet worden. | |
Die Küstenwache barg nach eigenen Angaben zunächst drei tote Babys. Weitere | |
Opfer hätten bislang nicht geborgen werden können, weil es dafür keine | |
ausreichend großen Rettungsboote gebe. | |
„Es ist noch nicht klar, ob die 100 ertrunken sind“, sagte der Sprecher der | |
Marine der Deutschen Presse-Agentur. Wie viele Menschen genau an Bord | |
waren, war unklar. | |
Die vergangene Woche ist laut Ärzte ohne Grenzen mit mindestens 220 | |
Ertrunkenen die tödlichste im Mittelmeer in diesem Jahr gewesen – da war | |
das neue Unglück noch nicht bekannt. Dies fällt direkt mit der Blockade | |
privater Schiffen von Hilfsorganisationen auf dem zentralen Mittelmeer | |
zusammen. | |
Zuerst durfte die „Aquarius“ von Ärzte ohne Grenzen und SOS Méditerranée | |
mit rund 600 Migranten an Bord nicht mehr in Italien anlegen. Sie musste | |
[1][nach Spanien ausweichen]. Dann saßen etwa 230 Flüchtlinge und 17 | |
deutsche Crewmitglieder der Dresdner Organisation Mission Lifeline fast | |
eine Woche auf dem Meer fest, weil sie nirgends anlegen durften. Nach | |
langem Hin und Her konnte das Schiff [2][nach Malta] – gegen den Kapitän | |
wird dort ermittelt. | |
Doch nicht nur Schiffe mit schon Geretteten an Bord sollen nach Meinung der | |
neuen populistischen Regierung in Rom [3][nicht mehr nach Italien]. Die | |
Schiffe sollen dort auch nicht mehr zum Tanken oder zur Versorgung anlegen | |
dürfen, verkündete Innenminister Matteo Salvini von der rechten Lega am | |
Freitag. „Die ausländischen Schiffe, auf dunkle Art und Weise durch | |
ausländische Mächte finanziert, werden in Italien keinen Boden berühren.“ | |
Auch Malta verschärft die Gangart gegen die NGOs, von denen zum Beispiel | |
die deutsche Sea-Watch ihre Basis auf der Mittelmeerinsel hat. So dürfen | |
Schiffe mit ähnlicher Registrierung wie die „Lifeline“ nicht mehr die Häf… | |
benutzen, [4][wie die Regierung ankündigte]. | |
Das ist zwar noch kein generelles Hafenverbot für die Seenotretter. Aber | |
dass sich Malta abschottet, zeigt auch der Fall der „Aquarius“: Die durfte | |
zum Crew-Wechsel nicht an der Insel anlegen und musste den tagelangen Umweg | |
nach Marseille in Frankreich fahren. In drei Wochen habe das Schiff nur | |
drei Tage im Rettungsgebiet vor Libyen verbringen können, schrieb SOS | |
Méditerranée auf Twitter. | |
Wochen, in denen viele Menschen auf der Flucht nur den Tod im Meer finden: | |
„Europäische Grenzen geschlossen, NGO-Schiffe blockiert. Die europäische | |
Politik verdammt Menschen dazu, in Libyen gefangen zu bleiben oder zu | |
ertrinken“, schrieb Ärzte ohne Grenzen. In den Lagern, in denen viele | |
Migranten im Bürgerkriegsland Libyen gefangen gehalten werden, sind sie | |
laut Menschenrechtsorganisationen Folter, Vergewaltigungen und Versklavung | |
ausgesetzt. | |
29 Jun 2018 | |
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